WoW 01 - Aufstieg der Horde
des Draeneis.
»Fürwahr, eine lange Zeit, Durotan, Sohn des Garad, Häuptling des Frostwolf-Clans«, antwortete Velen mit der vollen, sanften Stimme, an die sich Durotan erinnerte. »Bist du immer noch mit Orgrim befreundet?«
»Das bin ich in der Tat«, antwortete Durotan. »Er trägt jetzt den Schicksalshammer und ist der Stellvertreter des Häuptlings.«
Trauer zog über das bleiche Gesicht, eine Trauer, die tief und fraglos echt war. Wieder erinnerte sich Durotan an den Abend vor so langer Zeit, als dieses Wesen bei ihnen gesessen hatte und sie die Lebensweise der Orcs beschrieben, vom Schicksalshammer erzählten und von dem Preis, den Orgrim dafür würde zahlen müssen.
»Ich hoffe, sein Vater und auch deiner sind mit großer Ehre gegangen«, sagte Velen.
»Wir sind nicht hier, um über die Vergangenheit zu reden«, sagte Durotan, und er sagte es heftiger, als er es beabsichtigt hatte. Er erinnerte sich nicht gern an den Abend. »Wir sind hier, weil du es wagen willst, unseren heiligsten Ort zu betreten.«
Velen hielt Durotans Blick stand und nickte. »Ich hatte die Nachricht an Ner'zhul geschickt, nicht an dich, Durotan. Er hat es abgelehnt, sich mit mir zu treffen. Ich frage mich... hat er dir diese Nachricht gezeigt?«
»Es gab keinen Grund für mich, sie zu lesen«, antwortete Durotan. »Ich wurde gebeten, an seiner Stelle zu kommen.«
Durotan sah, wie sich die breiten Schultern etwas senkten. Velen seufzte tief. »Ich verstehe«, sagte er. »Er hat dir vielleicht nicht erzählt, warum ich kommen wollte.«
»Ich muss den Grund nicht kennen, Draenei«, sagte Durotan.
»Doch, das musst du. Ansonsten ist dieses Gespräch umsonst.« Velens Stimme klang trotz seines hohen Alters klar und deutlich.
Durotan hob eine Augenbraue. Dass Velen ein weiser Mann war, stand außer Frage. Aber zum allerersten Mal erkannte Durotan eine Spur der schieren Stärke, die Velen zahllose Jahre angetrieben hatte.
»Dieser... dieser Berg ist deinem Volk heilig. Das wissen wir, und wir haben es immer respektiert. Aber er ist auch uns heilig.« Velen trat einen Schritt vor. Sein Blick fixierte Durotan. Die Orc-Krieger um ihn herum bewegten sich, grummelten, taten sonst aber nichts.
»Tief in diesem Berg befindet sich ein Wesen, das sich seit langem um die Draenei kümmert«, fuhr Velen fort. »Es ist älter, als wir uns vorstellen können. Und machtvoller. Aber selbst alte und machtvolle Wesen können sterben, und dieses stirbt gerade. Doch wir alle können Weisheit und Versöhnung von ihm erfahren, dein Volk genauso wie meins. Wir...«
»Blasphemie!«
Durotan schaute sich um. Den verbitterten Schrei hatte keiner seiner hitzköpfigen Krieger ausgestoßen, sondern der Orc, der neben ihm stand. Drek'Thars Augen waren weit aufgerissen, und sein Körper zitterte vor Empörung. Seine Nackenhaare sträubten sich, und er drohte mit der Faust. »Der Oshu'gun gehört uns. Er ist das Heim unserer geliebten Toten, Wiege für ihre Geister, und ihr verderbten Paarhufer habt nicht das Recht, auch nur einen Schritt auf diesen geheiligten Boden zu setzen!«
Velen schien ebenso wie Durotan von dem Ausbruch überrascht zu sein. Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Schamanen zu und streckte seine Hände flehentlich aus. »Eure Geister leben in diesen Wänden, das stimmt. Ich würde nie etwas anderes behaupten. Aber sie werden von diesem Wesen angelockt. Es versucht...«
Das war so ziemlich das Falscheste, was er hätte sagen können. Drek'Thar brüllte vor Wut. Andere fielen mit ein, und bevor Durotan begriff, was geschah, sah er, wie seine Krieger nach vorn drängten. Draka ging auf sie zu, versuchte den Angriff zu stoppen. Aber genauso gut hätte sie versuchen können, die Flut aufzuhalten.
Durotan drehte sich und schlug Drek'Thar übers Gesicht. Der Schamane wirbelte herum und knurrte.
»Ihr werdet meine Befehle achten!«, brüllte Durotan. »Wir brauchen sie lebend, verdammt noch mal!«
Drek'Thars Augen blitzten einen Herzschlag lang vor Wut. Er hob die Hände und schloss die Augen. Plötzlich entstand ein großer Flammenkreis um die fünf Draenei. Wind kam auf, der die Flammen anfachte und die Orcs umwarf. Die Krieger traten zurück, und zu Durotans Entsetzen begannen einige Bogenschützen ihre Pfeile aufzulegen.
»Halt!«,
brüllte Durotan. Der Wind nahm seine Befehle entgegen und trug ihn ans Ohr der Krieger. »Ich töte jeden, der schießt!«
Dank seines Befehls und Drek'Thars mächtigen, wenngleich zögerlichen Eingreifens
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