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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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trafen sich; das Weiße seiner Augen war leicht gerötet. Mit langsamer Bewegung zog er seinen Schleier hoch, verbarg seinen Schmerz.
    Wir gingen weiter, kamen an dürren Akazien und an der Wasserstelle vorbei; jenseits des fauligen Tümpels wanderten die Kamele auf der Suche nach Nahrung. Ein Dutzend Tiere, an den Vorderfüßen gefesselt. Zwei Kamelfüllen, weiß, fast 327
    aprikosenfarben, mit ganz fein gelocktem Fell, stakten auf zierlichen Beinen neben den Müttern her. Einige Hirten überwachten die Tiere.
    Es waren schlanke Halbwüchsige, die noch keinen Gesichtsschleier trugen. Die Gandura aus dünner Baumwolle wehte um ihre dünnen Körper. Ihre Gesichter waren schmal, ebenmäßig und von eigenartiger Schönheit; eine Schönheit aus fernen Zeiten, so kam es mir vor. Ich konnte ihre Gesichtszüge mit keiner der mir bisher bekannten Menschengruppen in Verbindung bringen. Sie zeigten mir stolz das Brandzeichen, die das Tier als Eigentum der Taitok kennzeichnete, am Vorderbein rechts angebracht. Das rätselhafte Symbol glich einem U und einem I; auch Elias wußte nicht, was dieses Zeichen darstellte.
    »Wir leben in einer Welt von Symbolen und Bildern; die meisten sind so alt, daß wir ihre Bedeutung vergessen haben. Und jede Generation von Tuareg erfand neue dazu, so daß sie nicht mehr erklärbar sind.«
    »Was für eine Zukunft sollen diese Jungen haben, Elias?
    Straßenarbeiter? Lastwagenfahrer? Hast du davon irgendeine Vorstellung?«
    Ein Blick aus seinen müden Augen traf mich.
    »Ich habe die feste Absicht, das zu ändern. Es ist mir schrecklich ernst damit.«
    In seiner Seele lebte eine tiefe Anhänglichkeit an die anderen, an das Ganze. Immer klarer wurde mir, wie sehr er sich gegen Ungerechtigkeiten wehrte, dagegen, daß diese Menschen gefährdete Einzelgänger wurden, elend und hilflos zwischen den Zeiten irrend.
    Er wußte ja, was sie verloren hatten.
    »Jetzt sollte man optimistisch sein«, sagte ich.
    »Du denkst, ich bin verrückt?«
    »Das wäre nicht so schlimm. Dein Fall ist komplizierter.«
    »Und zwar?«
    »Egal, wie du es anstellst«, brummte ich, »du hast das Zeug zum Märtyrer.«
    Er lächelte, wie Tuareg das tun, als ob sie ein Tuch über Wunden ziehen würden, weil sie sich schämen, daß man sie sieht.
    »Nichts derart Großartiges«, meinte er.
    Mittagshitze lastete über dem Tal; wir zogen uns in die Seriba zurück, die Hannon und Sakina uns mit stillschweigender Selbstverständlichkeit überlassen hatten. Der kahlgeschorene Junge brachte uns eine Schüssel mit Hirse, die mit der üblichen roten 328
    Pfeffersauce angerichtet war. Fleisch war nicht mehr vorhanden.
    Elias erklärte mir, daß Sakina uns das Essen schickte, aus Höflichkeit aber das Mahl nicht mit uns teilte.
    »Sie wird vermutlich hungern, damit genug für uns da ist«, meinte er. Als wir gegessen hatten, brachte der Junge frisch gespülte Gläser und eine Blechkanne mit heißem Tee. Über der Hütte flimmerte der Himmel wie eine leuchtende Kuppel; das ferne Prasseln des kleinen Feuers, das Flüstern des Schilfes im Durchzug, war ein Teil des großen Friedens dieser Mittagszeit. Und ebenso körper- und schwerelos klangen unsere Stimmen, doch unsere Gedanken waren bitter.
    »Fast alle, die hier leben, sind krank«, sagte Elias. »Rheuma, Augenkrankheiten, Epilepsie, Tuberkulose. Aber so sind wir eben; die Kränksten von uns sehen aus, als ob sie ewig leben würden.«
    Ich erzählte Elias von der Frau mit ihrem mißgestalteten Kind, und daß sie sich vor mir versteckt hatte.
    »Du hast sie auch gesehen« , erwiderte er bedrückt. »Und es ist kein Einzelfall, wie ich dir sagte. Die Eltern schämen sich, weil wir ein Volk sind, das Wert auf körperliche Schönheit legt.«
    »Eine Hasenscharte kann man operieren, das ist keine große Sache, auch nicht in Algerien«, meinte ich.
    Er erwiderte dumpf:
    »In In-Guezzam hat die Mutter ihre Kleine zur medizinischen Versorgungsstation gebracht. Da hat sie stundenlang gewartet, bis sie vor Hunger ohnmächtig wurde und sich den Kopf anschlug. Sie blutete, aber gab nicht auf. Saß an der gleichen Stelle. Schließlich kam sie an die Reihe. Der Arzt sah sich die Kleine an und sagte, da sei nichts zu machen.«
    Ich legte den Kopf an Elias’ Knie. Mir war elend zumute.
    »Weil ihn die Mutter nicht bezahlen konnte?«
    Er streichelte zärtlich mein Haar.
    »Es ist nicht nur die Hasenscharte, siehst du. Das kleine Mädchen wurde ohne Arme geboren.«
    Ein Frösteln überlief mich.
    »Wird

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