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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Bilal abstieß. Zudem wurden seine Züge jetzt durch eine wurzelähnliche Ader entstellt, die auf seiner Stirn zu pochen begonnen hatte, als er Bilals Identität erfuhr. Das Schlimmste jedoch waren seine Augen. Sie schimmerten so leuchtend blau wie das Meer unter einem Hitzeschleier - die Art von Augen, die sie unverkennbar als Verwandte auswiesen und die Bilal sein ganzes Leben lang gehasst hatte, weil sie von fremdem Blut zeugten.
    »Was soll das heißen?«, fragte de Ridefort, der seine Wut offenbar nur mühsam zügelte. Er sprach Arabisch ebenso fließend wie de  Mailly, aber mit einem ganz anderen Akzent: schroff und abgehackt, mit übermäßiger Betonung der Vokale.
    »Ich denke, das liegt auf der Hand.« Numair nahm, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch Platz. »Wir sind mit unseren Verhandlungen in eine Sackgasse geraten - aus der ich jetzt einen Ausweg gefunden habe, wenn ich mich nicht sehr irre.«
    De Ridefort lächelte kalt. »Eine kleine Erpressung? Wie originell. Aber du hast Pech, ich habe keinen Sohn.«
    Numair stützte einen Ellbogen auf den Tisch, legte eine Wange lässig in seine Handfläche und musterte de Ridefort. Falls er den Großmeister dadurch einschüchtern wollte, misslang der Versuch, denn dieser hielt dem Blick unverwandt stand. »Vor vielen Jahren«, fuhr Numair fort, »siebzehn, würde ich sagen, verbrachtet Ihr einige Zeit in Antiochia. Während Eures Aufenthaltes dort verheiratete Sultan Saladin seine Nichte - ein Mädchen, das in seinem Haushalt aufgewachsen und dem er sehr zugetan war - mit einem seiner umara. Sie war vierzehn Jahre alt und anscheinend eine Schönheit. Ihr Name lautete Zeyneb bint Ibrahim al-Ayyubi.«
    De Ridefort zuckte unwillkürlich zusammen, was Numair nicht entging. Er lächelte böse. »Wie ich sehe, erinnert Ihr Euch an sie. Ihr wisst auch sicher noch, dass die Ehe unter keinem guten Stern stand. Zeynebs Mann war wesentlich älter als sie. Er pflegte sie aus Eifersucht zu schlagen, wie das alte Männer junger Frauen häufig tun. Wie ich hörte, war er ein sehr grausamer Mensch. Nun, eines Tages weinte sie im Garten, weil er sie wieder einmal erbarmungslos geprügelt hatte, und als sie auf blickte, sah sie einen fränkischen Ritter, der sie beobachtete. Er sei ins Haus gekommen, um ihren Mann zu treffen, sagte er, und habe sich in den Gängen verlaufen. Dann fragte er sie, warum sie weinte, und sie fühlte sich so elend, dass sie ihm ihr Herz ausschüttete. Um eine lange Geschichte kurz  zu halten - als er ihr anbot, sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien, willigte sie ein.
    Aber Zeyneb war nicht dumm, sie wusste, was der weiße Mantel des Ritters zu bedeuten hatte. Doch sie war auch noch sehr jung, und ich denke, wie jedes junge Mädchen war sie davon überzeugt, die Liebe würde am Ende siegen. Sie irrte sich. Nach einer Woche ließ der Ritter sie mit einem Beutel Silber und dem strikten Befehl zurück, kein Wort über diese Affäre zu verlieren. Täte sie es doch, drohte er, so würde er sie augenblicklich zu ihrem Mann zurückschicken, der sie natürlich wegen Ehebruchs zu Tode steinigen lassen würde.«
    Numair hielt inne, um die Wirkung seiner Geschichte auf seine Zuhörer zu beobachten. De Ridefort starrte ihn mit unverhohlenem Abscheu an. Bilal war weiß vor Entsetzen geworden und strahlte eine nahezu greifbare Feindseligkeit aus.
    »Zeyneb tat das Einzige, was ihr übrig blieb«, fuhr Numair endlich fort. »Sie verschwand, ging Richtung Süden in die Wildnis von Oultrejourdain und schloss sich einem Nomadenstamm an, dem gegenüber sie sich als Witwe ausgab. Neun Monate später wurde ihr Sohn geboren, und die beiden haben seither bei den Hassani gelebt.«
    De Ridefort starrte Numair lange an, ehe er sagte: »Und der Sultan lechzt jetzt vermutlich nach dem Kopf dieses ehebrecherischen Ritters?«
    »Oh, er hat die ganze Angelegenheit zweifellos längst vergessen«, erwiderte Numair. »Was aber nicht heißt, dass man ihn nicht daran erinnern könnte. Ich bin sicher, er würde diese Information im Licht Eurer Verhandlungen mit ihm betrachtet sehr interessant finden. Und was Euren Orden betrifft …«
    De Ridefort lachte humorlos auf. »Bezüglich des Sultans könntest du Recht haben, aber die Brüder würden nie das Wort eines Sarazenen über das meine stellen.«
    »Wahrscheinlich nicht«, stimmte Numair zu. »Daher trifft es sich  gut, dass Euer Sohn Euer auffälligstes Merkmal geerbt hat.« Er zog den immer

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