WoW 01 - Aufstieg der Horde
er zu sprechen.
»Ich hatte eine Vision«, sagte er. »Von einem der Ahnen, mit dem ich mich am engsten verbunden fühle. Sie hat mir eine Bedrohung offenbart, die wie ein giftiger Skorpion unter einem blühenden Busch lauert. Alle anderen Schamanen können die Vision bestätigen. Es betrübt mich und macht mich wütend, dass wir so hinters Licht geführt wurden.«
Durotan hing an den Worten des Schamanen, und sein Herz trommelte wild vor Erregung. Wer war dieser geheimnisvolle Feind? Wie war diese dunkle Bedrohung ihrer Aufmerksamkeit entgangen?
Ner'zhul seufzte abermals, schaute auf den Boden, dann schüttelte er sich. Seine Stimme klang tief, durchsetzt mit Trauer.
»Der Feind, von dem ich spreche«, sagte er schwer, »sind die Draenei.«
Unruhe brach aus.
Durotan schaute ungläubig. Er sah sich um, suchte Orgrims Blick und sah in die aufgerissenen grauen Augen seines Freundes. Er sah darin das gleiche Erschrecken, das auch ihn erfüllte. Die Draenei? Da konnte etwas nicht stimmen. Die Gronn, ja, vielleicht waren sie über irgendwelches Geheimwissen gestolpert, mit dem sie ihre alten Feinde, die Orcs, vernichten wollten. Aber nicht die Draenei!
Sie waren nicht einmal ähnlich gute Kämpfer wie die Orcs. Sie jagten, ja, das stimmte. Schließlich brauchten auch sie Fleisch zum Überleben, genauso wie jeder Orc. Sie konnten es mit den Gronns aufnehmen, und manchmal halfen sie einer Jagdgruppe. Durotans Gedanken gingen zurück zu dem Tag, an dem zwei junge Orcs vor einem Oger geflohen waren und die großen blauen Gestalten aus
dem
Nichts erschienen, um sie zu retten.
Warum hätten sie ihr Leben riskieren sollen, um zwei Jungen zu retten, wenn sie in Wahrheit so böse waren, wie Ner'zhul glaubte? Es ergab einfach keinen Sinn. Gar nichts davon ergab Sinn.
Ner'zhul bat um Ruhe und bekam sie nicht. Schwarzfaust war aufgesprungen, die Adern auf seinem dicken Nacken waren geschwollen. Orgrim tat, was er konnte, um seinen Häuptling zu beruhigen. Dann durchschnitt ein fürchterliches Geräusch die Luft, schmetterte in den Ohren und ließ ihre Herzen fast aussetzen. Grom Hellschrei war ebenfalls aufgesprungen, hatte den Kopf in den Nacken geworfen und den Mund mit dem schwarzen Gebiss weit aufgerissen. Nichts konnte es mit Hellschreis Kriegsruf aufnehmen, dem lastende Stille folgte.
Grom öffnete wieder die Augen und grinste Ner'zhul an, der völlig verwundert darüber war, dass sein bisheriger Widerpart auf einmal zu seinem Verbündeten geworden war.
»Lasst den Schamanen weiterreden«, sagte Hellschrei. Die Stille war so vollständig nach seinem Ausbruch, dass jeder seine Worte hörte, obwohl er sie in ganz normaler Lautstärke gesprochen hatte. »Ich möchte mehr über diesen neuen alten Feind hören.«
Ner'zhul lächelte dankbar. »Ich weiß, das erschreckt euch. Es schockierte mich genauso. Aber die Ahnen lügen nicht. Dieses angeblich wohlwollende Volk hat seit Jahren nur darauf gewartet, dass die Zeit reif ist, uns anzugreifen. Sie lauern in der Sicherheit ihrer merkwürdigen Gebäude aus Materialien. Und sie verbergen vor uns Geheimnisse, die uns nützen könnten.«
»Aber warum?« Durotan ergriff das Wort, ohne darüber nachzudenken. Viele Gesichter wandten sich ihm zu, aber er trat nicht zurück. »Warum sollten sie uns angreifen? Wenn sie so große Geheimnisse hüten, wozu sind wir ihnen dann so wichtig? Und wie sollten wir sie schlagen, wenn es denn so wäre?«
Er schien Ner'zhul aus dem Konzept gebracht zu haben. »Das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass die Ahnen besorgt sind.«
»Wir sind ihnen zahlenmäßig überlegen«, knurrte Schwarzfaust.
»Das sind wir nicht«, gab Durotan zurück. »Nicht gegen ihr überlegenes Wissen. Sie kamen hierher auf einem Schiff, das zwischen den Welten segelt, Schwarzfaust. Glaubst du, mit Pfeilen und Äxten können wir sie besiegen?«
Schwarzfausts schwere Brauen zogen sich zusammen. Er öffnete den Mund zu einer Erwiderung.
»Der durchtriebene Plan der Draenei hat wie ein Eintopf auf dem Feuer bereits seit mehreren Jahrzehnten geköchelt«, kam ihm Ner'zhul zuvor. »Und wir werden sie nicht über Nacht besiegen. Ich verlange nicht von euch, dass ihr sofort in den Krieg zieht, sondern nur, dass ihr vorbereitet seit. Besprecht mit eurem Schamanen die richtige Vorgehensweise. Und öffnet eure Geister und Herzen für eine Vereinigung aller Clans, sodass wir alle zusammen den Sieg erringen können.«
Er breitete seine Arme aus. »Wir sind unterschiedliche
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