Wuensch dir was
Blicke im Rücken, als sie die Polizeiwache verließen.
»Es wundert mich, dass du dieser Polizistin nicht so richtig die Meinung gesagt hast«, keuchte Frida, die kaum mit ihr Schritt halten konnte, so eilig hatte es Barbara, die Polizeiwache hinter sich zu lassen.
»Ach, sei still, Frida«, entgegnete Barbara gequält.
»Warst du mit dieser Bea befreundet?«
»Nein, wir sind bloß zusammen zur Schule gegangen.«
Frida hatte offenbar noch immer nichts kapiert. »Es sah so aus, als würdet ihr euch recht gut kennen.«
»Ja, wir waren die ganze Schulzeit über in derselben Klasse, und ich will nicht darüber reden.«
»Sie hätte sich ruhig ein bisschen mehr ins Zeug legen können, wo ihr euch doch schon so lange kennt«, murmelte Frida vor sich hin. »Sie hätte die Vorschriften ja nicht ganz so genau nehmen müssen.«
»Ja, möchte man meinen«, sagte Barbara, ohne stehen zu bleiben.
»Ich finde, wir hätten zumindest auf ihr Angebot mit dem Kaffee zurückkommen sollen«, schnaufte Frida, die sich redlich bemühte, das Tempo zu halten.
»Wir treiben schon irgendwo eine Tasse Kaffee für dich auf, okay?«, stöhnte Barbara gedankenverloren.
»Sag mal, müssen wir eigentlich so rennen, Barbara?«
»Meine Güte, Frida, wie sollen wir Mom je finden, wenn wir im Schneckentempo durch die Gegend schleichen?«
Frida zuckte resigniert die Achseln. »Wo gehen wir überhaupt hin? Ich bin nämlich müde, und ich habe keine Ahnung, wo wir noch suchen sollen«, rief sie entnervt, was äußerst untypisch für sie war.
Barbara blieb stehen. Sogleich zog Frida den Kopf ein wie ein kleines Mädchen. Sie rechnete mit dem Schlimmsten. Sie hatte noch nie die Stimme erhoben, wenn sie mit Barbara redete. Wer würde das schon wagen? Doch allmählich raubte ihr Barbara den letzten Nerv.
»Warte mal, wo sind wir eigentlich?« Barbara wirbelte herum und sah suchend nach rechts und links.
Frida blieb ebenfalls stehen und ließ den Blick durch die ungewöhnlich schäbig wirkende Straße wandern. Hier war es merklich schmuddeliger als in den Gegenden, in denen sie sonst verkehrte.
»Hast du denn nicht darauf geachtet, wo wir hingehen?«, fragte Barbara.
»Ich war vollauf damit beschäftigt, dir nachzulaufen!«, empörte sich Frida, und diesmal war es ihr egal, dass sie laut wurde. »Na toll, wir haben uns verlaufen! Großartig. Das hat uns gerade noch gefehlt.« Prompt bekam sie es mit der Angst zu tun.
»Wie kann das sein? So weit sind wir doch noch gar nicht gegangen! Du wohnst seit über zehn Jahren hier in der Gegend, Frida. Bist du denn nie zu Fuß unterwegs?«
»Sehe ich etwa so aus, als würde ich viel zu Fuß gehen?«, rief Frida verärgert und deutete auf ihre drallen
Oberschenkel. Dann drehte sie sich einmal im Kreis und hielt Ausschau nach etwas, das ihr vertraut vorkam.
»Na und? Auch wenn man mit dem Bus fährt, könnte man gelegentlich einen Blick aus dem Fenster werfen, oder?«
»Wenn ich mit dem Bus fahre, habe ich alle Hände voll damit zu tun, auf meine Tasche aufzupassen, aber das kann jemand wie du, der draußen in der Vorstadt wohnt, natürlich nicht wissen. Und wenn wir schon dabei sind – wie kommt es, dass du dich hier nicht auskennst? Du hast doch dein ganzes Leben in Philadelphia gelebt!«
»Aber nicht im Stadtzentrum, sondern in einem Vorort, wie du gerade sehr richtig gesagt hast«, fauchte Barbara und zurrte ihre Goldketten zurecht.
Frida verdrehte die Augen. »Tja, vielleicht solltest du dich nicht immer in deiner Villa verschanzen.«
» Ich mich verschanzen?«, bellte Barbara. »Was redest du da für einen Unfug!«
»Und wenn du nicht so gerannt wärst, dann hätte ich vielleicht auf den Weg achten können. Ich habe dich doch gebeten, langsamer zu gehen!«
»So, ich gehe also zu schnell?«, keifte Barbara. »Frida, bei deinem Schneckentempo haben wir Mom heute vermutlich schon zehnmal verpasst.«
Da sah Frida endgültig rot. Sie musste ihrem Ärger Luft machen, ganz egal, ob Barbara böse wurde oder nicht. Soll sie doch wütend werden, sagte sich Frida.
Der Kopf soll ihr platzen, jawohl! Ich werde sie reizen bis aufs Blut! ICH BRINGE SIE SO RICHTIG ZUR WEISSGLUT!
»NUN HÖR MIR MAL GUT ZU, BARBARA!«, kreischte Frida und schwang drohend den Zeigefinger. »Ich habe endgültig die Nase voll von dir und deiner destruktiven Art, von deinen Klagen und deinem ewigen Gejammer und Genörgel. Seit fünfundfünfzig Jahren höre ich mir das schon an, und jetzt reicht es mir! Deine Mutter sitzt
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