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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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Fleisch!« murmelte sie vor sich
hin, als sie die Treppe hinunterstieg. »Er wird doch kein rohes Fleisch essen?!
— Und was ist das für eine Heimlichtuerei! Da stimmt was nicht!« Und düster vor
sich hinblickend, ging sie in die Küche hinunter.
    Der Doktor hatte das Fleisch auf den
Boden gestellt; Uff warf sich gierig darüber und zerfetzte es mit ihrem
Schnabel, schleuderte es hin und her und würgte es in sich hinein, daß den
Doktor und Dott die Angst packte, sie könnte daran ersticken.
    Als sie ihr Mahl beendet hatte, hüpfte sie
schwerfällig hin und her, knappte mit dem Schnabel, stieß einige heisere Laute
aus und breitete ihre mächtigen Schwingen weit auseinander.
    »Uff dankt Ihnen«, sagte die Kleine,
»sie bittet uns, wir möchten sie ins Freie lassen, denn draußen wartet der Auf.
Das ist Buhuho, ihr Mann, der große Uhu.«
    Nun sah auch der Doktor einen großen
Vogel regungslos in den Zweigen der Ulme hocken, die vor dem Fenster der Stube
stand.
    Da öffnete der Arzt das Fenster, nahm
Uff auf den Arm und hielt sie ins Freie. Langsam hob und senkte Uff ihre
Flügel, die ausgespannt fast zwei Meter betrugen. Dann schwang sie sich empor,
und groß und lautlos schwebten die beiden königlichen Vögel in den Abend
hinein.
    Dott hatte ihre Hand in die Hand des
Arztes geschoben, und beide sahen lange und schweigend den verschwindenden
Vögeln nach.
    »Es ist seltsam«, sagte der Doktor
endlich, »es ist ein Abschied, der einem schwerfällt.«
    »So ist mir immer, wenn die Tiere
fortgehen«, erwiderte Dott und seufzte.
    Der Doktor drückte ihre Hand, er verstand
plötzlich, wie einsam die Kleine war.
    Ja, es war etwas Großes für die kleine
Dott, daß sie zum ersten Male wieder so nahe mit einem Menschen zusammen sein
durfte. Aber sie wußte nun schon, daß es ihr noch nicht bestimmt war, wie
andere Menschen unter den Menschen zu leben.
    »Ich muß nun gehen«, sagte sie leise.
»Vielleicht komme ich doch noch zum Gericht der Frau Harke zurecht. Vielleicht
treffe ich auch Gurian dort, und vielleicht«, hier mußte die Kleine ein wenig
lachen, »vielleicht auch Heinotter, den Storch!«
    Der Doktor fühlte, wie die kleine Hand
sich aus der seinen löste. Er sah, wie die Tür sich leise öffnete und wieder
schloß. Und als er ins Treppenhaus eilte, konnte er gerade noch sehen, wie die
Haustür sich langsam auftat und dann von selber wieder zuging.

Frau Harke
     
     
     

Frau Harke
     
    Südlich von Havelberg, in den
Kamernschen Bergen, hat Frau Harke ihren anerkannten Hochsitz aufgerichtet.
Ihr, die einst unumschränkt zwischen Weser und Havel herrschte, hat der Mensch
diese kleine Gruppe von Bergen zugewiesen. Seit undenklichen Zeiten heißt darum
der Berg, in den ihre Höhle hineingebaut ist, der Frauharkenberg, und ein
tiefer Abgrund in seiner Nähe die Frauharkengrube.
    Einst aber kannte ihr Reich keine
andern Grenzen als die, welche ihre Aufgabe ihr bestimmte. Alle Wälder und
Sümpfe waren ihr untertan. In ihrem Reiche lebten die Riesen, von denen die
Berge aufgebaut wurden, und die Riesenfrauen, die in ihren Schürzen Sand für
die Höhenzüge herbeischleppten. Und tief in der Erde arbeiteten die
Hanslmannken Tag und Nacht, um die Grundwasser zu Quellen zusammenzuziehen.
    Mit gewaltigen Kräften, mit
Niederreißen und Wiederaufrichten, arbeiteten alle gemeinsam unter Frau Harkes
Schutz am Aufbau der Landschaft und an der Ordnung des Lebens in der Natur —
bis der Mensch die Herrschaft ihren Händen entriß. Hilflos und nackt kam er in
das Land; bald aber jagte er das Wild der Wälder und die Fische der Gewässer,
er fällte Bäume und beackerte die Felder, er dämmte die Ströme ein und
entwässerte die Sümpfe. Immer größere Menschenscharen strömten ins Land.
    Da erhoben sich die Gewaltigen der
Natur, um die Menschen zu vertreiben. Die Zwerge und die Riesen untergruben die
Berge, so daß sie zusammenstürzten, und die Wassergeister wühlten die Ströme
und Seen auf, daß ganze Dörfer und Städte in ihnen versanken.
    Eines Tages verließ auch Frau Harke
ihre Höhle, in die sie sich, um die Unterwerfung der Natur nicht mitanzusehen,
in grimmigem Schweigen zurückgezogen hatte. Riesenhaft wuchs sie empor und
schaute drohend über das Land. Überall, wohin ihr Blick fiel, lagen die Städte
und Dörfer der Menschen, und überall, wo die Menschen wohnten, da erhob sich
hoch über die Dächer empor der Turm einer Kirche, und von allen Türmen in der
Runde dröhnten die Glocken über das Land.
    Da

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