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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Idee mit der Folk School, also warb er um Mama nicht nur, weil sie das hübscheste Mädchen weit und breit war, sondern weil sie zufällig auch noch eine Achtzigmorgenfarm geerbt hatte. Sie heirateten, und Papa gründete die Schule.«
    »Und woher kamen seine Schüler?«
    »Das ist irgendwie der Witz der Geschichte. Die meisten kamen aus der Stadt. Papa hatte geglaubt, die Leute vom Land würden in Scharen kommen, aber von ihnen war kaum einer interessiert. Dafür kamen die Städter – New York besonders, Chicago, Boston, St. Louis, von überall kamen sie her. Später kamen sogar ein paar Professoren. Geld, um den ganzen Kurs zu bezahlen, hatten die wenigsten, obwohl er weiß Gott wenig genug kostete. Papa störte das nicht im mindesten. Wer nicht alles zahlen konnte, zahlte etwas, und wer gar nichts zahlen konnte, konnte sich auf der Farm nützlich machen. Die Leute, die damals kamen, waren ausgesprochen redselig, und manchmal denke ich, Silk hat jedem Wort andächtig gelauscht.«
    »Schon als Kind?«
    »Gerade als Kind. Sie verschlang alles. Ja, und dann, Anfang 1960, sangen sie und Ivory und ich auf der Ausstellung in Fort Smith, und Don Pennington hörte uns und nahm uns mit Papas Segen unter Vertrag, und wir wurden Ivory, Lace und Silk, und schon im Herbst, kurz vor Papas Tod, traten wir in der Sullivan-Show auf. Wie es weiterging, wissen Sie. Wir wurden reich und berühmt.«
    »Sie waren ja auch wirklich gut«, sagte Durant, »und ein paar Ihrer Lieder hinreißend schön.«
    »Das war Ivory. Sie schrieb alle unsere echt guten Lieder. Sie hatte etwas von einer Dichterin, und sie war schrecklich scheu. Silk hatte das Hirn und die Stimme, und ich – tja, ich sang immer laut und wäre immer gern jemand anders gewesen, deshalb bin ich vermutlich beim Film gelandet. Ich weiß nicht, aber manchmal denke ich mir, wäre Vietnam nicht gewesen, lebten wir vielleicht alle noch in Arkansas.«
    »Aber Sie hatten doch schon Erfolg, als von Vietnam noch keine Rede war, in den frühen Sechzigern.«
    »Ja, nur sangen wir damals reine Folksongs. Alle die Lieder, die Papa im Lauf der Jahre gesammelt hatte. Erst 1963, als Ivory das Lied über Kennedy schrieb, nachdem er ermordet worden war, kam der wirkliche Durchbruch. Komisch, wenn man sich überlegt, daß wir aus politischem Mord und Krieg unser Geld gemacht haben. Das hat, glaube ich, Ivory am Ende fertiggemacht. Sie konnte nicht mehr weitermachen. Also lösten wir uns auf. Silk startete ihr eigenes Programm und engagierte sich heftig in der Antikriegsbewegung. Tja, was mit Ivory passierte, wissen Sie ja.«
    Durant nickte. »Ja, traurig«, sagte er. »Möchten Sie noch einen Kaffee?«
    »Gern.«
    Durant stand auf, nahm die Becher und machte sich auf den „Weg in die Küche, blieb aber noch mal kurz stehen. »Wie hat Ihre Schwester denn den Kongreßabgeordneten kennengelernt?« sagte er und setzte seinen Weg fort.
    Lace Armitage hob ein wenig die Stimme. »Er war früher mal Polizist, wußten Sie das?«
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte Durant, füllte die Becher und kehrte ins Wohnzimmer zurück. »Floyd Ranshaw, der singende Polizist, so wurde er doch genannt, oder?«
    »Ja, und er war nicht mal schlecht«, sagte sie. »Er hat mit seiner Singerei das College finanziert, er sang auf Hochzeiten und Partys und was weiß ich. Als er fertig war, ging er zur Polizei nach Pelican Bay. Dort wurde er der jüngste Lieutenant in der Geschichte der Stadt – der padrón der East Side. Praktisch reines Ghetto dort, müssen Sie wissen. Teils Schwarze, teils Chicanos, teils verarmte Weiße. Und er kannte sie alle. Oder jedenfalls eine Menge, und alle mochten ihn, weil er ehrlich und fair war. Samstags abends hatte er seine Radiosendung, er sang und spielte die Musik, die alle gern hörten, und war für jeden telefonisch erreichbar, der sich geärgert hatte und Dampf ablassen wollte. Im Rathaus hatte man nichts dagegen, weil er sich aus den korrupten Geschäften der Stadtverwaltung heraushielt und überdies dafür sorgte, daß die East Side ruhig blieb. Gut. 1968 starb plötzlich der Kongreßabgeordnete, zu dessen Wahlkreis Pelican Bay gehörte, und Ranshaw beschloß, sich als Kandidat aufstellen zu lassen. Er hatte überhaupt kein Geld, und fünfzehn Kandidaten lagen im Rennen, trotzdem wurde er zweiter, und es gab eine Stichwahl. Der Mann, der vor ihm durchs Ziel ging, war der erklärte Liebling der Stadtverwaltung. Nur, zehn Tage vor der Wahl erschien Ranshaw mit einer Mappe voll

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