Wuesten - Tierparadiese unserer Erde
zahlreiche Tiere regelrecht durch den Sand. Dabei müssen sie zum Atmen nicht einmal an die Oberfläche kommen. Die Lücken zwischen den wie Murmeln aneinanderliegenden Sandkörnern enthalten ausreichende Mengen an Sauerstoff. Bis zu einer Tiefe von einem halben Meter ist der Sauerstoffgehalt noch fast so hoch wie an der Oberfläche. Die Sandoberfläche wird durch die ungehinderte Sonneneinstrahlung über Tag stark aufgeheizt. Ab etwa 30 cm Tiefe finden die Tiere jedoch erträgliche Temperaturen vor, die tags und nachts etwa gleich bleiben und auch zwischen Sommer und Winter nur um rd. 10 °C variieren. Allerdings ist die Fortbewegung im Sand, der in solchen Tiefen viel Widerstand bietet, sehr energieaufwendig. Deshalb legen Sandschwimmer größere Strecken lieber dicht unter der Oberfläche zurück.
Die kleine, im Nordteil der Sanddünen besonders häufige Sand-Schildechse (
Angolosaurus skoogi
) ist ein echter Sandschwimmer. Sie schlängelt sich mit angelegten Vorderbeinen durch wellenförmige Bewegungen ihrer kräftigen Hinterbeine und ihres Schwanzes durch den Sand. Außer zur Fortpflanzungszeit im Februar taucht sie nur etwa alle drei Tage an der Oberfläche auf. So entgeht sie am ehesten ihren Feinden, Habichten und Krähen. Wird sie dennoch von einem Feind gestellt, versucht sie, auf den Hinterbeinen rennend, über den heißen Sand zu entkommen.
Der Namib-Goldmull (
Eremitalpa granti namibiensis
) gräbt statt permanenter Gänge sogleich einstürzende Tunnel in den Dünensand. Seine Spezialität ist das Aufstöbern von Insekten und Eidechsen, die sich während der heißen Tageszeit zum Schutz vor der Sonne vermeintlich geschützt eingegraben haben. Die Sand-Schildechse und der Namib-Goldmull sind im Dünenmeer der Namib endemisch, d. h., sie kommen ausschließlich in diesem Gebiet vor. Das seidige Haar des Goldmulls und die glatten Schuppen der Schildechse bieten dem Sand wenig Reibungswiderstand. Auch haben beide Wirbeltiere Lungen, die unter großem Druck arbeiten können.
Die Erfindung des Rads
Die Radspinne
Carparachne aureoflava
aus der Familie der Riesenkrabbenspinnen (Heteropodidae) lebt im Extrembereich der namibischen Sanddünen: an den steilsten Hängen. Hier baut sie bis zu 50 cm lange und mit einer gut getarnten Falltür zu verschließendeGänge. Damit ihr Gang im fließenden Sand nicht sofort wieder verschüttet wird, kleidet sie ihn wie einen Stollen mit Spinnseide aus. Eine Wespe aus der Familie Pompilidae (Wegwespen) hat sich auf die recht große Spinne als Nahrung für ihre Brut spezialisiert. Um ihrem Feind zu entfliehen, hat die Dünenspinne gewissermaßen das Rad neu erfunden. Wird die Spinne von einer Wespe am Sandhang aufgespürt, nimmt sie kurz Anlauf, winkelt ihre Beine an und rollt auf den Gelenken wie ein Rad vom Wüstenwind getrieben die steilen Dünen herab. Die Kugel erreicht dabei mit 44 Umdrehungen pro Minute die Geschwindigkeit von 1 m pro Sekunde. Trotz des guten Geruchssinns der Wespe hat die Spinne auf diese Weise eine gute Chance zu entkommen. Im Gegenzug hat die Wespe allerdings eine alternative Jagdstrategie entwickelt. Kann sie die Spinne nicht durch den Eingang bezwingen, gräbt sie sich von oben zu ihrer Röhre durch. Dazu muss sie oft mehrere Kilogramm Sand wegschaufeln.
Ein Kürbis als Lebensspender
Eine sehr bedeutsame Futterpflanze für die Pflanzen fressenden Tiere der Namib ist die Narapflanze (
Acanthosicyos horridus
). Der Strauch mit den verschlungenen und spitzen Zweigen ist in der Namib endemisch. Vor allem im Sandgebiet des Sossusvlei ist der bis zu 1,5 m hohe, blattlose und extrem dornige Busch zu finden. Die stachlige Frucht ist nicht nur stark wasserhaltig, sondern die darin enthaltenen Samen sind auch reich an Ölen (über 50 %) und Proteinen (über 30 %). So hat sich die im südlichen Afrika weit verbreitete Afrikanische Striemengrasmaus (
Rhabdomys pumilio
) auf dieses Wasser speichernde Kürbisgewächs als Hauptnahrung spezialisiert. Der Busch liefert ihr mit seinen bis zu 20 cm großen, melonenartigen Früchten nicht nur Nährstoffe und Wasser, sondern wird zugleich als Schutzraum genutzt. Auch die Südafrikanische Zwergrennmaus (
Gerbillurus paeba
) kann ihren hohen Energiebedarf mit den ölhaltigen Samen der Narapflanze decken. Daneben fressen zahlreiche weitere Säugetiere wie Stachelschweine, Oryxantilopen und Giraffen das Fruchtfleisch. Da sie einen Großteil der Samen unzerkaut lassen, tragen sie sogar wesentlich zur Verbreitung der
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