Wuestentochter
draußen warteten, musterten die beiden Anführer einander mit vorsichtigem Respekt. Nachdem er Abd al-Aziz formell für seinen Beitrag zu Bilals Rettung gedankt hatte, schickte Saladin zwei Mamluken los, um einen Lagerplatz für die Beduinen zu suchen, dann klatschte er in die Hände und verlangte Tee.
»Wirst du nun hier bei uns bleiben oder in den Süden zurückkehren, nachdem du deinen entlaufenen … äh …«
»Ich habe Bilal immer als Sohn betrachtet, auch wenn ihm das vielleicht nicht bewusst war«, erwiderte Abd al-Aziz ruhig. »Und das tue ich jetzt mehr denn je.«
Obwohl die Antwort dem Sultan galt, sah er Bilal an, während er sprach. Bilal nickte stumm, dabei fragte er sich, ob er wohl zeit seines Lebens wie ein Mädchen mit den Tränen zu kämpfen haben würde, wenn jemand ein freundliches Wort an ihn richtete.
Abd al-Aziz lächelte ihm flüchtig zu, dann wandte er sich wieder an Saladin. »Es wäre mir eine Ehre, mich deiner Armee anschließen zu dürfen. Ich wäre schon früher gekommen, aber gewisse persönliche Angelegenheiten …« Sein Gesicht verdunkelte sich, was Bilal verriet, dass er von seinem Bruder sprach. »Gewisse persönliche Angelegenheiten haben mich aufgehalten. Doch ich hoffe, dass die Männer, die ich dir geschickt habe, dir gute Dienste erwiesen haben.«
Obwohl es unwahrscheinlich schien, dass sich der Befehlshaber einer so riesigen Armee an eine kleine Schar Beduinenkrieger erinnerte, zweifelte Bilal nicht an Saladins Aufrichtigkeit, als dieser antwortete: »Sie sind unerschrockene und geschickte Kämpfer, Scheich. Ich danke dir, dass du sie mir überlassen hast.«
Während sie ihren Tee tranken, unterhielten sich die beiden Männer über Belanglosigkeiten, dann meinte der Sultan: »Ich nehme an, du hast mit Bilal viel zu besprechen. Ich möchte euch daher nicht länger aufhalten.«
Abd al-Aziz verstand, dass er entlassen war. Er verneigte sich und zog sich zurück, während Salim auf Wunsch seines Vaters im Zelt zurückblieb. Bilal und der Scheich folgten dem Mamlukenwachposten, der draußen auf sie wartete, um sie zu ihrem Lagerplatz zu führen. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, bis Bilal endlich die richtigen Worte fand, um es zu brechen.
»Halte mich bitte nicht für undankbar … aber ich frage mich, warum du eigentlich nach mir gesucht hast.«
Abd al-Aziz zögerte einen Moment mit der Antwort. »Was ich zu dem Sultan gesagt habe, entspricht der Wahrheit, Bilal«, sagte er dann. »Du warst wirklich immer wie ein Sohn für mich. Als ich erfuhr, dass du mit Numair fortgegangen warst, wusste ich, dass etwas nicht stimmen konnte. Deshalb habe ich mich sofort, nachdem es mir gelungen ist, meinen Bruder loszuwerden, auf die Suche nach dir gemacht.«
»War es so schlimm?«
Abd al-Aziz seufzte. »Nicht schlimmer als sonst auch, obwohl er diesmal hartnäckiger war - aus reiner Bosheit, wie ich vermute. Abd al-Hadi hat mir schon immer die Schuld an seinen Problemen gegeben und im Fall des Verschwindens seines Sohnes natürlich keine Ausnahme gemacht, zumal es für ihn sehr ungelegen kam.«
Bilal holte tief Atem, dann nahm er all seinen Mut zusammen und stellte Abd al-Aziz die Frage, die ihn am meisten bedrückte. »Wie geht es meiner Mutter?«
Der Scheich zuckte kaum merklich zusammen, was Bilal nicht entging.
»Was ist?«, drängte er. »Ist ihr etwas zugestoßen?«
»Aber nein«, beharrte Abd al-Aziz eine Spur zu betont. »Es geht ihr gut.«
Bilal musterte ihn eindringlich. Abd al-Aziz vermochte seinem Blick nur einen Moment lang standzuhalten, dann senkte er den Kopf. »Du verschweigst mir doch etwas«, bohrte Bilal weiter. »Bitte sag mir die Wahrheit.«
»Ich versichere dir, dass es ihr gut geht, Bilal«, wiederholte Abd al-Aziz. »Sie hat sich nur furchtbare Sorgen um dich gemacht. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du dich bald mit eigenen Augen davon überzeugen, denn ich habe einen Boten zu ihr geschickt, der ihr ausrichten soll, dass ich dich gefunden habe. Sie wird sich auf den Weg zu uns machen, sobald sich ein Pferd für sie findet.«
Bilal war überzeugt, dass der Scheich ihm immer noch nicht alles gesagt hatte, beschloss aber, es für den Augenblick dabei zu belassen. »Woher wusstest du, wo du mich suchen musstest?«, fragte er.
Sichtlich erleichtert, das Thema ›Zeyneb‹ vorerst fallen lassen zu können, kicherte Abd al-Aziz leise. »Es gibt nicht viele blauäugige ghuzat in Oultrejourdain und noch weniger, die für Saladin kämpfen
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