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Titel: wsmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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mit der Leiche einer enthaupteten Frau,
die nicht identifiziert werden konnte. Vielleicht lag auch Nicolss hier,
ordnungsgemäß verpackt, und wartete auf seine große Tournee. Ich sah nicht
nach. Bei dem Zeitungsverkäufer neben dem Pavillon der R.A.T.P. kaufte ich die neuesten Ausgaben von France-Soir,
Paris-Presse und Crépuscule und setzte mich damit in ein Bistro. Die Ermittlungen im Fall Juarez, der wohl
von ungemütlichen Rivalen erschossen worden war, dauerten an. Man fahndete auch
nach Gauri, der das Weite gesucht hatte. Die Flics machten keinen Hehl aus den
Geschäften der Agentur. Von dem Gil-Andréa-Fanclub war nicht die Rede. So weit
waren die Flics noch nicht. Würde noch kommen. Oder auch nicht. Ich studierte
eingehend das Blatt von Marc Covet auf der Suche nach einer möglichen
Anspielung, die nur ich verstehen könnte, im Falle... Ich fand nichts. Im
Unterhaltungsteil war unter einem Foto der charmanten Sängerin Virginie Vitry —
sie konnte nichts für diese Nachbarschaft — auch die Rede von Gil Andréa. Die
übliche Publicity. Die Direktion des Palais de Cristal kündigte an, daß der
Liebling aller Frauen bald von der Bühne des Theaters am Boulevard de
Strasbourg auf eine Tournee — mit triumphalem Erfolg, versteht sich — gehen und
deshalb den ganzen Winter über im Ausland sein würde.
    Sieh an, sieh an!
    Ich trat hinaus auf den
Boulevard Magenta und ging, Pfeife rauchend, in Richtung Barbès. Dabei versuchte
ich, den Möbelhändlern zu entgehen. Vor jedem Laden stehen da so Kerle in
Mantel und Hut und quatschen einen an. Andere Länder, andere Sitte, jede
Branche hat ihre eigene Tradition. Aber das hier finde ich ausgesprochen
lästig.
    Ohne mir auch nur das winzigste
Nachttischchen andrehen zu lassen, kam ich zu dem ansehnlichen Haus, in dem der
Sänger wohnte. Nicht weit von der Stelle, wo an einem nebligen
Novembernachmittag im Jahre 1923 gegen halb fünf eins der dunkelsten
Geheimnisse von Paris entstanden war. Für einige wird es sicher immer noch ein
Geheimnis sein. An jenem Samstag hielt ein Taxi, das von Bajot gefahren wurde,
vor der Nummer 126. Die alarmierten Flics zogen einen Jugendlichen aus dem
Wagen, der von einer Kugel lebensgefährlich an der Schläfe verletzt worden war.
Sie fuhren den Verletzten nach Lariboisière, wo er zwei Stunden später starb,
ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Dieser Jugendliche mit dem Loch im
Kopf hieß Philippe Daudet und war der Sohn des Führers der monarchistischen Action Française.
    Ich weiß nicht, warum ich an
diese Tragödie dachte, als ich vom Bürgersteig gegenüber die Fassade des Hauses
von Gil Andréa beobachtete. Anstatt an den Fall Philippe Daudet zu denken,
sollte ich mich besser für den interessieren, in den ich im Augenblick
verwickelt war. Ich steckte meine Pfeife ein und berührte dabei das Foto der
hübschen Thérèse. Am besten, ich zeigte es der Concierge des Sängers.
    Als ich die Straße überquert
hatte, überlegte ich es mir anders. Mado sollte ich das Foto des schönen Kindes
zeigen. Irgendwann würde ich sie schon noch erreichen. Inzwischen prüfte ich
nach, ob sie mich in Bezug auf Gil Andréas Adresse angelogen hatte oder nicht.
Ich wußte nicht mehr, was ich glauben sollte, so sehr fühlte ich mich hinters Licht
geführt.
    Vor dem fraglichen Haus stand
längs ein Lastwagen mit Kohle. Zwei junge Burschen mit rußverschmiertem Gesicht
beförderten die Kohle über eine Rutsche in den Keller. Die Aktion wurde von der
Concierge überwacht. Der Kohlenhändler hatte einen komischen Namen, aus der
Auvergne. Larouchinie stand auf der Tür des Fahrerhäuschens. Kohlelager Chaudron, Rue Chaudron. Das Ganze sah wie ein Witz
aus.
    Ich sprach die Concierge an.
„Pardon, Madame“, sagte ich und lächelte charmant. „Wohnt hier nicht Monsieur
Gilet? Ich meine Gil Andréa, der Sänger?“
    Sie sah mich mißtrauisch von
der Seite an.
    „Ja, aber keiner kann ihn
einfach so besuchen, den M’sieur Gilet. Gäb’ sonst ‘n richtigen Aufmarsch.
Außerdem, er ist gar nicht da.“
    „Ich wollte auch nicht zu ihm.
Ich wollte ihm schreiben. Das kann ich doch, oder?“
    „Sicher.“
    „Ist er verreist?“
    „Nein, er kann aber auch nicht
immer zu Hause bleiben, hm? Muß wohl mal raus, bei seinem Beruf, dem ganzen
Kram...Sie glauben mir nicht, hm? Die beiden da...“, sie deutete mit dem Kopf
auf die Kohlenträger, „...die glauben mir auch nicht. Aber ich behalt sie im
Auge. Daß die nicht raufgehen, für ein

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