Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
Vom Netzwerk:
kleinen,
rotglühenden Augen wie aus Urzeiten zu der Herrin der Tiere auf.
    »Der Tod muß sein«, spricht vorsichtig
und zögernd der Elch. »Das Sterben ist notwendig, damit neues Leben entstehen
kann, solange diese Erde ist. Und seit der Mensch unserer Ausrottung
entgegentritt und uns und unserem Bruder der Urzeit, dem Wisent, wieder
Heimatrecht gibt, haben wir keine Klagen gegen ihn.«
    Frau Harkes Blick war immer milder
geworden, während ein Tier nach dem andern über die Versuche der Menschen
berichtete, den Tieren wieder ein gerechter und gütiger Bruder zu sein.
    Mit langsamen Schritten trat nun eine
Kuh vor den Hochsitz.
    »Wir Kühe müssen ja wohl dazu
geschaffen sein, den Menschen zu ernähren und seine Füße mit unserer Haut zu
bekleiden. Schließlich ernährt er ja auch uns und bewahrt uns vor der Kälte.
Seit er jeden bestraft, der uns unnütz quält, seitdem — also kurz und gut, wir
haben keine Klagen mehr gegen den Menschen.«
    Nachdem die Kuh ihren Platz wieder
eingenommen hatte, schwebte ein großer weißer Vogel vor den Hochsitz.
    »Alles, was recht ist!« rief Heinotter,
der Storch. »Die Menschengesetze sind noch immer hart genug gegen uns Vögel! —
Aber ein Menschenjunges ist ausgezogen, um einen von uns aus der Gefangenschaft
zu retten. Darum wollen wir Vögel uns nicht weiter über den Menschen beklagen.«
    Er hatte noch nicht ausgesprochen, als
sich neben ihm ein grauer Reiher niederließ. — »Ein Menschenkind hat für eines
meiner Jungen aus einer Wunde geblutet, darum glauben wir Reiher, daß der
Mensch trotz seiner harten Gesetze unser Bruder ist«, sagte er.
    Bei seinen letzten Worten ließ sich
lautlos wie ein Schatten, groß und weich, Buhuho, der Auf, neben Gurian, dem
Fischreiher, nieder.
    »Dieses Menschenkind hat Uff, mein
Weib, vor dem Tode errettet«, sagte Buhuho, der König unter den Vögeln.
    In diesem Augenblick ertönte ein
zaghaftes Klopfen am Felsen. So leise es war, so hatte doch nicht eines unter
den Tieren es überhört, und keines war im Zweifel, daß ein Mensch vor dem
Felsen stand.
    Wieder schwirrte ein Vogel neben die
drei Großvögel vor dem Hochsitz.
    »Das Menschenjunge steht vor dem Tor«,
sagte Marko, der Schwarzspecht, mit fester Stimme. »Ich spreche für das
Menschenjunge, weil es eine Lehre anzunehmen verstand und den Rat der Vögel
nicht verachtete.«
    Da erhob sich Frau Harke von ihrem
Thron und schritt auf den Eingang der Höhle zu. Sie schob den Felsen zur Seite,
beugte sich nieder und trug Dott auf ihren Armen in die Höhle hinein.
    Dott blickte in das lachende Gesicht
Frau Harkes, auf die wogenden Tierrücken und unzähligen Geweihe unter sich und
auf die schillernden Gefieder der Vögel auf den Felsvorsprüngen.
    Wie im Traume hörte sie die Stimme Frau
Harkes über sich: »Merkt wohl, meine Söhne und Töchter, merkt wohl! Dies ist
das Menschenkind, das eure Sprache spricht und das euch Bruder war. Nach den
Gesetzen unseres Reiches ist es in eure Reihen aufgenommen durch die Fürsprache
der vier Großvögel, Buhuhos, des Königs der Vögel, Heinotters, des Storches,
Markos, des Schwarzspechtes, und Gurians, des Fischreihers. Schützt es von
heute ab, wo ihr es findet, helft ihm, wie ihr könnt, und haltet ihm die Treue,
wie es euch die Treue gehalten hat.«
    Dann bückte sich Frau Harke und zupfte
aus einem Spalt der Höhle drei blühende Gräser, die das Volk »Frauharkenbartgräser«
nennt.
    »Und du, kleines Menschenkind, nimm zur
Bestätigung diese drei Gräser. Ihr nennt sie ja ›Frauharkenbartgräser‹, wenn
ich auch nicht gerade einen Bart habe«, fügte sie lachend hinzu. »Merke dir nun
genau! Wenn du einen Wunsch äußerst und dabei eines dieser Gräser in die Luft
wirfst, so wird er dir erfüllt. Aber hüte dich, daß du die Wünsche nicht
verschleuderst oder dir dein Unglück herbeiwünschst!«
    Nun war es Busso, der Wanderhirsch, der
den Vorschlag machte, Dott ein Stück Weges mitzunehmen.
    So geschah es, daß die kleine Dott in
den ersten Stunden der Juninacht auf dem Rücken Bussos den Abhang des
Frauharkenberges hinunterritt.
    Zu beiden Seiten der Wölbung seiner
Flanken baumeln ihre Beine. Ihre Hände umspannen die weitausladenden, dunklen,
knorrigen Stämme des Geweihs. Lautlos jagt der Hirsch durch die nächtlichen
Äcker und Wiesen dem Wind entgegen, ständig witternd, ob der Menschengeruch ihm
stärker oder schwächer zugetragen wird.
    Dott lag tief gebeugt auf dem Halse
Bussos, denn der sausende Wind verschlug ihr den

Weitere Kostenlose Bücher