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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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nahm die Schüssel, klemmte meinen Waschbeutel unter den Arm und ging nach draußen. Ohne daß jemand Notiz von mir nahm, setzte ich mich abseits, wusch und kämmte mich. Die Felswand leuchtete kupfern in der Morgensonne, die Luft im Tal war kühl und klar, Vögel sangen in den Büschen. Ich wechselte die Unterwäsche, Socken und T-Shirt. Erst dann trat ich zu den Nomaden ans Feuer.
    Hannon begrüßte mich mit einem wohlwollenden Kopfnicken. Sein Schescb war auf besondere Art über die Stirn gezogen; bei seinem Anblick mußte ich an einen dunkelpolierten, mächtigen Baumstamm denken. Als ich ihn begrüßte, ging in seinen Augen ein Lächeln auf.
    Er gab ein Zeichen. Einer der Männer reichte mir einen Becher Tee und ein Stück Tagella. Trotz der Frühe hatte Elias seinen Schesch sehr sorgfältig geknüpft, ohne jedoch sein Gesicht zu bedecken, während alle anderen nach alter Sitte das Glas unter ihrem Schleier zum Mund führten. Nach einer Weile brach Hannon das Schweigen.
    »Ihr sollt heute noch unsere Gäste sein. Einige Familien vom Stamm der Kel Taoudeni lagern unweit von hier. Ich habe ihnen einen Boten geschickt. Die Frauen und Mädchen können singen; einige sind wirklich sehr schön. Du glaubst mir nicht, Elias? Du wirst ja sehen.
    Und ein paar junge Männer tragen den Tagelmust. Bei uns sind alle weg oder zu jung. Und wir haben nicht genug Mehara. Aber vielleicht sehe ich nicht gut genug. Vielleicht sind sie da… und ich sehe sie nicht. Sakina wird sagen, daß ich ein geschwätziger Alter bin. Deshalb will ich nicht mehr viele Worte machen.«
    Er hat wirklich Stil, dachte ich. Das schwarze Gewand, die tiefbraun gegerbte Haut unter dem Schleier, seine Unbeweghchkeit, all dies verstärkte den Eindruck von Unerschrockenheit und Stärke, der wie ein dunkles Strahlenfeld von ihm ausging. Doch da begegnete ich seinem Blick. Fassungslos und erschüttert entdeckte ich in seinen gefurchten Augenwinkeln eine feuchte Spur. Ganz langsam schloß er die Lider und hielt sie, nur einen Atemzug lang, fest zusammengepreßt. Dann erhob er sich mit einer einzigen leichten Bewegung. Wie ein ganz junger Mann, dachte ich und folgte ihm mit den Blicken, wie er sich aufrechten Ganges aus dem flackernden Kreis des Feuers entfernte. Ich fühlte mich plötzlich unendlich traurig.
    Elias sagte mir, daß die Reiterspiele erst am Nachmittag stattfinden würden. Wir hatten also nichts anderes zu tun, als zu warten. Wir 326
    wanderten an den armseligen Hütten vorbei, hörten, wie die Mütter, damit wir ungestört blieben, ihre neugierigen Kinder leise zurückriefen.
    »Was Hannon sagt, stimmt«, erklärte mir Elias. »Nur junge Leute, die den Gesichtsschleier tragen, dürfen am Iljugan teilnehmen. Aber die meisten haben den Klan verlassen. In den Elendslagern von Agades, Arlit und Tschirozerine finden sich Tausende von jungen Tuareg ein. Sie leben von Almosen, schlafen in Pappkartons. Sie kommen von überall her, sind in den Listen der Arbeitsuchenden eingetragen und belagern die Vermittlungsstellen. Sie werden systematisch abgewiesen.«
    Wir wanderten durch das Lager; schmerzvoll nahm ich die verkommenen Hütten wahr, die kümmerlichen Herdfeuer, von dürren Zweigen genährt. Und gleichzeitig bewunderte ich das ruhige Kommen und Gehen der Nomaden, ihre gelassene und gleichzeitig flinke Art, ihre täglichen Arbeiten zu verrichten. Wer allein sein wollte, zog sich zurück, und man ließ ihn in Ruhe. Menschen, die etwas zu besprechen hatten, traten einfach einige Schritte beiseite und unterhielten sich mit leiser Stimme, und keiner versuchte, ihrem Gespräch zu lauschen.
    Eine alte Frau, der das zerlumpte Gewand um die staubigen Waden hing, führte Ziegen zur Tränke. Die langhaarigen, erschreckend mageren Tiere sprangen leichtfüßig durchs Geröll, ihre kleinen Hufe trommelten auf die Steine, und ihr Meckern erfüllte die Morgenstille.
    Eine zweite Hirtin, die gerade eine Ziege molk, winkte uns herbei und bot mir eine Schüssel Milch an. In der Milch schwammen Fliegen. Für diese Menschen gehörte die Milch zu dem Kostbarsten, was sie hatten; noch kostbarer jedoch war ihr Stolz. Ich schob die Fliegen behutsam auf die Seite und trank einen kleinen Schluck. Die Milch schmeckte warm und fettig, aber durchaus angenehm. Als ich Elias die Schüssel reichte, zuckten seine Lider, als blendete ihn die Sonne. Er zog seinen Schleier herunter und trank ebenfalls, bevor er der Frau mit höflichen Dankesworten das Gefäß zurückgab. Unsere Blicke

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