Wunder
lang, und die Wolken waren rosa und orange. Es sah aus, als hätte jemand Straßenkreide genommen und die Farben mit dem Finger über den Himmel verwischt. Es ist nicht so, dass ich in der Stadt noch keine schönen Sonnenuntergänge gesehen habe – wie bunte Striche zwischen den Gebäuden –, aber ich war nicht daran gewöhnt, in jeder Blickrichtung so viel Himmel zu sehen. Hier draußen auf der Festwiese konnte ich verstehen, warum die Leute in alten Zeiten geglaubt hatten, die Erde wäre flach und der Himmel eine Kuppel, die darübergestülpt worden war. Genau so sah es vom Festplatz aus, von der Mitte dieses gigantischen freien Felds.
Weil wir die erste Schule waren, die ankam, konnten wir nach Lust und Laune übers Feld rennen, bis die Lehrer uns sagten, dass es Zeit sei, unsere Schlafsäcke auf den Boden zu legen und uns Plätze zu sichern, von denen wir gut sehen konnten. Wir machten die Reißverschlüsse unserer Schlafsäcke auf und breiteten sie wie Picknickdecken auf dem Gras vor einer riesigen Kinoleinwand aus, die in der Mitte des Feldes aufgestellt war. Dann gingen wir zu der Reihe von Imbisswagen, die am Rand des Feldes parkten, um uns mit Snacks und Softdrinks und all so was zu beladen. Es gab auch Stände wie bei einem Bauernmarkt dort, die geröstete Erdnüsse und Zuckerwatte verkauften. Und etwas weiter weg gab es noch eine kurze Reihe von Jahrmarktsbuden, bei denen man Stofftiere gewinnen konnte, wenn man einen Basketball in den Korb warf. Jack und ich versuchten es beide – und schafften es nicht –, aber wir hörten, dass Amos ein gelbes Nilpferd gewann und es Ximena schenkte. Das war sowieso das große Klatsch-Thema: das Sport-Ass und die Intelligenzbestie.
Von den Imbisswagen aus konnte man die Maisstängel hinter der Kinoleinwand sehen. Sie bedeckten etwa ein Drittel des gesamten Feldes, das ansonsten komplett von Wald umgeben war. Da die Sonne am Himmel tiefer sank, sahen die großen Bäume am Waldrand dunkelblau aus.
Als die anderen Schulbusse auf die Parkplätze einbogen, waren wir schon wieder an unseren Plätzen auf den Schlafsäcken, direkt vor der Leinwand: die besten Plätze auf dem gesamten Feld. Alle reichten Snacks herum und waren richtig gut drauf. Jack und ich und Summer und Reid und Maya spielten Pictionary. Wir konnten den Krach der ankommenden Schüler hören, ihr lautes Lachen und das Reden von Kindern, die links und rechts von uns aufs Feld strömten, aber wir konnten sie kaum sehen. Der Himmel war zwar immer noch hell, die Sonne war aber bereits komplett untergegangen, und alles auf dem Boden hatte sich in dunkles Lila verwandelt. Die Wolken waren jetzt Schatten. Wir hatten sogar Probleme, die Pictionary-Karten vor uns zu sehen.
Genau in diesem Moment gingen ohne jede Vorwarnung am Ende des Feldes alle Lichter gleichzeitig an. Wie große helle Stadionscheinwerfer. Ich musste an die Szene aus Unheimliche Begegnung der dritten Art denken, wenn das Raumschiff der Außerirdischen landet und sie diese Musik spielen: duh-dah-duu-da-dumm . Auf dem Feld fingen dann auch alle an zu klatschen und zu jubeln, als wäre gerade etwas ganz Tolles passiert.
Seid gut zur Natur
Eine Ansage kam aus den riesigen Lautsprechern neben den Stadionlichtern:
»Willkommen, alle miteinander. Willkommen zur dreiundzwanzigsten großen Filmnacht im Broarwood-Naturreservat. Willkommen, liebe Lehrer und Schüler der Middle School 342, der William Heath School …« Auf der linken Seite des Feldes ging großer Jubel los. »Willkommen, liebe Lehrer und Schüler der Glover Academy …« Neuer Jubel brach aus, diesmal kam er von der rechten Seite des Feldes. »Und willkommen, liebe Lehrer und Schüler der … Beecher Prep School!« Unsere ganze Gruppe jubelte so laut wie möglich. »Wir freuen uns, euch heute Abend als unsere Gäste begrüßen zu dürfen, und wir freuen uns, dass das Wetter mitspielt – also ehrlich, ist das nicht einfach ein wunderschöner Abend?« Wieder johlten und brüllten alle. »Während wir nun den Film vorbereiten, möchten wir euch bitten, euch eine wichtige Ansage anzuhören. Wie ihr wisst, hat es sich das Broarwood-Naturreservat zur Aufgabe gemacht, unsere natürlichen Ressourcen zu bewahren und die Umwelt zu schützen. Wir bitten euch, keine Abfälle zurückzulassen. Räumt bitte auf, bevor ihr wieder geht. Seid gut zur Natur, dann ist sie auch gut zu euch. Wir möchten euch bitten, dies im Kopf zu behalten, solange ihr euch hier aufhaltet. Bleibt innerhalb der
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