WoW 01 - Aufstieg der Horde
zog er sie zu sich und küsste sie.
Nachdem Talgath die Orcs eine Zeitlang beobachtet hatte, zog er sich zurück; ihre tierische Natur beleidigte ihn. Ein Man'ari war etwas Besseres. Abgesehen von den weiblichen Wesen mit den Lederflügeln und dem Schwanz stillten die Man'ari ihre Begierde mit Gewalt, nicht mit Paarung. Am liebsten hätte er die beiden auf der Stelle gelötet, aber sein Meister duldete keine Einmischung. Wenn die beiden nicht zu ihrem Clan zurückkehrten, würde dies das Misstrauen der anderen wecken. Und obwohl sie unwichtig wie Insekten waren, konnten sie zur Plage werden. Kil'jaeden wollte, dass er nur beobachtete und Bericht erstattete, nicht mehr. Und das würde Talgath tun.
Rache, so dachte Kil'jaeden, war am süßesten, wenn man ihr zu reifen erlaubte. Es hatte in den langen Jahren Momente gegeben, in denen er daran gezweifelt hatte, den Fluchtort der Eredar zu finden. Aber je mehr Talgath ihm berichtete, desto zuversichtlicher und freudiger wurde Kil'jaeden.
Talgath hatte ihm gut gedient. Er hatte die so genannten »Städte« des einst mächtigen Velen und seiner kleinen Schar beobachtet. Er hatte gesehen, wie sie lebten, jagten, wie sie diese Kreaturen, die sich selbst »Orcs« nannten, mit Wohlwollen behandelten. Es war einfach lachhaft. Talgath hatte einige Reste alten Ruhmes in ihren Gebäuden und in ihrer simplen Technologie wiedergefunden. Aber Talgath war sicher, dass Kil'jaeden erfreut sein würde, wie tief sein ehemaliger Freund gefallen war.
»Draenei« nannten sie sich nun, die Verbannten. Und ihre Welt hatten sie Draenor genannt.
Talgath wunderte sich darüber, warum sich Kil'jaeden nicht auf Velen konzentrierte, sondern stattdessen mehr über die Orcs wissen wollte. Wie waren sie organisiert? Was für Sitten und Gebräuche hatten sie? Wer waren ihre Anführer und wie wurden die ausgewählt? Was war ihnen als Gemeinschaft wichtig, was als Einzelwesen?
Aber Talgaths Aufgabe bestand darin zu berichten, nicht zu bewerten. Und er berichtete seinem Meister, so gut er konnte. Als Kil'jaeden schließlich über alles informiert war, was Talgath herausgefunden hatte, bis hin zu den Namen der beiden Kreaturen, die sich nach ihrem gemeinsamen Töten gepaart hatten, war er zufrieden. Zumindest für den Moment.
Auf lange Sicht würde er seine Rache bekommen. Velen und seine Emporkömmlinge würden bestraft werden. Aber nicht schnell, nicht mit einer Armee von überlegenen Eredar, die sie in Stücke reißen würde. Das wäre zu gnadenvoll. Kil'jaeden wollte sie brechen. Demütigen. Sie zerstören. Und zwar so absolut und vollständig, wie ein Insekt unter einem Stiefel zerquetscht wurde.
Und er wusste genau, was er dazu tun musste.
Sechs
Die Lektionen aus dieser Zeit waren bitter und wurden allesamt mit Mut und Tränen erkauft. Aber ironischerweise sollte uns das, was uns beinahe zerstörte, später erlösen: das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Jeder Clan war nur sich selbst verpflichtet, kümmerte sich allein um seine Mitglieder, nicht um die aus anderen Gruppen. Warum wir uns später vereinigen sollten und wogegen, war völlig falsch. Dafür büßen wir heute noch. Selbst Generationen nach mir werden für diese Fehler zahlen. Aber die Einigkeit selbst war herrlich. Und diese Lektion will ich aus der Asche gewinnen. Diese Lektion brachte mich auf die Idee, mich mit den Anführern so scheinbar unterschiedlicher Völker zu treffen, mich mit ihnen zusammenzutun, um so Ziele zu verfolgen, auf deren Erreichen wir letztendlich stolz sein können. Einheit. Harmonie. Das ist die gute Lektion aus der Vergangenheit. Ich habe sie gelernt.
Ner'zhul schaute zufrieden in den dämmrigen Himmel. Der Sonnenuntergang dieses Tages war wundervoll. Die Ahnen müssen zufrieden sein, dachte er und war ein kleines bisschen stolz darauf.
Ein weiteres Kosh'harg-Fest war gekommen und gegangen. Jedes Mal, wenn das Fest stattfand, passierte etwas Erfreuliches und etwas, das betrauert werden musste.
Seine alte Freundin Kashur, die, wie er wusste, von ihrem Clan liebevoll »Mutter« genannt worden war, war zu den Ahnen gegangen. Wie er gehört hatte, war sie tapfer gestorben. Sie hatte darauf bestanden, an einer Jagd teilzunehmen, was sie schon seit Jahren nicht mehr gemacht hatte. Die Frostwölfe hatten Spalthufe gejagt, und die alte Mutter war bei der Vorhut der angreifenden Krieger gewesen. Sie war zu Tode getrampelt worden, bevor irgendjemand sie hatte retten können.
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