WoW 12 - Die Nacht des Drachen
ermöglichen würde.
Obwohl er unter Platzangst litt, begann Korialstrasz behutsam den Faden aufzuknüpfen. Augenblicklich spürte er, wie die ganze Kammer erbebte. Die Dunkelheit wurde ein wenig grauer.
Der rote Drache schritt mit seiner Arbeit noch zielstrebiger voran. Die Freiheit war nah.
Die Anomalie verschwand völlig, was er nicht beabsichtigt hatte. Die Matrix faserte aus, und der infizierte Bereich erweiterte sich. Korialstrasz verband sie schnell wieder damit, doch der Schaden war bereits zu groß. Der Zauber, der die Kammer zusammenhielt, wurde um ein Tausendfaches überlastet.
Die Kammer kollabierte. Das Graue drückte von allen Seiten auf den roten Drachen. Korialstrasz schrie, die Zerstörung seines Gefängnisses setzte neue, schreckliche Kräfte frei, die ihn zu zerreißen drohten. Korialstrasz war in einem Mahlstrom gefangen, der zu erschreckender Größe anwuchs. Egal, was er auch versuchte, der Drache konnte nicht gegen den Sog ankämpfen.
Dass all das in einem Behälter stattfand, der für die Außenwelt gerade so groß wie ein Apfel war, beruhigte Korialstrasz nicht im Geringsten. Ihm kam es vor, als würde Azeroth zerstört und das Universum in sich zusammenbrechen. Er hatte der Chrysalun-Kammer entkommen wollen, und dieser Wunsch war ihm gewährt worden – vielleicht zu seinem ewigen Bedauern.
Er schlug immer wieder mit den großen Flügeln, die Anstrengung durch das Ankämpfen gegen solche Urkräfte trieb Korialstrasz in die Erschöpfung. Das Auge des Mahlstroms ragte vor ihm auf, eine wirbelnde Masse aus grau, schwarz und rot.
Er näherte sich dem Auge, und die unsichtbaren Kräfte zerrten immer stärker an ihm. Seine Knochen schienen zu Staub zermahlen zu werden, sein Fleisch fühlte sich an, als würde es zerquetscht. In seiner ganzen langen Lebenszeit hatte er nie einen solch unerträglichen Schmerz erlitten.
Dem Drachen war klar, dass er nur noch eine Sache versuchen konnte. Vielleicht verstärkte er seine Leiden dadurch noch, was einen deutlich schlimmeren Tod bedeuten konnte. Doch es barg auch einen Funken Hoffnung.
Er konzentrierte sich so gut er konnte und bündelte all seine Magie darauf, sich selbst zu schützen. Das strengte ihn noch mehr an, und er wurde beinahe ohnmächtig. Doch der Schild hielt.
Der rote Drache beobachtete den Mahlstrom und suchte die
exakte
Mitte. Sie musste es genau sein. Alles andere wäre reiner Selbstmord gewesen.
Korialstrasz schlug so fest er konnte mit den Flügeln und kämpfte nicht mehr gegen den Sog des Mahlstroms an, sondern...
gab sich ihm hin.
Er bewegte sich weiter, immer schneller, auf das Zentrum zu und betete, dass, was immer auch geschehen mochte,
schnell
geschehen würde.
Als er hineinglitt, schrie Korialstrasz wieder... und wieder... und wieder...
KAPITEL SECHZEHN
Sinestra schlief.
Sie schlief, obwohl ihre Sinne sie vor anderen Eindringlingen warnten.
Sie war nicht etwa erschöpft, sondern einfach nur zuversichtlich und sich ihres bevorstehenden Triumphs sicher. Überzeugt, dass jeder Eindringling, der sich ihr in den Weg stellte, schon bald ausgelöscht sein oder ihr auf die eine oder andere Weise dienen würde.
Sie schlief, wie sie es oft tat, immer nur wenige Minuten am Stück. Es hatte Zeiten gegeben, da sie mehr als ein Jahrhundert ohne zu ruhen ausgekommen war. Das war für die meisten Drachen nicht normal, doch Sinestra hatte nur Verachtung für ihre Artgenossen übrig, selbst für die des schwarzen Schwarms. Ihrer Meinung nach hatten sie selbst und ihre Brut als Einzige das Recht, in ihrer neuen Welt zu leben.
Immer noch in ihrer menschlichen Gestalt, ruhte sie auf einem Bett aus Steinen und schlief allein. Die große Kammer reichte tiefer in den Berg hinein als alle anderen Räume, die sie für ihre Experimente nutzte. Hier unten gab es nichts, was sie störte.
Außerdem konnte sie so der Stimme in ihrem Kopf besser lauschen, die unablässig sagte:
Alles läuft, wie geplant. Alles läuft, wie geplant, und Dargonax wächst... Die nächste Generation wird selbst ihn übertreffen... und tausendmal stärker sein...
»Tausendmal stärker«, murmelte Sinestra im Schlaf. »Tausendmal stärker...«
Tausendmal stärker... und sie werden alle anderen Drachen vernichten... alle vernichten... der Tag des Drachens neigt sich dem Ende... Jetzt kommt die Dämmerung, das Zwielicht... und dann die Nacht...
»Die Nacht...«
Doch der Nacht folgt ein neuer Tag... der erste Tag der Herrschaft der Kinder... der erste
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