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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Die Frauen benutzen meistens Benzinkanister.«
    Für die Alteren waren unter einem Sonnenschutz aus verblichenen roten Ziegenhäuten Teppiche ausgerollt und Kissen herbeigescha fft worden. Ich sah zu, wie Hannon die Gäste empfing, wie Grüße und Gegengrüße getauscht wurden, und sagte zu Sakina:
    »Er sieht wundervoll aus!«
    Sie lächelte; doch gleichzeitig glitt ein Schatten über ihr Gesicht. Ich 333
    sah, wie ihre Augen sich trübten.
    »Ja«, sagte sie mit einem Anflug von Trauer. »Mein Alter sieht heute so aus, wie er in einer glücklicheren Zeit aussah. Und es ist mir lieb, ihn noch einmal so zu sehen.«
    Während die Reiter das Zaumzeug ihrer Tiere untersuchten und die Sattelgurte enger zogen, setzten sich die jungen Frauen im Kreis um die Trommel. Sie zupften ihre Kleider zurecht, legten die Schleier in anmutige Falten. Elias drückte meine Hand. Seine Augen funkelten übermütig.
    »Willst du dich zu ihnen setzen?«
    Ich schüttelte lachend den Kopf.
    »Ach, Elias! Ich kann weder trommeln noch singen.«
    »Das macht nichts.«
    Er führte mich zu den Frauen, die sofort zusammenrückten, um mir Platz zu machen. Ich dankte ihnen und ließ mich mit untergeschlagenen Beinen in ihrem Kreis nieder. Ich kam mir etwas unbeholfen vor. Die Frauen betrachteten mich mit einer Mischung aus Neugierde und herzlicher Zuneigung und besprachen unbekümmert untereinander alles, was ihnen an mir auffiel. Eine rieb den Stoff meines T-Shirts zwischen den Fingern, eine andere strich über die Nähte meiner Hose. Natürlich wußten sie, wer ich war, man hatte es ihnen gesagt. Sie bemerkten mein Brustgeschmeide und brachen in überraschte Ausrufe aus. Ich erklärte ihnen, daß ich den Terout von Zara hatte.
    »Zara ult Akhamuk«, wiederholte ich, »meine Großmutter.«
    »Zara, Zara!« wisperten sie erregt, nickten mir ehrfurchtsvoll und bewundernd zu. Mit der Mischung aus Unbefangenheit und Koketterie, die den Tuaregfrauen eigen ist, zogen sie mich in ihren magischen Kreis, daß ich Tamahaq sprach – wenn auch nur in vereinfachter Form –, entzückte sie. Ihre Haut schimmerte olivenfarben, goldgetönt oder hell wie Elfenbein. Die Gesichter waren oval; alle hatten sie eine hochgewölbte Stirn, feingeschwungene Nasen mit engen Nasenlöchern, lange, dunkle Wimpern und volle Lippen. Die Frauen trugen Armreifen, Ringe, die üblichen rautenförmigen Anhänger und Ketten aus Karneol. Das Haar hatten sie in Zöpfen geflochten, die Handflächen waren mit Henna gerötet. Die indigogetränkten Stoffe hatten auf Stirn, Wangen und Lippen jene blauen Spuren hinterlassen, die bei den Tuareg als besonders attraktiv gelten. Mir kam der alte Ausdruck »blaues Blut«
    in den Sinn, und ich fragte mich, ob womöglich ein Zusammenhang 334
    bestand. Erst auf den zweiten Blick fiel mir auf, daß ihre Wangen zu hohl, ihre Arme zu mager und leicht verkrümmt waren. Manche husteten; sie waren offensichtlich lungenkrank. Die einseitige Ernährung, Kalkmangel, die eisigen Nächte richteten Schäden an, die ohne frühzeitige Behandlung in chronische Beschwerden ausarteten.
    Ich sagte ihnen, wie ich hieß, und bat sie, mir ihren Namen zu nennen. Eine junge Frau mit vollendet ebenmäßigem Gesicht deutete verschmitzt auf sich selbst.
    »Torha.«
    Ich wiederholte ihren Namen. Sie neigte lächelnd den Kopf, zeigte auf ihre Gefährtinnen. »Manama. Kella. Hinani. Kijara. Dascha.
    Belata.«
    Die Namen klangen wie Musik; ich sprach sie mehrmals aus, versuchte sie mir einzuprägen. Mir war aufgefallen, daß einige Frauen ihren Aleschu – den langen blauen Schleier – entfernt und dünne Baumwollschals locker um ihre Flechten geschlungen hatten.
    Plötzlich wühlte Torha in ihrem Gewand, brachte ein Tuch zum Vorschein, grün und silberdurchwirkt, das sie mir mit nachdrücklichem Mienenspiel reichte. Ich sollte jetzt mein Haar verhüllen. Ich tat ihr den Gefallen; als ich aber das Tuch unter dem Kinn festknoten wollte, brachen alle Frauen in schallendes Gelächter aus. Sie schüttelten den Kopf, machten verneinende Zeichen. Unter allgemeiner Heiterkeit beugte sich Torha zu mir herüber, löste den Knoten und schlang das Tuch ganz locker um meinen Kopf, wobei sie geschickt die Falten ordnete.
    »So ist es gut!«
    Die Frauen nickten zufrieden, lachten bedeutungsvoll und riefen mir Neckereien zu, die ich kaum verstand, da sie mit Wortspielen vermischt waren und offenbar einen anzüglichen Doppelsinn hatten.
    Ich kam mir dabei recht einfältig vor; sie waren viel zu

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