Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
zur Gegenleistung meinerseits. Ich hasse es zu feilschen, Mr. Gesini, also zeige ich mich nicht kleinlich und biete Ihnen, sagen wir, zwanzigtausend.«
»Yeah«, sagte Gesini, »in Ordnung.«
»Gut.«
»Und was ist mit den beiden Typen, diesem Chinesen und seinem Freund?«
Simms schien sich das durch den Kopf gehen zu lassen. Schließlich sagte er mit jenem scheuen, angenehmen Lächeln: »Ich glaube, Mr. Gesini, um sie sollte ich mich persönlich kümmern. Sie verstehen das gewiß.«
»Klar«, log Gesini, »das verstehe ich.«
Neun
Artie Wu war am Freitag morgen um zwei Minuten vor zehn vor der Crocker Bank in Santa Monica, die um zehn öffnete. Um fünf Minuten nach zehn, gleich nachdem er Randall Piers’ Scheck über 25000 Dollar eingelöst hatte, benutzte er ein Münztelefon in der Schalterstelle, um Durant anzurufen.
Durant befand sich gerade im Schlafzimmer des gemieteten Hauses am Strand und machte sein Bett. Er nahm beim ersten Klingeln den Hörer ab und meldete sich, hörte aber, wie es gleichzeitig an der Haustür klopfte.
»Ich bin’s«, sagte Artie Wu.
»Moment, Artie, da ist jemand an der Tür.«
Durant legte den Hörer hin und ging hinüber ins Wohnzimmer. Durch die halb verglaste Haustür erkannte er Lace Armitage – zumindest ihre obere Hälfte. Sie trug eine weiße Bluse, durch die er schwach hindurchsehen konnte, mit vier unbenutzten Knöpfen oben und keinem Büstenhalter darunter. Durant öffnete die Tür und entdeckte nun auch noch die sechs Windhunde, die sich im geschlossenen Rudel um Lace Armitage geschart hatten und offenbar darauf warteten, ins Haus gebeten zu werden.
»Oh, guten Morgen«, sagte Durant.
»Morgen«, sagte sie. »Komme ich zu früh?«
»Keineswegs. Treten Sie ein.«
»Siéntense!« sagte sie in passablem Spanisch zu den Hunden, die sich auch brav auf der Veranda einrichteten, um geduldig die weiteren Entwicklungen abzuwarten.
Drinnen im Haus deutete Durant auf den Herd. »Nehmen Sie sich Kaffee«, sagte er. »Ich telefoniere gerade, aber ich bin gleich zurück.«
»Keine Eile«, sagte sie.
Durant trug bloß seine abgesäbelten Jeans. Als er sich umdrehte, um ins Schlafzimmer zurückzukehren, sah sie die sechsunddreißig Narben auf seinem Rücken, obwohl sie natürlich nicht wußte, daß es sechsunddreißig waren. Im Schlafzimmer nahm Durant wieder den Hörer hoch und sagte: »Okay.«
»Wer war es denn?« sagte Wu.
»Piers’ Frau.«
»Mit dem Brief?«
»Vermutlich.«
»Ich bin in der Bank.«
»Und?«
»Wir sind im Geschäft – wenn ich auch noch keine Ahnung habe, in was für einem.«
»Jedenfalls einem gewinnbringenden, bis jetzt.«
»Was schlägst du als nächsten Schritt vor? Sollen wir nach Pelican Bay fahren und Otherguy besuchen?«
»Gute Idee.«
»Lunch bei uns?«
»Wer kocht denn heute?«
»Ich.«
»Dann komme ich«, sagte Durant und legte auf.
Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte er ein verwaschenes graues Sweat-Shirt übergestreift, bei dem DENVER ATHLETIC CLUB quer über die Brust gedruckt war. Lace Armitage saß im Wildledersessel, einen gelben Kaffeebecher in der Hand.
»Mein Mann hat recht«, sagte sie. »Sie machen wirklich verdammt guten Kaffee.«
»Danke«, sagte Durant und setzte sich auf die Couch.
»Mein Mann hat sich gestern so eine Kaffeekanne wie Ihre besorgen lassen, aber als wir sie heute morgen ausprobierten, schmeckte der Kaffee abscheulich. Wie kochen Sie ihn?«
»Da muß ich nachdenken«, sagte er. »Wissen Sie, ich mache ihn irgendwie automatisch, noch im Halbschlaf.« Er überlegte und sagte dann: »Also, zuerst bringen Sie das Wasser in der Kanne zum Kochen. Dann werfen Sie zwei Hände voll Kaffee rein, schlagen ein Ei auf und werfen die Eierschale dazu. Dann lassen Sie den Kaffee kurz aufkochen. Wenn Sie nicht wissen, was Sie mit dem Ei machen sollen, können Sie es trinken. Das tue ich immer.«
»Roh?« Sie verzog das Gesicht.
»Mit einem Schuß Worcestersauce und einem Spritzer Tabasco und Salz und Pfeffer schmeckt es ganz gut, wirklich.«
»Und wie wissen Sie, wann der Kaffee genug gekocht hat?«
Durant zuckte mit den Achseln. »Das weiß man einfach.«
Lace schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf, griff neben den Sessel und hob ihre Ledertasche, hoch, aus der sie einen dicken gelben Umschlag fischte, den sie Durant reichte. Durant sah mit einem Blick, daß der Umschlag nicht verschlossen war. Vorn stand nur Silk in einer festen, sympathischen Handschrift.
»Ist das der Brief?«
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