WoW 01 - Aufstieg der Horde
und tot in seiner Höhle. Während Grom recht jung war für einen Häuptling, war Kilrogg fast zu alt. Aber – das war Durotan klar – trotz seines Alters und seines zottigen Aussehens hatte Kilrogg sein Ende seiner Stammesherrschaft noch lange nicht erreicht, und das traf sowohl für sein Leben als auch für die Führerschaft seines Clans zu.
Unbehaglich richtete Durotan seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes.
Zu Drek'Thars Linken lehnte der berühmte Ner'zhul vom Schattenmond-Clan. Solange Durotan sich erinnern konnte, hatte Ner'zhul die Schamanen angeführt. Einmal, als Durotan an einer Jagd hatte teilnehmen dürfen, war Ner'zhul dabei gewesen, und Durotan hatte dabei die Meisterschaft des Schamanen in seiner Kunst erlebt. Während andere sich grunzend abmühten, die Elemente zu beschwören und sie kraftvoll, aber ohne Eleganz leiteten, war Ner'zhul ganz ruhig geblieben, doch die Erde bebte, wenn er es ihr gebot, Blitze stießen aus dem Himmel, um dort einzuschlagen, wo er es befahl. Feuer, Luft, Wasser, Erde und der Geist der Wildnis nannten ihn alle Begleiter und Freunde. Durotan hatte nicht erlebt, wie Ner'zhul mit den Ahnen sprach, natürlich sah das nie jemand anderes als nur ein Schamane selbst, aber es war Durotan klar, dass, wenn die Ahnen ihn nicht begünstigt hätten, er niemals mit derartiger Leichtigkeit seine Macht hätte ausüben können.
Ner'zhuls Schüler dagegen mochte Durotan nicht.
Orgrim saß neben seinem Freund, und als er sah, wohin Durotans Blick führte, beugte er sich herüber und flüsterte: »Ich glaube, Gul'dan würde seinem Volk besser dienen, würde man ihn als Köder aussetzen.«
Durotan schaute weg, damit niemand sein Grinsen sah. Er wusste nicht, wie erfahren Gul'dan bereits als Schamane war, doch sicherlich musste er einige Fähigkeiten haben, sonst hätte Ner'zhul ihn sicher nicht als Schüler akzeptiert. Aber er war kein sonderlich einnehmender Orc. Kleiner als viele, weicher als die meisten, mit einem kurzen buschigen Bart, stellte er nicht gerade das Sinnbild für einen Orc-Krieger dar. Aber Durotan vermutete, dass man nicht unbedingt ein Held sein musste, um seinen Teil beizutragen.
»Sieh dir die an, das ist die geborene Kriegerin!«
Durotan schaute in die Richtung, in die Orgrim wies, und seine Augen weiteten sich. Orgrim hatte die Wahrheit gesagt. Groß und hoch aufgerichtet saß sie da, und ihre Muskeln wogten unter der weichen braunen Haut im Feuerschein, als sie nach vorn griff und ein Stück Fleisch aus dem gebratenen Talbuk riss. Das Mädchen erschien Durotan wie die Idealisierung aller orcischen Werte. Sie bewegte sich mit der wilden Anmut eines schwarzen Wolfs, und ihre Hauer waren klein, aber ungemein scharf. Ihr Haar hatte sie zurückgekämmt und zu einem praktischen, aber attraktiven Zopf geflochten.
»Wer... wer ist sie?«, murmelte Durotan. Sicherlich war diese tolle Frau das Mitglied eines anderen Clans. Er hätte sie wiedererkannt, hätte solch eine Schönheit, stark, geschmeidig, anmutsvoll, zu seinem eigenen Clan gehört.
Orgrim lachte laut und schlug Durotan auf die Schulter. Das Geräusch und die Geste brachten viele dazu, sich zu ihnen umzudrehen, einschließlich – wie Durotan bemerkte – des lieblichen Mädchens. Orgrim beugte sich vor, um Durotan zuzuflüstern: »Du unachtsamer Hund. Sie ist eine Frostwölfin. Ich hätte sie für mich selbst beansprucht, wäre sie von meinem Clan.«
Eine Frostwölfin? Wie, in aller Welt, hatte Durotan solch einen Schatz in seinem eigenen Clan übersehen können? Er wandte seinen Blick von Orgrims grinsendem Gesicht und schaute sie wieder an. Und sie schaute zurück. Ihre Blicke trafen sich.
»Draka!«
Das Mädchen stand auf und ging davon. Durotan blinzelte, als müsste er zu sich selbst finden.
»Draka«, sagte er ruhig. Kein Wunder, dass er sie nicht erkannt hatte. »Nein, Orgrim. Sie wurde nicht als Kriegerin geboren. Sie wurde zur Kriegerin gemacht.«
Draka war krank, als sie geboren wurde. Ihre Haut war von blassem Beige statt von dem gesunden Borkenbraun, das die meisten Orcs kennzeichnete. Die meiste Zeit ihrer Kindheit, daran erinnerte sich Durotan, sprachen die Erwachsenen von ihr in leisem Flüsterton, als wenn jemand bereits auf dem Weg zu den Ahnen war. Ihre Eltern fragten sich, was die Familie nur getan hatte, dass die Geister sie mit diesem gebrechlichen Kind straften.
Kurz danach war Drakas Familie in die Außenbereiche des Lagers gezogen. Er hatte sie nicht mehr oft gesehen,
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