Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
Vom Netzwerk:
müssen – und zwei Nächte – war einer der Hauptgründe, weshalb ich wegen des ganzen Ausflugs so nervös gewesen war. Wenn er nicht dabei war, konnte ich hier nun also einfach entspannen, ohne mir über irgendwas Sorgen machen zu müssen.
    Wir kamen um die Mittagszeit im Naturreservat an. Als Allererstes stellten wir unsere Sachen in die Hütten. Es gab drei Stockbetten in jedem Raum, also spielten Jack und ich Schere, Stein, Papier um das obere Bett, und ich gewann. Yippie-yeh! Die anderen Jungs im Zimmer waren Reid und Tristan, Pablo und Nino.
    Nachdem wir in der Haupthütte Mittag gegessen hatten, machten wir alle eine Zwei-Stunden-Führung mit einem Ranger durch den Wald. Dieser Wald hatte echt keine Ähnlichkeit mit unserem Central Park: Es gab riesige Bäume, durch die beinahe kein Sonnenlicht drang. Haufen von Laub und umgestürzte Baumstämme. Heulen und Zirpen und richtig laute Vogelrufe. Es herrschte auch ein leichter Nebel, wie ein blasser blauer Dunst um uns herum. So cool. Der Ranger zeigte uns alles: die verschiedenen Baumarten, an denen wir vorbeikamen, die Insekten auf den toten Ästen auf dem Pfad, die Spuren des Rotwilds und der Bären im Wald, welche Vogelarten zwitscherten und wo wir sie sehen konnten. Mir wurde klar, dass ich durch meine Lobot-Hörgeräte besser hören konnte als die meisten anderen Leute, denn meistens war ich der Erste, der einen neuen Vogelruf aufschnappte.
    Als wir uns wieder Richtung Camp aufmachten, fing es an zu regnen. Ich zog mir meinen Regenponcho über und setzte die Kapuze auf, damit meine Hörgeräte nicht nass wurden, aber meine Jeans und meine Schuhe waren komplett durchgeweicht, als wir wieder bei unseren Hütten ankamen. Alles war klitschnass. Es war aber lustig. In der Hütte veranstalteten wir eine ordentliche Schlacht mit nassen Socken.
    Da es den Rest des Tages durchregnete, verbrachten wir den Großteil des Nachmittags damit, im Aufenthaltsraum rumzualbern. Es gab da einen Pingpong-Tisch und altmodische Spielautomaten, an denen wir bis zum Abendessen Pac-Man und Missile Command spielten. Zum Glück hatte es zu diesem Zeitpunkt aufgehört zu regnen, sodass wir ein richtiges Lagerfeuer-Essen zubereiten konnten. Die Holzstämme, auf denen wir saßen, waren immer noch etwas feucht, aber wir legten unsere Jacken darauf und ließen uns vom Feuer wärmen, rösteten unsere Marshmallows und verdrückten die besten gerösteten Hot Dogs, die ich jemals gegessen habe. Mom hatte recht gehabt, was die Mücken anging: Sie waren massenweise da. Doch zum Glück hatte ich mich eingesprüht, bevor ich die Hütte verlassen hatte, und deshalb wurde ich auch nicht von oben bis unten zerstochen wie einige andere Kinder.
    Ich liebte es, nach Einbruch der Dunkelheit noch am Lagerfeuer zu sitzen. Ich liebte es, wie die Funken aufstiegen und in der Nachtluft verschwanden. Und wie das Feuer die Gesichter der anderen beleuchtete. Und wie der Wald so dunkel war, dass man um uns herum gar nichts mehr sehen konnte, und wie man aufschaute und Milliarden von Sternen am Himmel erblickte. So sieht der Himmel in North River Heights nie aus. Ich hab aber in Montauk einmal so einen Himmel gesehen: Als wenn jemand Salz auf einem glänzend schwarzen Tisch ausgestreut hätte.
    Als ich wieder in die Hütte zurückkehrte, war ich so müde, dass ich nicht das Buch zum Lesen herausholen musste. Ich war fast genauso schnell eingeschlafen, wie mein Kopf brauchte, um das Kissen zu berühren. Und vielleicht träumte ich von den Sternen, das weiß ich nicht.

Die Festwiese
     
    Der nächste Tag war genauso toll wie der erste. Morgens ritten wir auf Pferden, und am Nachmittag seilten wir uns mithilfe der Rangers von einigen gigantischen Baumstämmen ab. Als wir zum Abendessen in unsere Hütten zurückkehrten, waren wir alle wieder total müde. Nach dem Essen hieß es, wir hätten eine Stunde, um uns auszuruhen, und dann würden wir fünfzehn Minuten mit dem Bus zu einer Festwiese fahren, wo es ein Open-Air-Kino gab.
    Ich hatte noch gar keine Gelegenheit gehabt, einen Brief an Mom und Dad und Via zu schreiben, also tat ich das und berichtete ihnen alles, was wir heute und am Tag zuvor gemacht hatten. Ich stellte mir schon vor, wie ich es ihnen laut vorlesen würde, wenn ich zurückkam, da es ja gar nicht möglich war, dass der Brief vor mir zu Hause sein würde.
    Als wir bei der großen Festwiese ankamen, ging die Sonne gerade langsam unter. Es war etwa halb acht. Die Schatten auf dem Gras waren echt

Weitere Kostenlose Bücher