WoW 01 - Aufstieg der Horde
»Eine Waffe der Macht. Eine Waffe der Prophezeiung. Der Stolz meiner Familie. Und dennoch würde ich sie eigenhändig in tausend Teile schlagen, würde das mir meinen Vater zurückbringen.«
Ohne ein weiteres Wort ging Orgrim zu der kleinen Ansammlung von Feuern zurück. Durotan jedoch folgte ihm nicht. Er blieb noch eine Weile, schaute zu den Sternen, und tief in seiner Seele spürte er, dass die Welt, die er beim Aufwachen sehen würde, sich radikal von der unterscheiden würde, die er bisher sein ganzes Leben lang gekannt hatte.
Sieben
Ich weiß genau, dass wir Orcs mehr verloren als gewonnen haben. Zu diesem Zeitpunkt war unsere Kultur unverdorben, unschuldig, rein. Wir waren wie Kinder, die immer sicher, geliebt und beschützt gelebt hatten. Aber Kinder müssen erwachsen werden, und wir waren als Volk zu leicht manipulierbar.
Niemand kann mir vorwerfen, dass ich übermäßig misstrauisch wäre. Aber wir müssen vorsichtiger sein. Hinter edlen Gesichtern verbirgt sich allzu oft Verrat und Täuschung, und selbst die, an die wir mit ganzem Herzen glauben, können korrumpiert werden.
Es ist dieser Verlust unserer Unschuld, den ich bedaure, wenn ich an diese Tage denke. Und es war unsere Unschuld, die zu unserem Niedergang führte.
Es war eine lange Reihe feierlicher Gesichter, die auf die versammelten Anführer der Orc-Clans gerichtet waren. Durotan stand neben Draka, sein Arm lag beschützend um ihre Hüfte, obwohl er nicht wusste, wovor er sie an diesem Ort beschützen sollte. Seine Augen weiteten sich, als er Drek'Thar sah und er im Gesicht seines Freundes und Beraters etwas erkannte, das ihn bis ins Mark erschütterte.
Er wünschte, er hätte neben Orgrim stehen können. Sie waren von verschiedenen Clans und unterschiedlichen Traditionen, aber es gab niemanden, dem er mehr vertraute. Doch Orgrim stand natürlich bei Schwarzfaust, seinem Häuptling, der die versammelten Schamanen mit kaum verhohlener Verärgerung anschaute.
»Der war schon zu lange nicht mehr auf der Jagd«, murmelte Draka und nickte in Schwarzfausts Richtung. »Er sucht Streit.«
Durotan seufzte. »Er könnte ihn sogar bekommen. Schau in ihre Gesichter.«
»Ich habe Drek'Thar noch nie so gesehen. Selbst als er vor Mutter Kashurs zerschundenem und zertrampeltem Körper stand nicht«, sagte Draka.
Durotan entgegnete nichts, nickte nur und beobachtete weiter.
Ner'zhul ging in die Mitte der versammelten Menge. Jeder trat zurück, um ihm Platz zu machen. Er begann im Kreis zu gehen und murmelte, dann blieb er stehen und hob die Arme. Feuer stieg himmelwärts vor ihm auf. Viele der Versammelten zeigten sich beeindruckt, auch jene, die solche Dinge schon oft zuvor gesehen hatten. Die Flammen richteten sich hoch auf, dann fielen sie in sich zusammen und wurden wieder zu einem normalen Lagerfeuer.
»Wenn die Dunkelheit hereinbricht, auf welche Art auch immer, dann setzt euch ans Feuer«, befahl Ner'zhul. »Lasst jeden Clan mit ihren eigenen Schamanen beisammen sitzen. Ich werde euch rufen, wenn die Zeit dazu gekommen ist.«
»Vielleicht willst du noch verlangen, dass wir dir frisches Wild erlegen«, erklang eine grimmige, wütende Stimme, »und es dir gehorsam abends vor die Füßen legen.«
Durotan kannte die Stimme. Er hatte sie oft genug gehört, oft genug bei Kosh'harg-Feiern in seiner Jugend, und hatte ihren Besitzer Schreie ausstoßen hören, die einem das Blut gefrieren ließen. Er drehte sich und sah Grom Hellschrei, den jugendlichen Führer des Kriegshymnen-Clans.
Hellschrei stand vor seinem Clan, kleiner als die meisten Orcs, aber immer noch groß und beeindruckend. Die Farben der Kriegshymnen waren rot, schwarz und weiß. Hellschrei trug zwar keine Rüstung, doch das einfache Leder in diesen starken Farbtönen wirkte kriegerisch genug. Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Ner'zhul herausfordernd an.
Ner'zhul nahm die Herausforderung nicht an, sondern seufzte tief. »Viele von euch fühlen sich in ihrer Ehre gekränkt, das weiß ich. Lasst mich mit euch reden, und ihr werdet froh sein, dass ihr hier wart. Die Kinder eurer Kinder werden froh sein.«
Hellschrei grummelte, und seine Augen blitzten, aber er sagte nichts mehr. Er blieb noch einen Moment stehen, dann setzte er sich, nicht ohne mit einem Achselzucken anzudeuten, dass er aus freien Stücken gekommen war, nicht weil er sich gezwungen gefühlt hatte. Sein Clan tat es ihm gleich.
Ner'zhul wartete, bis es wieder ruhig war. Dann begann
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