WoW 05 - Der Tag des Drachen
Korialstrasz! Es gibt selbst Grenzen für
meinen
Herrschaftsbereich
.
Aber heißt das nicht, dass du die Welt noch nicht gänzlich aufgegeben hast? Anders als Malygos und Nozdormu verbirgst du dich nicht hinter Wahnsinn oder den Relikten vergangener Zeiten. Gibt es nicht auch Träume, die die Zukunft weisen?
Ebenso wie solche über die Vergangenheit, daran solltest du dich erinnern!
Das verschwommene Bild einer menschlichen Frau, die einen Säugling in den Armen hielt, trieb vorbei. Ein kurzer Blick auf einen kleinen Jungen, der epische Schlachten gegen die Ungeheuer seiner Phantasie kämpfte, flackerte auf und verschwand. Krasus achtete einen Moment auf die verschiedenen Träume, die sich um ihn herum bildeten und wieder vergingen. Es gab viele dunkle, doch ebenso viele, die hell und freundlich waren. So war es schon immer gewesen. Ein Gleichgewicht.
In seinem Geist jedoch brachten die ständige Gefangenschaft seiner Königin und Deathwings Drang, die Welt den jüngeren Völkern zu entreißen, dieses Gleichgewicht zum Kippen. Es würde keine weiteren Träume, keine Hoffnungen mehr geben, wenn beide Situationen nicht geklärt wurden.
Mit oder ohne deine Hilfe werde ich weitermachen, Ysera. Ich muss es tun!
Du kannst dies gerne tun …
Die Traumgestalt des Drachen waberte.
Krasus wandte sich ab und ignorierte die verworrenen Bilder, die seine Bewegung hinterließ.
Dann schicke mich entweder zurück oder stoße mich in den Abgrund! Vielleicht wäre es besser, wenn ich das Schicksal der Welt – und das meiner Königin – nicht miterleben müsste!
Er erwartete, dass Ysera ihn in die Arme des Vergessens schleudern würde, damit er nicht länger über das Thema Alexstrasza und die anderen, damit verbundenen Belange reden konnte. Stattdessen fühlte der Drachenmagier eine leichte, fast schon zärtliche Berührung an der Schulter.
Krasus drehte sich um und sah eine dünne, blasse Gestalt, die ihm schön, aber unwirklich erschien. Sie war in hellgrünen dünnen Stoff gehüllt, einen Schleier, der alles unterhalb ihres Gesichts verbarg. In mancherlei Hinsicht erinnerte sie ihn an seine Königin – und auch wieder nicht.
Die Augen der Frau waren geschlossen.
Armer, leidender Korialstrasz.
Ihr Mund bewegte sich nicht, aber Krasus erkannte ihre Stimme. Yseras Stimme. Ein nachdenklicher Ausdruck lag auf ihrem blassen Gesicht.
Du würdest alles für sie tun.
Er wusste nicht, weshalb sie sich die Mühe machte zu wiederholen, was sie beide wussten. Krasus wandte sich erneut von der Herrin der Träume ab und suchte nach einem Weg, um dieses unwirkliche Reich zu verlassen.
Geh noch nicht, Korialstrasz.
Und warum nicht?
, fragte er, während er sich umdrehte.
Ysera starrte ihn an. Ihre Augen waren vollständig geöffnet. Krasus erstarrte, konnte nur in diese Augen blicken. Es waren die Augen von jedem, den er je gekannt, je geliebt hatte. Es waren Augen, die
ihn
kannten, die alles über ihn wussten. Sie waren blau, grün, rot, schwarz und golden – jede Farbe, die Augen haben konnten.
Es waren sogar seine eigenen.
Ich werde nachdenken über das, was du gesagt hast.
Er konnte ihr kaum glauben.
Du wirst …?
Sie hob eine Hand und brachte ihn zum Schweigen.
Ich werde über deine Worte nachdenken. Nicht
mehr und nicht weniger, für den Anfang jedenfalls.
Und … und wenn du zu dem Schluss kommst, dass du mir zustimmst?
Dann werde ich versuchen Malygos und Nozdormu von deinem Vorhaben zu überzeugen … aber selbst dann kann ich nichts in ihrem Namen versprechen.
Das war mehr als Krasus bei Beginn der Unterhaltung gehabt hatte, sogar mehr, als er zu diesem Zeitpunkt erhofft hatte. Vielleicht würde nichts daraus werden, aber so konnte er wenigstens voller Hoffnung in die Schlacht ziehen.
Ich … ich danke dir.
Ich habe noch nichts für dich getan … habe nur deine Träume am Leben erhalten.
Das kurze Lächeln, das über Yseras Lippen glitt, wirkte bedauernd.
Er wollte ihr erneut danken, doch Ysera schien plötzlich von ihm weg zu schweben. Krasus griff nach ihr, aber als er einen Schritt vortrat, schwebte sie nur schneller davon.
Dann begriff er, dass die Herrin der Träume sich nicht bewegt hatte – sondern er.
Schlaf wohl und gut, armer Korialstrasz
, sagte ihre Stimme. Die schmale bleiche Gestalt waberte und löste sich auf.
Schlaf wohl, denn in der Schlacht, die du suchst, wirst du all deine Kraft und noch mehr benötigen!
Er versuchte zu sprechen, aber selbst seine Traumstimme versagte. Dunkelheit fiel
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