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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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richtig sind.
    Die Frauen ließen sich Zeit, lachten wie junge Mädchen, ordneten jeden Faltenwurf. Ihr Antlitz mochte grau und zerfurcht sein, aber sie hatten noch immer das gewisse Funkeln in den Augen. Das erlosch nie.
    Den Pulverkaffee gab ich Matali. Er zeigte sich hocherfreut: Pulverkaffee war hierzulande ein Luxus. Aber auch die Aspirintabletten kamen gut an. Wüstenbewohner sind die größten Pillenschlucker und haben eine Vorliebe für Injektionen. Nützt es nichts, kann es auch nichts schaden, lautet ihr Credo.
    Inzwischen trug Matali ein mit glühenden Kohlen gefülltes Becken heran, dann eine Dose Tee, den Wasserkessel, zwei kleine Blechkannen und ein großes ziseliertes Kupfertablett, auf dem vier mit einem Handtuch bedeckte Gläser standen. Schwerfällig und zufrieden kauerte er sich nieder, mischte den Tee und schlug den Stockzucker mit einem Kupferhämmerchen in kleine Stücke. Bald kochte das Wasser. Matali fügte dem Teepulver eine Handvoll frischer Minzblätter hinzu, bevor er alles mit siedendem Wasser übergoß. Dann schwenkte er die Kanne in vorsichtigen Bewegungen.
    Er hatte genau im Gefühl, wie lange der Inhalt ziehen mußte. Er gab 80
    ein fast faustgroßes Stück Zucker hinein, ließ die Kanne noch einmal rotieren. Dann goß er etwas Tee in sein eigenes Glas, nippte daran; der Tee schien kräftig genug, aber es fehlte noch Zucker. Wieder wurde ein Stück abgeschlagen und die Kanne geschwenkt. Endlich war Matali zufrieden. Er ließ den goldgrünen Tee in die Gläser sprudeln. Dann hielt er Zara das Tablett hin; ihre knochigen Finger mit den vom Henna geröteten Kuppen reichten mir das erste Glas.
    Die Zubereitung des Tees hatte sie Matali überlassen, aber die anmutige Geste gehörte zu ihren Pflichten als Gastgeberin. Ich führte das Glas vorsichtig an die Lippen. Wir tranken den Tee, der schaumig und wunderbar süß war, wobei Matali seinen Schleier nach alter Sitte mit zwei Fingern lüftete. Auch bei dem alten Mann war es eine Geste von erstaunlicher Eleganz. Inzwischen fragte Zara nach Olivia.
    »Wie geht es ihr? Ich habe viele Male an sie gedacht. Ist sie…
    wieder glücklich geworden?«
    Sie ließ mich nicht aus den Augen. Ich hielt ihrem Blick stand.
    »Manchmal, dann und wann. Wie es kommt…«
    Sie spielte zerstreut mit ihrem Schal.
    »Ja, wie es kommt. Ich bin froh für Olivia. Sie war damals sehr krank. Hat sie mit dir darüber geredet?«
    »Ein wenig, ja.«
    Sie lehnte sich an die Wand zurück.
    »Sie lag in der Seriba und erkannte mich nicht. Vielleicht versuchte sie sich zu erinnern, wer sie war und was sie hier machte. Seit Tagen hatte sie keinen Bissen zu sich genommen. Sie hustete im Schlaf, war nur noch Haut und Knochen. Da holte ich meinen Imzad und spielte für sie. Im Lager wurde getuschelt. Viele verstanden das nicht. Mein Sohn war gerade tot, und ich machte Musik! Aber Olivia war in Gefahr. Ich wußte, daß sich Chenani nach ihr sehnte, daß er sie zu sich ins Grab zu ziehen versuchte. Tote können so etwas tun, und wer weiterleben will, muß sie wegschicken. Olivia war nicht imstande dazu. Aber sie hatte ein Kind und durfte nicht sterben. Und so spielte ich für sie, mit blutendem Herzen. Da geschah ein Wunder: Sie öffnete die Augen und erkannte mich. Wußtest du, Tamara, daß Musik heilen kann? O ja, vergiß das nie! Der Imzad hat Mächte in sich, weil jedes Mädchen ihn anfertigt, wenn es zur Frau wird. Der Imzad wird ein Teil von ihr, ein Teil ihrer Kraft. Sie fühlt den Moment, wenn der Imzad erwacht. Der richtige Moment, um mit ihm zu sprechen. Sie sagt: ›Du bist mein Freund, du wirst wissen, 81
    wen ich liebe, wer mir weh tut, warum ich glücklich bin, warum ich weine…‹ ›Spiel!‹ sagte ich zu Olivia.
    Ich half ihr, sich aufzurichten. Sie war so schwach, daß ich sie stützen mußte. Ich legte das Instrument auf ihre Knie. Sie streichelte verträumt die Saite. ›Spiel!‹ wiederholte ich.
    Sie nahm den Imzad in den angewinkelten Unterarm. Sie wußte, wie sie ihn zu halten hatte. Ich führte zuerst ihre Hand, weil ihre Finger so zitterten. Der erste Ton, der aufstieg, schien aus einer anderen Welt zu kommen, aus der Welt der Schatten. Aber er brachte Hoffnung, brachte Leben. Allmählich wurde der Strich so klar, so durchsichtig, daß mir vor Erregung und Schmerz die Tränen kamen.
    Später ließ ich ihr eine Schale Milch bringen. Olivia trank die Milch; sie war ganz frisch, von einer jungen Kamelstute, die gerade ein Fohlen geboren hatte. Und so kam

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