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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Massagestudio ihn mit einem unauslöschlichen Mal versehen. Als er Charmaine begrüßte, senkte er den Blick und wandte sich dann etwas zu rasch jemand anderem zu. Falls ihr sein Unbehagen auffiel, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken, sondern erkundigte sich gut gelaunt bei Amanda, ob sie ihr mit den Vorbereitungen in der Küche helfen könne. David hingegen wirkte bedrückt und abwesend. Als er Richards Hand schüttelte, bedachte er ihn mit einem langen bedeutsamen Blick.
    Richard saß nun am Kopfende des Tisches und lauschte dem frühabendlichen Geplauder, während die Gäste allmählich in einen abgestimmten Rhythmus fielen. Er fragte sich, warum er in so seltsamer Stimmung war. Nichts schien ihn zu freuen. Die Suppe sah klebrig aus, und der Geruch der Tomaten kam ihm aufdringlich vor. Das Brot schmeckte nach nichts, der Wein war
wässrig und zu säurehaltig in seinem Mund. Ihn irritierte die Art und Weise, wie der Tisch perfekt gedeckt war, jeder Gast die richtigen Utensilien hatte und alle gehorsam darauf warteten, ihr Essen serviert zu bekommen. Sie hätten genauso gut auf ein Prüfungsergebnis warten können. Das Schälchen mit zerstoßenem Pfeffer und Salz kam ihm prätentiös vor. Gewöhnliche Salz- und Pfefferstreuer hätten es auch getan, dachte er, während ihm der Rosen- und Jasminduft übermächtig in die Nase stieg. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her, unfähig, still zu sitzen.
    Zu seiner Rechten hatte Amanda David platziert. Doch ihre Unterhaltung wurde durch zwei Männer gestört, die für beide mehr oder weniger Fremde waren. Rechts von David saß ein älterer Typ namens Rale Garver, dessen allergische und hypernervöse Frau Cynthia Amanda aus dem Fitnessstudio kannte. Richard hatte Garver einmal zuvor auf einer Cocktailparty getroffen, wo er allerdings kaum ein Wort mit ihm gewechselt hatte. Er war Rechnungsprüfer und besaß eine große Finanzinvestmentfirma, ein zurückhaltender Mann, der wenig von sich preisgab.
    Links von Richard zupfte Cynthia gedankenverloren an ihrem glutenfreien Brot. Neben ihr saß Ryno Coetzee, ein selbstbewusster junger Geschäftsmann, der den Abend damit begonnen hatte, allen zu erklären, dass er im »Import-Export-Geschäft« beschäftigt und erst vor kurzem von einer Reise nach China und Taiwan zurückgekehrt sei. Richard hatte Coetzee noch nie zuvor getroffen, fand jedoch seinen betont modischen Haarschnitt und sein großspuriges Auftreten ausgesprochen unangenehm. Coetzees Frau Kristi war ein junges gertenschlankes Ding, das über jeden noch so schlechten Scherz kicherte und dabei immer wieder ihr blondiertes Haar nach hinten warf. Sie trug enge Leggings und ein blaues Top mit Nackenträgern, das sich über ihren
Brüsten dehnte und einen auffallend tiefen Ausschnitt hatte. Richard hatte David dabei ertappt, wie er fasziniert auf den Busen starrte. Er musste seinen Freund auf den Arm tippen, um den Bann zu lösen.
    Coetzee erinnerte Richard an einen italienischen Pornodarsteller, den er aus einem der Filme kannte, die er heimlich aufbewahrte. Obgleich das Selbstbewusstsein des Mannes fast an Arroganz grenzte, besaß er zweifelsohne einen gewissen Charme, vor allem wenn er mit den Frauen am Tisch sprach. Er genoss es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, und zwinkerte immer wieder Kristi zu, was sie jedes Mal in mädchenhaftes Gelächter ausbrechen ließ. Soweit sich Richard erinnern konnte, war der Pornodarsteller in den unteren Regionen ausgesprochen gut ausgestattet gewesen - ein Gedanke, der ihn noch mehr ärgerte, als er beobachtete, wie Coetzee Amanda mit irgendeiner amüsanten Reisegeschichte unterhielt. Sie und Charmaine waren sichtbar von ihm angetan, lachten über seine Witze und bedachten Kristi immer wieder mit neiderfüllten Blicken. Mit den Männern sprach Coetzee über Autos, Golf, seine Investitionen und - mit leiserer Stimme - über die schlanken Körper der Frauen, die in Schanghai die männlichen Hotelgäste beglückten. Cynthia saß zwischen den Männern und wirkte mit der Zeit immer trostloser.
    Auch David schien von Coetzee beeindruckt zu sein. Nur Richard langweilte sich. Er bemühte sich, nicht an seine Erlebnisse auf dem Massagetisch zu denken. Doch sobald er innerlich abschaltete und dem Gespräch am Tisch nicht mehr folgte, kehrte er in Gedanken unweigerlich zu Abayomis Händen zurück. Er wollte mit David über das Erlebte sprechen, schreckte aber gleichzeitig davor zurück, da er befürchtete, in dem Moment, in

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