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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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nach dem Mörder. Da er ihn nicht entdecken konnte, wandte er sich an Artie Wu und sagte: »Wer hat ihn umgebracht?«
    »Wenn Sie gefragt hätten, wer ihn sich tot gewünscht hat, könnte ich Ihnen eine lange Liste geben. Boy hatte ein gutes Händchen dafür, sich lebenslange Feinde zu machen.«
    »Haben Sie ihn umgebracht?« sagte Cray, versprach sich jedoch offensichtlich von der Antwort nicht sehr viel.
    »Nein.«
    Weaver Jordan hörte vorübergehend auf, den toten Boy Howdy zu umkreisen, um Wu einen finsteren Blick zuzuwerfen. »Was ist mit Durant?«
    »Im Augenblick sitzt er am Krankenbett einer Freundin.«
    »Was tun Sie dann hier?« fragte Cray in einem gegen sämtliche Lügen und Ausflüchte gewappneten Tonfall.
    Wu lächelte. »Da Sie hier nicht mehr Amtsgewalt haben als ich, möchte ich Ihnen dieselbe Frage stellen.«
    Jack Cray drehte sich um und starrte düster auf den nackten Toten. Als er sprach, hatte seine Stimme ein gewöhnlich Grabreden vorbehaltenes Timbre. »Er war einer von uns.«
    »Boy war einer von allen«, sagte Wu. »Hat er Einzelaufträge erledigt? Gelegenheitsarbeit? Oder hattet ihr ihn bloß auf der Ersatzbank?«
    Als Cray ihn nur ausdruckslos anstarrte, fuhr Wu in teils spekulierendem, teils versonnenem Ton fort. »Sie hatten ihn wie lange auf Ihrer Liste – zehn Jahre? Fünfzehn? Ich würde sagen, fünfzehn.« Dann schien ihm etwas einzufallen. »Sie haben doch gewußt, daß er auch auf Tokios Lohnliste stand, oder? Und auf der von Taipeh, Canberra, Kuala Lumpur und, wie ich zuletzt hörte, sogar von Bangkok, obwohl Bangkok nicht sonderlich viel zahlt.«
    »Bangkok«, sagte Weaver Jordan und starrte mißbilligend auf den toten Howdy. »Jesus.«
    Cray sagte nichts. Statt dessen musterte er Wu langsam von oben bis unten, als sei er neugierig, was als nächstes kommen werde.
    »Sein bester Kunde«, fuhr Wu fort, »war natürlich immer der alte Knabe im Malacañang-Palast. Howdy war sowohl sein Zulieferer wie auch sein Verteiler. Aber das wissen Sie ja sicher, nicht wahr? Wo Sie doch von Boy die Palastgeschichten so frisch gekauft haben müssen, daß die Tinte noch feucht war.« Wu wandte sich ab, um noch einen Blick auf den toten Howdy zu werfen, als sei es zum letzten Mal. »Ich denke mir, Boy hat den alten Knaben wirklich vermißt.« Er hielt inne. »Ich weiß, daß er das Geld vermißt hat.«
    »Nette Schlüsse, die Sie da ziehen«, sagte Jack Cray.
    Wu nickte und bedachte auch das Zimmer mit einem letzten Blick. »Sieht ganz nach der typischen Honigfalle aus, oder? Boy hat was, das er kaufen oder verkaufen will. Sie kommt hereinmarschiert. Man redet ein bißchen. Macht ein bißchen Geschäfte. Und dann ein bißchen Sex – erst auf dem Bett, dann zur Abwechslung auf dem Sessel. Und dann peng, peng, und Boy ist tot.«
    »Durch das Kissen«, sagte Weaver Jordan. »Wahrscheinlich hat sie drauf gekniet – jedenfalls zuerst.«
    Jack Cray sah Jordan an und gab ihm einen knappen Wink. »Nachsehen«, sagte er.
    Jordan brauchte nur zwei Minuten, um die Straußenlederbrieftasche unter der Matratze zu finden. »Ei, was haben wir denn da?« sagte er und reichte Jack Cray den Lageplan. Wu pirschte sich seitlich an Cray heran, als wolle er einen Blick über seine Schulter werfen. Cray funkelte ihn kalt an und ging auf die andere Zimmerseite, wo er sich in die Karte vertiefte.
    Wu beobachtete, wie Weaver Jordan das Briefpapier vom Cebu-Plaza-Hotel auf dem Schreibtisch beäugte. Jordan blickte zuerst von oben darauf und ging dann in die Hocke, um die Oberfläche in Augenhöhe zu begutachten. Während er kauerte und begutachtete, knipste er die Tischlampe an, aus und dann wieder an. Er zückte einen Bleistift und begann, einen Teil des obersten Blattes zu schraffieren.
    »Ich habe das mal einen Burschen in einem Film machen sehen«, sagte Wu.
    »Wir bedienen uns immer der neuesten Techniken«, sagte Jordan, während er weiterschraffierte. »Unsichtbare Tinte. Vergiftete Zahnpasta. Echt abgefahrener, hochmoderner Scheiß.«
    Er schraffierte weitere drei oder vier Sekunden auf dem Briefbogen herum, bevor er sagte: »Also, bei Gott, wer sagt’s denn.« Er legte den Bleistift hin und beugte sich über das Blatt. »Hier, hör dir das an, Jack. ›Bringe A. Espiritu –«‹
    Jack Cray unterbrach ihn mit einem scharfen »Verdammt, Jordan!« Dann wandte er sich an Wu und sagte: »Wollen Sie hier auf die Cops warten?«
    »Nicht unbedingt.«
    Cray zeigte sein kältestes Lächeln. »Dann sagen wir denen, Sie

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