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Wunder wie diese

Wunder wie diese

Titel: Wunder wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Buzo
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ihm gehört.«
    Penny hat ihr Mittagessen in letzter Zeit in der Schulkantine gekauft. Die Lunchpakete von ihrem Dad gehören der Vergangenheit an. Manchmal steht man fünfundzwanzig Minuten in der Schlange. Dabei ist die Pause gerade mal vierzig Minuten lang.
    Es ist Sonntagabend, ich bin oben in meinem Zimmer und lerne. Morgen ist die erste Prüfung: Englisch. Sie fangen immer mit Englisch an. Mein Schreibtisch ist übersät mit den Fragen der vorigen Prüfungen. Ich nehme nur am Rande wahr, dass das Telefon klingelt.
    »Amelia!«, ruft meine Mutter. »Telefon.«
    Ich poltere zu ihr nach unten, wo sie mir den Telefonhörer hinhält.
    »Chris«, sagt sie.
    Ich erstarre.
    Sie sieht mich erwartungsvoll an, ich nehme ihr das Telefon aus der Hand und sause wieder nach oben.
    »Hallo?«
    »Kleine.«
    »Hi.«
    »Wie geht’s, wie steht’s?«
    Bleib ganz ruhig, Amelia. Ganz ruhig. »Warum sprichst du nicht mehr mit mir?« Mist.
    Wenn Chris die Frage irgendwie beunruhigt haben sollte, lässt er sich nichts anmerken. Wahrscheinlich glaubt er, dass es nicht nötig ist, darauf zu antworten.
    »Ich ruf an, weil ich Neuigkeiten habe.«
    »Ja?« Ich bin jetzt in meinem Zimmer angekommen.
    »Ja. Ich… äh, mach mich vom Acker.«
    »Was machst du?«
    »Ich gehe nach Japan.«
    Ich schwanke und lasse mich auf das Bett fallen.
    »Ich hab eine Stelle als Englischlehrer in einer Kleinstadt angenommen. Einer Industriestadt. Es ist eine Art Abendschule. Ich unterrichte mittags in einer Fabrik.«
    »Für wie lange denn?«, gelingt es mir nach einer beträchtlichen Pause.
    »Der Vertrag ist erst mal für ein Jahr. Dann kann ich noch mal verlängern, wenn es mir gefällt. Ich habe schon im Land der zerstörten Träume gekündigt.«
    »Aha.« Mir fehlen die Worte und außerdem muss ich mich darauf konzentrieren, nicht loszuheulen.
    »Nächsten Samstag mache ich eine Art Abschiedsparty. Sonntagabend fliege ich los.«
    »Mmm.« Ich gebe nur noch erstickte Laute von mir.
    »Ich hätte dich gern dabei. Es werden ein paar Leute von der Arbeit kommen und ein paar Freunde von der Uni.«
    Stille.
    »Hast du was zu schreiben?«
    Ich wühle unter den alten Prüfungsbögen auf meinem Schreibtisch und finde einen Kuli. »Ja.«
    »Acacia Terrace 16 in Eastlakes.«
    »Okay.«
    »Ich mach besser mal Schluss, Kleine. Ich muss noch eine Menge Leute anrufen und packen.«
    »Machs gut.«
    »Tschüss.«
    Ich sitze einen Moment lang reglos da. Dann lege ich den Kopf auf die Knie und warte auf die Tränen. Ich muss nicht lange warten.
    Meine Tränen sind gerade in Schluchzer übergegangen, als es klopft.
    »Was ist?«, rufe ich, um dem Anklopfenden ganz klar zu verstehen zu geben, dass ich NICHT »Komm rein« meine.
    Trotzdem geht die Tür auf und Mum tritt ein. Sie zieht die Tür hinter sich zu.
    »Ich hab nicht gesagt, dass du reinkommen kannst.«
    Sie verschränkt die Arme.
    »Was ist los?«
    »Nichts.« Ich sammle die nassen Papiertaschentücher um mich herum auf und werfe sie in den Papierkorb. Nicht alle landen darin.
    »Was ist los, Amelia?«
    Ich blinzle sie an.
    »Es geht um diesen Jungen, Chris, von der Arbeit, oder? Was ist da los?«
    »Nichts.«
    »Nichts? Er ruft dich an und plötzlich bist du in Tränen aufgelöst, am Abend vor deiner Prüfung?«
    Ich zupfe an der Stickerei auf meiner Bettdecke.
    »Und es ist ja nicht das erste Mal«, fügt sie hinzu. »Er scheint nicht gerade einen positiven Einfluss auf dich zu haben.«
    »Er geht weg von hier«, ist das Einzige, was ich herausbringe. »Ins Ausland, um dort zu leben.«
    »Na, ein Glück«, sagt Mum.
    »Es ist überhaupt kein Glück«, jammere ich.
    »Aber es ist zu deinem Besten, Amelia. Es ist sinnlos, mit Leuten Zeit zu verbringen, die dich nur unglücklich machen.«
    Es ist ein starkes Stück, so etwas von der unglücklichsten Frau der Welt zu hören. »Und warum bleibst du dann bei Dad?« Tränen treten mir in die Augen. Und mir?
    »Wie bitte?«
    »Du bist unglücklich! Du bist unglücklich mit Dad, mit deiner Arbeit, mit mir und mit allem. Du zeigst mir jeden Tag, wie mies es dir geht und dass du irgendwie in dieses schreckliche Leben geraten bist. Und es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte!«
    »Mein Schatz –«
    »Und es ist ja auch schlimm, dass du so hart arbeiten musst und dass Dad so oft weg ist und dass er, wenn er hier ist, keine große Hilfe ist. Ich wette, er kommt nur immer wieder, weil er es hier so gut hat.«
    »Amelia.« Sie setzt sich neben mich. »Jetzt beruhige dich

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