Wuestenmond
ohne Ende, zeigte sich im Antlitz der Sterne. Sie zündeten einander an wie wandernde Fackeln. Wir lagen entspannt und glücklich auf dem Schlafsack, das Feuer knisterte, und Elias sprach von den Frauen.
»Wir sagen, einer Frau kann nichts verboten werden. Sie tut, was sie will. Das Mädchen wählt seine Liebhaber frei und unabhängig. Je mehr Liebhaber sie hat, desto begehrter wird sie. Denn schließlich –
welcher Mann will eine Frau, auf die kein anderer abfährt? Nein, der Mann muß zu sich selbst sagen: ›Sie ist wirklich ein Juwel, zu kostbar für mich. Sie wird mich nie ansehen; es ist vermessen von mir, das zu glauben. Noch bin ich für sie so etwas wie ein Wurm auf Erden.‹ Er wird sich also mächtig anstrengen, um ihre Liebe zu gewinnen. Gelingt es ihm, wird er von allen beneidet und bewundert.
Das ist die Aufgabe der Frau: den Mann zu unterweisen, zu fördern und ihn zu einer Verfeinerung der Sitten heranzubilden.«
Ich lächelte in seinen Armen.
»Dazu sage ich nicht nein.«
»Würdest du mich verlassen?« fragte er.
Ich schloß die Augen.
»Sieh mich an«, sagte er.
»Ich sehe dich mit geschlossenen Augen.«
Er knabberte an meinem Ohrläppchen.
»Das kann nicht sein.«
»Doch, ich sehe dich besser.«
»Antworte!« sagte er zärtlich.
Ich öffnete die Augen.
»Du weißt doch, ich muß nach Frankreich zurück. Ich habe, genau wie du, eine Menge zu tun.«
»Das spielt keine Rolle«, sagte er. »Ich werde auf dich warten.«
»Das wird für dich ein Full-time-Job.«
»Es ist mir gleich«, sagte er. »Ich liebe dich.«
Ich würde nie wieder in die Wirklichkeit zurückkehren, in meine einfache, prosaische, vertraute Wirklichkeit. Elias hatte etwas in mir verändert. Unser Verhältnis mochte ganz anders geartet sein als das, welches für gewöhnlich zwischen Partnern entsteht.
Eine solche Beziehung war für Elias weniger neu als für mich. Die Tuareg können damit gut umgehen. Die Karawanen sind oft monatelang auf Reisen. Frauen und Männer haben Zeit, von der 282
Liebe zu träumen, sie werden nicht ungeduldig dabei. Der Mann denkt an die Frau wie an ein fernes, wunderbares Wesen, das in seinem Zelt auf ihn wartet. Eifersucht gilt als unschicklich, als ein Mangel an Selbstbeherrschung sozusagen. Der Umgang zwischen Frauen und Männern vollzieht sich im Hochgefühl großer Freundschaften, sie kennen das intime Glück des Vertrauens. Keiner von ihnen weiß, was der andere in seiner Abwesenheit sagt oder tut, aber der Verzicht, die Entfernungen treiben Wünsche und Illusionen hervor, aus denen sich die Liebe nährt. Es ist eine Art Liebe, die ich gelten lassen konnte.
Ich sagte zu Elias:
»Ich möchte nicht, daß du traurig bist.«
»Ich werde es nicht sein. Du hast es selbst gesagt: Wir kämpfen beide, jeder an seinem Platz. Und wenn es geht, kommen wir zusammen…«
»Würdest du so leben können?«
Seine Hand wanderte meinen Hals entlang, strich über meine Brüste.
Kleine heiße Wellen flackerten in meinem Unterleib auf.
Er sagte sehr leise:
»Siehst du für uns eine andere Möglichkeit?«
Ja, vielleicht war es denkbar, auf diese Art zu leben und sich zu lieben. Vielleicht konnte unser zukünftiges Verhältnis so werden, wie er sagte, ein Zusammenleben in lebendiger Freiheit, in tiefem Vertrauen. Vielleicht konnte auf diese Weise eine Liebe entstehen, die uns mehr gab als eine konventionelle Liebe, weil sie jedem von uns seine eigene Welt, seine eigene Aufgabe beließ. Die Erkenntnis blitzte in mir auf wie ein Lichtstrahl, der plötzlich durch ein Unterholz fällt und ganze Teile des Waldes erleuchtet. Ein Gefühl von froher Leichtigkeit erfaßte mich. Ich lachte Elias an. Er lag auf dem Rücken. Ich wälzte mich auf ihn, packte seine Hüften, die sofort nach mir stießen. Ich spreizte mich, zog ihn tief in mich hinein, lenkte sein Vordringen durch die dunklen Schichten meines Körpers.
Ich legte die Hand auf meinen Unterleib, spürte in mir durch die Haut das Pulsieren der Lust, das von diesem Zentrum aus bis in die Hüften, Schenkel und Knie strahlte. Elias stöhnte leise. Ich neigte mein Gesicht, bis mein Mund den seinen berührte. Sein Leib unter mir spannte und entspannte sich in wellengleichen Bewegungen. Ich flüsterte rauh:
»Wir können ja mal darüber nachdenken…«
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27. Kapitel
A ls ich erwachte, leuchtete der Himmel wie pures Gold. Vögel sangen in den Büschen. Zweige knisterten im Wind. Mein Gesicht war feucht vor Kälte. Allmählich kehrte das Gefühl in
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