WoW 01 - Aufstieg der Horde
Händen vorzufinden. Stattdessen sah er, dass derjenige, der den Befehl, Velen zu fesseln, ausgeführt hatte, dies mit besonderem Eifer getan hatte.
Das Zelt war um einen kräftigen Baum herum errichtet. Velen hatte man an dessen Stamm gebunden. Seine Arme waren in einem bösen Winkel zurückgebogen, die Fesseln um sein weißes Fleisch waren an den Handgelenken so fest, dass Durotan sogar bei dem wenigen Licht erkennen konnte, dass die Haut darunter dunkler wurde. Ein Seil, dankenswerterweise nicht allzu fest um seinen Hals geschlungen, zwang ihn, den Kopf permanent aufzurichten oder zu ersticken. Man hatte ihm ein schmutziges Stück Stoff in den Mund geschoben. Er kniete, und seine Hufe waren ebenfalls gefesselt.
Durotan fluchte und zog seinen Dolch. Velen sah ihn ohne Zeichen von Furcht in den tiefen blauen Augen an, aber Durotan fiel auf, dass der Draenei überrascht wirkte, als der Orc die Waffe benutzte, um die Fesseln durchzuschneiden anstatt seine Kehle.
Velen gab keinen Laut von sich, aber ein Augenblick der Qual flackerte über sein geisterhaft weißes Gesicht, als das Blut in die Adern zurückströmte.
»Ich befahl ihnen, dich zu fesseln, aber nicht, dich wie einen Talbuk zu verschnüren«, murmelte Durotan.
»Deine Leute sind sehr eifrig, wie es scheint.«
Durotan gab dem Draenei einen Wasserschlauch und beobachtete ihn genau, während er trank. In dreckiger Kleidung und lauwarmes Wasser trinkend, das weiße Fleisch rau von den Fesseln, wirkte Velen nicht sehr gefährlich. Wie hätte sich Durotan gefühlt, wenn man ihm erzählt hätte, dass die Draenei Mutter Kashur so behandelt hätten? Alles in dieser Angelegenheit erschien völlig falsch. Trotzdem hatte Mutter Kashur höchstpersönlich Drek'Thar erklärt, dass die Draenei eine Gefahr waren.
Eine Schüssel mit Blutbrei stand auf dem Boden. Mit seinem rechten Fuß schob Durotan sie dem Gefangenen zu. Velen sah sie, aß aber nicht.
»Nicht ganz das Festmahl, das du Orgrim und mir geboten hast, als wir in Telmor gegessen haben«, sagte Durotan. »Aber es macht satt.«
Velen lächelte schwach. »Das war ein bemerkenswerter Abend.«
»Hast du von uns an diesem Abend bekommen, was du wolltest?«, verlangte Durotan zu wissen. Er war wütend, aber nicht auf Velen. Er war wütend, dass es so weit gekommen war, dass jemand, der ihm nichts als Zuneigung gezeigt hatte, nun sein Gefangener war. Und so ließ er es an dem Propheten aus.
»Ich verstehe nicht. Wir wollten nur gute Gastgeber sein für zwei abenteuerlustige Jungen.«
Durotan stand auf und trat gegen die Schüssel. Der Brei schwappte auf den Boden. »Erwartest du, dass ich das glaube?«
Velen antwortete ruhig: »Es ist die Wahrheit. Es ist allein deine Entscheidung, ob du sie glaubst oder nicht.«
Durotan fiel auf die Knie und schob sein Gesicht nah an Velens. »Warum wollt ihr uns vernichten? Was haben wir euch getan?«
»Ich könnte die gleiche Frage stellen«, sagte Velen. Sein weißes Gesicht wurde dunkler. »Wir haben nie einen Finger gerührt, um euch zu schaden. Und jetzt sind mehr als zwei Dutzend Draenei tot, wegen eurer Angriffe!«
Die Wahrheit darin machte Durotan nur noch wütender. »Die Ahnen belügen uns nicht!«, schnarrte er. »Wir wurden gewarnt, dass ihr nicht die seid, die ihr vorgebt zu sein. Dass ihr unsere Feinde seid. Warum sonst habt ihr diese Kristalle mitgebracht, wenn nicht, um uns anzugreifen?«
»Sie sollten uns helfen, besser mit dem Wesen im Berg zu kommunizieren.« Velen sprach schnell, als wollte er die Antwort herausbekommen, bevor Durotan ihm das Wort abschnitt. »Es ist kein Feind der Orcs, genauso wenig wie wir. Durotan, du bist klug und weise, das habe ich in der Nacht vor so langer Zeit erkannt. Du folgst Befehlen nicht blind wie ein Tier. Ich weiß nicht, warum euch eure Anführer anlügen. Aber sie tun es. Wir wollten immer friedvoll mit euch leben. Du bist nicht wie die anderen, Sohn des Garad!«
Durotan verkniff die dunklen braunen Augen zu schmalen Schlitzen. »Da liegst du falsch, Draenei«, spie er. »Ich bin stolz darauf, ein Orc zu sein. Ich verleugne meine Herkunft nicht!«
Velen schien verwirrt. »Du missverstehst mich. Ich mache deine Leute nicht schlecht. Nur...«
»Nur was? Du erzählst uns nur, dass wir unsere geliebten Toten nur sehen können, weil euer... euer Gott in dem Berg gefangen ist?«
»Es ist kein Gott. Es ist ein Verbündeter und wäre es auch für dein Volk, wenn ihr es ihm erlauben würdet.«
Durotan fluchte und stand
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