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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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da, wo die Brusttasche sitzen würde. Trägst du Initialen, heißt das, du bist nicht sicher, wer du bist, und mußt was haben, was dich daran erinnert – und jeden andern auch. Jetzt die Krawatte. Wie findest du sie?«
    McBride zuckte mit den Achseln. »Dunkel, ohne richtige Farbe.«
    Overby schüttelte den Kopf. »Sie ist häßlich. Sie muß häßlich sein, das ist wichtig. Häßlich und teuer. Du mußt die häßlichste, teuerste Krawatte kaufen, die du findest, wie die hier, für die ich fünfundsechzig Mäuse hingeblättert habe. Aber sieht jemand mich mit der Krawatte, denkt er: ›Donnerwetter, da geht ein Typ, der sich teuren schlechten Geschmack leisten kann.‹ Keinen lauten schlechten Geschmack, Junge, gediegenen, das ist ein verdammter Unterschied.«
    »Yeah, ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagte McBride und ließ die Augen nicht von Overby.
    »Jetzt Schuhe und Socken. Was ist damit?«
    McBride zuckte wieder mit den Achseln. »Schwarze Schuhe, schwarze Socken, aber die langen, die bis fast ans Knie gehen.«
    »Okay, erst die Socken. Du sitzt irgendwo und schlägst die Beine übereinander und trägst kurze Socken, und ein Stück weißes, behaartes Bein kommt zum Vorschein, und laß dir eins von mir sagen, es gibt nichts, was widerlicher aussieht. Und ich meine widerlich. Auf manche Leute wirkt das widerlicher, als wenn du deinen Schwanz rausholst und mit ihm rumwedelst. Ich weiß auch nicht warum, aber so ein Stück weißes, behaartes Bein sieht – wenn du keine richtige Bräune hast – für die meisten wie Ausschlag aus. Du kannst reden, worüber du willst, sie hören gar nicht hin. Sie denken immer nur an den widerlichen Ausschlag auf deinem Bein. Okay?«
    »Sicher«, sagte McBride, »okay.«
    »Jetzt die Schuhe. Schätz mal, was die kosten?«
    McBride betrachtete Overbys Schuhe. Es waren ganz normal aussehende schwarze Halbschuhe mit aufgesetzten Schuhspitzen, die Art, die man Oxfords nennt. McBride beschloß, Kennerschaft zu beweisen, und setzte den Preis hoch an. »Fünfundachtzig Mäuse«, sagte er.
    Overby schüttelte den Kopf voller Freude über die viel zu niedrige Zahl, die sein Schüler genannt hatte. »Zweihundertachtundvierzig Dollar«, sagte er.
    »Dafür?« McBride glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
    »Handgemacht, von einem kleinen alten Engländer in Hongkong. Er muß an die Hundert sein und macht Schuhe noch genauso, wie man sie vor dreißig, vierzig, was sage ich, fünfzig Jahren gemacht hat. Was fällt dir an den Schuhen noch auf, außer daß sie irgendwie häßlich sind?«
    »Sie könnten blanker sein.«
    »Eben nicht. Sie dürfen nicht blank sein. Sie müssen matt glänzen. Blank polierte Schuhe, Junge, trägt man allenfalls noch im Marine-Corps, wenn ich auch zugebe, daß ich manchmal richtig Lust habe, meine Schuhe mit Spucke auf Vordermann zu bringen. Und wenn wir schon dabei sind – Schuhe müssen auch geschnürt sein, Mokassins oder Stiefeletten mit Reißverschluß oder Schnallenschuhe oder diese hochhackigen Schuhe, die Zuhälter tragen, lassen auf ein sittliches Defizit schließen.«
    »Ein was?«
    »Ein sittliches Defizit«, sagte Overby gewichtig. »Ich meine, wenn jemand zu faul ist, Schuhe zuzuschnüren, ist er auch sittlich nicht einwandfrei.«
    »Mein Gott, Otherguy, ich glaube, ich sollte mir das alles aufschreiben.«
    Wenn das sarkastisch gemeint gewesen sein sollte, zog Overby vor, es zu überhören. Statt dessen stieg er in den dunkelblauen Anzug, den er während der ganzen Lektion hochgehalten hatte. Der Anzug hatte feine graue Streifen, und als Overby ihn angezogen und die Weste zugeknöpft hatte – bis auf den untersten Westenknopf, versteht sich –, glich er tatsächlich einem smarten, harten, erfolgreichen Banker einer mittelgroßen Stadt. Und genauso wollte er aussehen.
    »Na, was sagst du jetzt, Junge?« sagte er.
    McBride inspizierte Overby sorgfältig. »Der Anzug«, sagte er, »sitzt nicht.«
    »Eine Nummer zu groß«, sagte Overby und strahlte. »Wie wenn ich Willenskraft und Energie genug gehabt hätte, mir ein paar Pfund abzutrainieren – und das auf Dauer. Kapiert?«
    »Yeah, in etwa.«
    »Und was sagt das über mich aus?«
    McBride nickte langsam. »Yeah, jetzt verstehe ich. Daß du vielleicht der Typ bist, der tut, was er sich vornimmt.«
    »Genau. Eine Nummer zu groß. Vergiß das nicht.«
    »Und da draußen?« sagte McBride und ahmte unbewußt Overbys Westwärtsnicken nach, das den gesamten Pazifik umfaßte. »Machst du das

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