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WoW 01 - Aufstieg der Horde

WoW 01 - Aufstieg der Horde

Titel: WoW 01 - Aufstieg der Horde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christie Golden
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bedeuten konnte.
     
     
    »Bring ihn her!«, sagte der alte Orc zu Mutter Kashur.
    Mutter Kashur war die älteste Schamanin des Frostwolf-Clans. Sie schlief fest. Wegen ihres hohen Rangs war ihr Zelt das Zweitbeste in Sachen Ausstattung, nur knapp hinter dem von Garad, dem Anführer des Clans. Dicke Decken aus Spalthufpelz schützten ihre alten Knochen vor der Kälte des Bodens. Und eine liebende und sorgende Enkeltochter kümmerte sich um ihre Bedürfnisse. Sie kochte und putzte und sorgte dafür, dass an kalten Tagen das Feuer für die Mutter des Clans nicht ausging.
    Mutter Kashurs Aufgabe war es, dem Wind, dem Wasser, dem Feuer und dem Gras zuzuhören, und jeden Abend trank sie den bitteren Kräutersaft, der ihren Geist für Besuche der Ahnen offen hielt. Sie sammelte Informationen für ihren Clan, so wie andere Früchte oder Feuerholz sammelten, und diese Gabe nährte sie genauso.
    Der alte Orc war nicht anwesend, und doch wusste sie, dass er real war. Er war in ihrem Traum, und das reichte ihr. In ihrem Traumzustand war sie jung und lebendig, ihre rote Haut strahlte vor Gesundheit, und sie wusste, dass ihr Körper geschmeidig war, mit starken Muskeln.
    Der alte Orc behielt stets das Alter, in dem er gestorben war. Das Alter, in dem seine Weisheit ihren Höhepunkt erreicht hatte. Im Leben war sein Name Tal'kraa gewesen. Aber sie, obwohl er viele Generationen von ihr entfernt war, nannte ihn nur Großvater.
    »Du hast die Nachricht erhalten«, sagte Großvater zu der jungen, blühenden Traum-Kashur.
    »Ja, er und der Schwarzfelsjunge sind bei den Draenei«, antwortete sie. »Sie sind in Sicherheit. Das kann ich spüren.«
    Großvater Tal'kraa nickte, und seine dicken Hängebacken wippten dabei. Seine Hauer waren gelb vom Alter, und einer war in einem lange vergangenen und vergessenen Kampf abgebrochen. »Ja, sie sind in Sicherheit. Bring ihn her.«
    Es war schon das zweite Mal, dass er das forderte, und Kashur war sich nicht sicher, was das bedeutete.
    »Er wird in ein paar Monaten in die Berge kommen, wenn die Bäume die Blätter abwerfen, um zu schlafen«, sagte sie. »Dann werde ich ihn zu dir bringen.«
    Tal'kraa schüttelte vehement den Kopf, und seine braunen Augen zogen sich ärgerlich zusammen. Kashur unterdrückte ein Grinsen. Von all den Geistern, die sie mit ihrer Gegenwart ehrten, war Großvater der Ungeduldigste.
    »Nein, nein«, knurrte Tal'kraa. »Bring ihn zu uns. Bring ihn in die Höhlen von Oshu'gun. Ich werde dort auf ihn warten.«
    Kashur atmete tief ein. »Du... willst, dass ich ihn zu den Ahnen bringe?«
    »Habe ich das nicht gerade gesagt? Törichtes Mädchen! Was ist uns den Schamanen nur geworden?«
    Das sagte er regelmäßig, deshalb machte sich Kashur keinerlei Gedanken mehr darum. Dennoch war sie von seinen Worten, seiner Forderung wie gebannt. Manchmal wollten die Ahnen ein Kind sehen. Das geschah unregelmäßig, aber es kam vor. Normalerweise bedeutete es, dass das fragliche Kind für den Weg des Schamanen vorgesehen war. Sie hatte nicht geglaubt, dass das Durotans Weg war. Es geschah nur selten, dass ein Schamane einen Stamm anführte, denn es gab zu vieles, womit er sich beschäftigen musste, um ein guter Anführer zu sein. Gleichzeitig den Geistern lauschen und seinen Clan leiten war mehr, als die meisten Orcs bewältigen konnten. Einer, der beides konnte, war in der Tat sehr selten.
    Als Kashur nicht antwortete, knurrte Großvater und schlug mit seinem Stab auf den Boden.
    Kashur zuckte zusammen. »Ich bringe ihn an seinem Inititationstag«, versprach sie ihrem Ahnen.
    »Du hast es also endlich begriffen!«, grollte Tal'kraa und gestikulierte mit seinem Stab. »Wenn du versagst, werde ich dir meinen Stab auf den Kopf hauen anstatt auf die unschuldige Erde.« Er konnte ein Lächeln nicht vollständig unterdrücken, als er das sagte.
    Kashur lächelte zurück, während ihre Traumgestalt die Augen schloss. Trotz all seines Wütens und der Ungeduld war Tal'kraa weise und gutmütig, und er liebte sie inniglich. Sie wünschte sich, sie hätte ihn zu seinen Lebzeiten kennengelernt. Aber er war schon vor hundert Jahren gestorben.
    Kashur schlug die Augen auf, und sie seufzte, als ihr Geist wieder vollständig in ihren richtigen Körper zurückgekehrt war. Sie war so alt wie Tal'kraa, als er gestorben war. Hände und Füße schmerzten vor Rheuma. Der Körper war schwach, das Haar schneeweiß. Sie wusste in ihrem Herzen, dass bald die Zeit kommen würde, da sie diesen Körper, diese

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