Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
schon eine Spur freundlicher. Ogi lehnt sich nach vorne. Die Körpersprache sei in solchen entscheidenden Momenten äusserst wichtig, verrät er Jahre später. Dann nimmt Dölf den Faden auf und sagt deutlich:
Die beiden Verkehrsminister stapfen einen endlos langen Gang entlang. Es herrscht eisiges Schweigen. Keiner sagt ein Wort.
«Herr Kollege, falls Sie mir, ohne mich zu unterbrechen, zehn Minuten zuhören können, während ich Ihnen unsere schweizerische Verkehrspolitik erkläre, dann trinke ich mit Ihnen einen Cognac. Vorher nicht.» Verkehrsminister Krause hört Ogi tatsächlich zu. Kein einziges Mal unterbricht er den Schweizer Verkehrsminister. Danach trinken sie einen Cognac zusammen. Und hernach ist Krause einer der besten Vertreter der Schweizer Verkehrspolitik. Vor jeder europäischen Verkehrsministerkonferenz sprechen sie sich künftig telefonisch ab. Eine wichtige Weiche für das spätere Verkehrsabkommen mit der EU und für den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale NEAT ist gestellt.
«Ich habe halt andere Methoden angewandt. Zwar hat man mich deswegen hin und wieder belächelt. Aber sie haben sich als erfolgreich herausgestellt», sagt Adolf Ogi heute und verweist noch auf ein anderes Beispiel. Seine Bergwelt soll im Jahre 2001 Weltnaturerbe der UNESCO werden, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur:Das Jungfrau-Massiv, Aletschgletscher, Blüemlisalp, Bietschhorn, Grimsel.
Am Rande der UNO-Generalversammlung des Jahres 2000 versucht Ogi, UNESCOGeneraldirektor Koichiro Matsuura für das Anliegen zu überzeugen. Der kühle Japaner habe aber nur desinteressiert und lieblos zugehört. Ganz im Sinne von: Schon recht, aber … «Mit dem muss man andere Saiten aufziehen», sagt sich Ogi, «diesem kühlen Japaner muss das Herz erwärmt werden.» Flugs bietet er Matsuura an: «Herr Generaldirektor, ich bin auch noch Verteidigungsminister. Wir haben Armee-Hubschrauber. Deshalb kann ich Ihnen einen ganzen Tag eine Alouette III zur Verfügung stellen. Sie können damit das ganze Gebiet, um das es geht, in Ruhe abfliegen. Sie werden dann von selbst sehen, dass es ins Weltnaturerbe gehört.»
2000 Besuch von Katrin und Dölf Ogi bei den Bregenzer Festspielen mit Österreichs Bundespräsident Thomas Klestil (l.) und Fürst Hans Adam II. von und zu Liechtenstein.
Das UNESCO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch. Dölf Ogi hat sich – auf seine Weise – dafür eingesetzt, dass das Gebiet ins Weltnaturerbe aufgenommen wird.
2005 Tanz mit Moderatorin Sandra Studer im Schweizer Fernsehen in der Sendung «Ein roter Teppich für …».
Es dauert gar nicht lange, bis sich Matsuuras Büro bei Ogi meldet: Herr Generaldirektor würde gerne das Angebot annehmen. Ogi hält sein Versprechen: Matsuura fliegt in die Schweizer Bergwelt des Herrn Ogi. Einen ganzen Tag lang. Bei herrlichem Flugwetter und ausgezeichneter Fernsicht. Zwischendurch muss der Armeepilot dreimal landen, um die Maschine wieder aufzutanken.
Am Abend ist das kühle Herz des Japaners erwärmt: Der Fall sei klar. Er werde bei der Kommission beantragen, das Gebiet ins UNESCO-Weltnaturerbe aufzunehmen. Diese Alpenwelt sei ja atemberaubend schön. Prompt wird das Jungfrau-Aletschgebiet 2001 zum Weltnaturerbe erklärt, als Erstes im ganzen Alpengebiet. Sechs Jahre später wird es aufgrund seiner Einzigartigkeit sogar noch um 28 500 Hektar erweitert.
Das Telefon ist ein wichtiges Arbeitsinstrument für Adolf Ogi. Er ist mit der Zeit so gut vernetzt, dass er jederzeit zum Telefonhörer greifen und den jeweils «passenden» Kontakt aufnehmen kann, wenn es geboten erscheint. Oder sie rufen ihn an. Mit Österreichs Bundeskanzler Franz Vranitzky telefoniert er fast jeden Sonntagabend. «Dölf, geh du ans Telefon», ruft seine Frau Katrin regelmässig, wenn am Sonntagabend das Telefon läutet, «es ist sicher Österreich.» Vranitzky habe gerne über die ähnlichen Probleme gesprochen, mit denen die beiden Länder konfrontiert sind. Und sich gern bei Ogi Ratschläge geholt: «Wie macht ihr dieses, wie macht ihr jenes?»
Auch mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac telefoniert der Schweizer Bundesrat regelmässig. Die Nachbarn der Schweiz sind für Ogi die wichtigsten Gesprächspartner. Alle.
Ein solches Netzwerk ist für einen Schweizer Bundesrat gerade heute besonders wertvoll. Die Schweiz ist nicht Mitglied wichtiger internationaler Organisationen wie der EU oder der G20. Ein rascher Griff zum
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