Wozu wollen Sie das wissen?
wurde weniger sumpfig, und schließlich lagen Felder auf beiden Seiten, hinter großen Buchen. So mächtigen Bäumen und so vielen davon, dass ihr glatter, grauer Schein die Luft zu verändern schien, sie kühlte, als habe man einen hohen Saal oder eine Kirche betreten.
Dann, nach den üblichen Feldmaßen von gut einer Meile, mündete der Weg in eine andere gerade Schotterstraße. Wir drehten um und gingen denselben Weg zurück.
In der Mittagshitze waren kaum Vögel zu hören und keine zu sehen, und es gab auch nicht viele Mücken, denn die Teiche waren fast alle ausgetrocknet. Aber über dem Bach schwirrten Libellen und oft Wolken sehr kleiner Schmetterlinge, von so blassem Grün, dass man dachte, vielleicht war es nur das Laub, das ihnen Farbe gab.
Was den ganzen Spaziergang über zu hören war, das war Russells gemächliche, zufriedene Stimme. Er erzählte von seiner Familie – er hatte zwei ältere Schwestern, die von zu Hause fort waren, und einen jüngeren Bruder sowie zwei jüngere Schwestern, und alle waren musikalisch, jeder spielte ein Instrument. Der jüngere Bruder hieß Jackie – er lernte Posaune spielen, um Russells Part zu übernehmen. Die Schwestern zu Hause hießen Mavis und Annie, und die erwachsenen Iona und Isabel. Iona war mit einem Mann verheiratet, der bei einem Elektrizitätswerk arbeitete, und Isabel war Zimmermädchen in einem großen Hotel. Eine weitere Schwester, Edna, war im Alter von zwölf Jahren in einer eisernen Lunge an Kinderlähmung gestorben, nachdem sie nur zwei Tage lang krank gewesen war. Sie hatte als Einzige in der Familie blonde Haare gehabt. Der Bruder Jackie wäre auch beinahe gestorben, an einer Blutvergiftung, die er sich geholt hatte, als er auf ein Brett mit einem rostigen Nagel getreten war. Russell selbst hatte hornige Füße, weil er im Sommer barfuß lief. Er konnte auf Schotter oder Disteln oder Stoppeln laufen, ohne sich zu verletzen.
Er war in der achten Klasse in die Höhe geschossen, fast bis zu seiner jetzigen Größe, und hatte in der Schuloperette die Rolle des Ali Baba bekommen, weil er nicht nur groß war, sondern auch singen konnte.
Er hatte im Auto seines Onkels fahren gelernt, als der aus Port Huron herüberkam. Sein Onkel war Klempner und gab sein Auto alle zwei Jahre für ein neues in Zahlung. Er ließ Russell fahren, bevor er alt genug für den Führerschein war. Aber Miriam McAlpin wollte ihn erst ans Steuer ihres Wagens lassen, als er einen hatte. Jetzt fuhr er ihn, mit oder ohne Sulky hinten dran. Nach Elmira, nach Hamilton und einmal nach Peterborough. Es war nicht ganz einfach, weil der Sulky umkippen konnte. Manchmal begleitete sie ihn, ließ ihn aber fahren.
Seine Stimme veränderte sich, wenn er von Miriam McAlpin redete. Sie wurde vorsichtig, halb verächtlich, halb belustigt. Sie sei ein Zornbraten, sagte er. Aber ganz in Ordnung, wenn man sie zu nehmen wusste. Pferde waren ihr lieber als Menschen. Sie wäre längst verheiratet, wenn sie ein Pferd heiraten könnte.
Ich redete nicht viel von mir selbst und hörte ihm nicht so genau zu. Sein Gerede war wie ein Vorhang aus leichtem Regen zwischen mir und den Bäumen, dem Licht und den Schatten auf dem Weg, dem klar fließenden Bach, den Schmetterlingen und dem Teil von mir, der auf diese Dinge geachtet hätte, wenn ich allein gewesen wäre. Viel von mir behielt ich für mich, ebenso wie bei meinen Freundinnen vom Samstagabend. Aber die Veränderung jetzt war nicht freiwillig und absichtlich. Ich war halb hypnotisiert, nicht nur vom Klang seiner Stimme, sondern auch von der hellen Breite seiner Schultern in einem sauberen, kurzärmeligen Hemd, von seiner braunen Kehle und seinen dicken Armen. Er hatte sich mit Lifebuoy-Seife gewaschen – ich kannte diesen Geruch, wie alle ihn kannten, aber zu jener Zeit begnügten sich die meisten Männer mit dem Waschen und sorgten sich nicht um den Schweiß, der sich bald danach bilden würde. Also konnte ich auch den riechen. Und nur schwach Pferde, Zaumzeug, Ställe und Heu.
Wenn ich nicht mit ihm zusammen war, versuchte ich mich zu erinnern – sah er gut aus oder nicht? Sein Körper war ziemlich mager, aber sein Gesicht hatte etwas Fleischiges, ein gebieterisches Schürzen der Lippen, und seine weit offenen, klaren blauen Augen zeigten so etwas wie eine eigensinnige Naivität, eine unschuldige Selbstachtung. All das, was ich bei jemand anderem nicht sonderlich geschätzt hätte.
»Ich knirsche nachts mit den Zähnen«, sagte er. »Ich
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