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Wünsche

Wünsche

Titel: Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kuckart
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beim Ellenbogen und ließ ihn wieder los, als er in dem einsamen Mann, der auf der anderen Straßenseite vom Schuhgeschäft zum Blumenladen strich, den Besitzer vom Lottobüdchen zu erkennen glaubte.
    Sie sagte: Der Abend ist nun doch keine Pleite.
    Ihren Namen sagte sie nicht.
    Jedes Mal, wenn sie in helleres Licht traten, sah er ihre Sommersprossen. Sie redeten über Vera, aber er nannte ihren Namen nicht. Denn das, was er sagte, passte nicht mehr zu dem, was er einmal mit Vera gemeint hatte. Eine Stimmung der Unausgesprochenheit hatte immer zwischen Vera und ihm geherrscht, vor allem, als sie schwanger geworden war. Genau darüber redete er jetzt mit einer anderen Frau.
    Er sagte: Sie war mein Pflegekind, bevor wir geheiratet haben.
    Er sagte: Sie hat nie gesagt, von wem das Kind ist.
    Schade, dass sie nicht weiter fragte. Zu gern hätte er einer dritten Person gestanden, dass auch er nie sicher gewesen war, ob er oder wer eigentlich der Vater von Jo war.
    Beim Gehen berührten sich manchmal seine und ihre Oberarme.
    Er sagte: Ich bin sicher, dass sie mich nie betrogen hat. Nicht einmal, als sie noch eine junge Lehrerin und im Alter nicht weit entfernt von ihren Schülern gewesen ist.
    Er sagte: Ab jetzt will ich im Leben nicht mehr wichtig, sondern nützlich sein.
    Schon lange hatte er sich nicht mehr so unterhalten. Eigentlich noch nie. Er schaute sie immer wieder von der Seite an. Sie gefiel ihm. Kein Wunder. Frauen im Allgemeinen gefielen ihm sehr. Sah sie jemandem ähnlich? Nein, ganz und gar nicht. Nur die Haare vielleicht. Hagebuttenrot. Außerdem, eine Frau, die so viele Sommersprossen hatte, hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gekannt.
    Beim Abschied gab er ihr seine Telefonnummer. Franz-Josef Kreitel, sagte er, aber alle nennen mich Karatsch.
    Sie diktierte ihre Nummer.
    Und der Name?
    Salomé, sagte sie, Salomé Schreiner, mit Akzent auf dem e.
    2.
    Am nächsten Tag nach der Squash-Stunde nahm Karatsch nicht den direkten Weg nach Hause. Er fuhr die Bahnhofstraße hinauf, bog zwischen Post und Philatelie Reimann in die Barmer Straße ein und stellte seinen Volvo zwischen vielen freien Parkplätzen auf dem Markt ab. Es war Abend und Haus Wünsche nahezu ausgestorben, als er sich drei Paar Socken aussuchte und dabei trödelte, in der Hoffnung, Salomé Schreiner mit dem Akzent auf dem e zufällig anzutreffen. Denn eigentlich war diese Stadt so klein, dass man sich immer zweimal am Tag traf. Für Salomé Schreiner schien das nicht zu gelten. Vielleicht arbeitete sie viel? Auch nachts? Vielleicht war sie Krankenschwester und hatte Kinder? Vielleicht wohnte sie in einer der kleinen Nachbarstädte, die auch nicht viel größer waren als diese hier? Karatschs Blick fiel auf die kleine Tür beim Personalabgang , die jahrzehntelang nur ein weißer Schatten in der Wand gewesen war, seitdem Großvater Wünsche den Ausgang zum Park hatte zumauern lassen. Gleich nach der Geschäftsübernahme hatte Friedrich die Tür eigenhändig mit einem Vorschlaghammer von Karatsch wieder aufgebrochen und eine Bierbank mit zwei Aschenbechern unter freiem Himmel aufgestellt. Freiheit für die Kippen, hatte er zu Karatsch gesagt, als er tags drauf das Werkzeug in die Agentur zurückgebracht hatte.
    Über Karatschs Kopf drehte sich ein Ventilator gegen eine Sommerhitze, die es nicht mehr gab. Es war der 1.   September. Wir haben hier einen Film gedreht, hörte er wenige Schritte entfernt Fräulein Möller zu einer vereinzelten Kundin sagen. Bei dem Wort Film griff sie sich ins Haar, als seien noch immer Scheinwerfer auf sie gerichtet. Dann zog sie die Kundin am Ärmel eines betongrauen Kostüms, das auf keinerlei entschlüsselbare Interessen oder irgendwelche Begierden schließen ließ, zu einem Ständer mit kurzärmeligen Twinsets und ließ sie echtes Kaschmir befühlen. Herbstware, sagte Fräulein Möller, so wie man Hoffnungsschimmer sagt, nilgrün, indischblau, mohnrot, quellwasserhell. Später entdeckte Karatsch auf dem Weg zur Kasse von Weitem Meret in der Knopfabteilung. Heimlich legte er die Socken auf einem Wühltisch ab, um rasch verschwinden zu können.
    Danke, dass wir am Samstag bei dir mit deinem Computerprogramm schneiden dürfen, sagte jemand dicht neben ihm
    Ach, Friedrich, sagte Karatsch, wie man Ach Scheiße auch sagt. Friedrich sah ihm ins Gesicht, als gäbe es dort nach all den Jahren noch etwas zu entdecken. Karatsch versuchte freundlich und mit der gleichen Neugier zurückzuschauen. Nicht nur er, auch die

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