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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Haus vom ersten Augenblick an. Der disneymäßige Pseudo-Tudor-Stil und die längs unterteilten, getönten Fenster stießen ihn ab. Den bizarren achteckigen blauen Swimmingpool fand er gräßlich. Was ihn‹ aber am meisten bekümmerte und entsetzte, war das komplette Fehlen von Bäumen und Begrünung.
    An der Aussicht konnte Stallings jedoch nichts bemängeln. Das Haus war auf einem hohen, abfallenden Hang errichtet worden. Dreihundert Meter entfernt und dreißig Meter darunter erstreckte sich meilenweit der Pazifische Ozean. Die Aussicht reichte von Trancas zur Rechten bis nach Santa Monica zur Linken und dann bis hinaus nach Palos Verdes, Catalina und noch weiter. Stallings wußte, daß dies eine Aussicht war, von der die meisten nur träumen konnten und deren wenige jemals müde werden würden – es sei denn, sie entwickelten eine Abneigung gegen siebenundneunzig verschiedene Blautöne.
    Während er neben dem Mercedes in etwas stand, was er für den Innenhof hielt, blickte Stallings vom Ozean zum Haus, wieder zum Ozean und dann zu Otherguy Overby. »Vom Haus aus hat er überhaupt keine Aussicht«, sagte Stallings. »Er hat bloß diese winzig kleinen Fenster, die sich die Engländer ausgedacht haben, um etwas Licht reinzulassen und gleichzeitig die Kälte draußen zu halten, ohne daß eins von beidem jemals funktioniert.«
    Overby nickte, während auch er den Blick vom Ozean zum Haus und wieder zum Ozean schweifen ließ. »Billy wollte nicht viel Aussicht. Er dachte, das würde ihn bloß ablenken.«
    »Wovon?«
    »Von seiner Musik.«
    »Er ist Musiker?«
    Overby neigte seinen Kopf nach links, um Stallings besser mustern zu können. »Sie haben nie von Billy Diron gehört?«
    »Nein.«
    »Und von Galahad’s Balloon?«
    »Ich würde darauf tippen, daß es eine Rockgruppe ist. Aber das ist die Vermutung eines Mannes, der die Weisen seines Volkes längst nicht mehr singt.«
    »Das ist, als würde man tippen, die Rams spielen –« Overby brach ab, als er das unverkennbare Heulen eines Volkswagenmotors hörte. Er drehte sich in Richtung des Lärms um, kniff die Lippen zu einem strengen Strich zusammen und verschränkte die Arme über der Brust. Eine gewisse Dosis Abwehr stahl sich in seinen Blick.
    Beide Männer sahen zu, wie das offene weiße VW-Cabrio zu schnell um die Hausecke raste, auf dem ausgefahrenen Ziegelpflaster ins Schleudern geriet und bockend und hüpfend zum Halten kam, als die Fahrerin auf die Bremse trat, dabei aber das Auskuppeln vergaß. Stallings sah, daß sie jung war, ziemlich jung, nicht älter als zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig, und recht hübsch, wenn man erst einmal das stachelige Silberhaar und die irren Augen verdaut hatte.
    Der Mann auf dem Beifahrersitz war älter, mindestens dreißig, wenn nicht zweiunddreißig. Er hatte die Sonnenbräune eines professionellen Surfers, mehr weizenblondes Haar, als er tatsächlich brauchte, und flimmernde blaue Augen, die so hell waren, daß sie beinahe gebleicht wirkten. Der Blick des Mannes wanderte umher, huschte geradeaus zu Overby, nach rechts zu Stallings, nach links zum Haus und dann wieder zu Overby, wo er mit der Entschlossenheit eines Kolibris schwebend verharrte.
    Die Frau öffnete die Autotür und stieg aus. Sie war barfuß und trug ein abgeschnittenes blaues T-Shirt, das die Brüste gerade eben bedeckte und zwanzig Zentimeter über dem Nabel endete. Sie trug außerdem enge weiße Shorts, die eine Weile nicht gewaschen worden waren. Der Fahrtwind hatte ihr stacheliges Silberhaar zerzaust. Doch selbst mit der Vogelnestfrisur und den waldtierhaften Augen hätte sie, dachte Stallings, als durchschnittliche Hollywood-Schönheit durchgehen können, wenn ihr nur irgend etwas diesen finsteren Ausdruck der Wut aus dem Gesicht hätte wischen können. Er glaubte zu wissen, was dieses Etwas sein könnte.
    Als habe sie Stallings’ Blick gespürt, schaute sie ihn an, richtete aber ihre Frage an Overby: »Wer, verflucht noch mal, ist das, Otherguy?«
    »Niemand.«
    »Er ist doch wer. Jeder ist doch wer.«
    »Er nicht.«
    Sie trat einige Schritte näher zu Overby, der noch immer in Habachtstellung stand, die Arme verschränkt, der Blick unnachgiebig, der Mund allzeit bereit, nein zu sagen.
    »Ich will rein und mein Zeug holen«, sagte sie.
    »Ich arbeite für Billy, Cynthia, und Billy sagt, du darfst nicht rein.«
    Cynthia Blondins breiter ungeschminkter Mund verzog sich zu etwas, das wie ein einschmeichelndes Lächeln begann, aber in einem wütenden

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