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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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bald noch mal bei deiner alten Tante in Frankreich treffen können. Der Tee war wirklich köstlich. Ich habe dort ein Geschenk für Dich hinterlassen.
     
    Leider haben wir in den letzten Monaten wenig Zeit miteinander verbringen können. Ich würde mich freuen, wenn sich das ab jetzt ändert.
     
    Ich freue mich schon sehr, mit Dir über des Führers großartige Erfolge zu reden, besonders die Offensiven vom 13. und 14. auf den 19. waren Offenbar sehr erfolgreich.
     
    Wenn es so weitergeht, und ich – ja, wir alle, unsere Arbeit weiter so erledigen, werden wir genau solche und viel größere Erfolge haben wie an diesen Tagen.
     
    Ich hoffe, dass ich mit Hannah nun endlich im Winter in die Berge fahren kann. Es bleibt meine Hoffnung, dass Marie nicht dabei ist. Das ist besser für sie. Du verstehst das sicherlich.
     
    Bis dahin vergiss bitte Deinen alten Freund nicht, und lies das Buch, welches ich Dir ausgeliehen habe. Ich werde es bald schon brauchen!
     
    Dein Freund Erik
     
    Nikolas glaubte zu träumen. Wieder und wieder las er die Zeilen, die sein Freund am Tage seines Todes verfasst hatte. Der Ausdruck, die Wortwahl – alles stimmte, der Brief war von ihm. Nur schienen die Wörter nicht seinem Geist entsprungen zu sein. Nikolas rieb sich die Stirn, drehte sich auf dem Bett herum und stieß dabei den Koffer polternd herunter.
    Was willst du mir sagen, Erik? Warum dieser Brief, der keinen Sinn ergibt? Was hat dich dazu getrieben, alter Freund? Was nur?
    Er hätte sich gewünscht, dass auf diesem Blatt Papier die Antworten standen, denen er so hinterherjagte. Eine Erklärung, vielleicht ein Abschiedsbrief mit einer alles umfassenden Aussage, die alle zufriedenstellt und alle Unklarheiten beseitigt. Absolution für seinen Freitod. Doch statt der gewünschten Antworten hatte sich der Nebel verdichtet und Nikolas konnte durch den milchigen Schleier nun noch weniger erkennen. Das mulmige Gefühl in ihm schrie immer lauter. Mit dem Brief in der Hand schloss er die Augen. Es war zu viel – alles zu viel.
     

Kapitel 7
     
    – Letzte Zeilen –
     
    05. Oktober 1935, Düsseldorf
     
    Ein herrlicher Abend für ein paar Bierchen. Der Sommer scheint sich noch nicht ganz vom Herbst ablösen lassen zu wollen, sodass wir einen milden Samstag erleben können. Obwohl die Bäume hier in der Düsseldorfer Innenstadt bereits ihr goldenes Gewand angelegt haben, bläst uns noch ein milder Windhauch um die Nasen. Die Altstadt platzt aus allen Nähten. Allerorts strömen die Menschen durch die Gassen und flanieren vor den Schaufenstern, Kneipen und Gaststätten.
    »Wann kommt er endlich?«, will Martin gereizt wissen. Er scharrt schon mit den Hufen. Hat sich nach dem ganzen Lernstress auf der Uni einen Tag lernfrei gegeben. »Brauche dringend mal einen Schnaps«, sagt er wie zur Bestätigung.
    »Wie war Anatomie?«
    »Mist. Der menschliche Körper hat einfach zu viele Organe«, scherzt er und sieht einem Mädchen nach. Ich muss schmunzeln, bis ich in der unbekannten Masse Erik erkenne.
    »Da kommt er.«
    Er sieht übel aus. Seine rechte Wange ist auf die doppelte Größe angeschwollen.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, platzt es aus Martin heraus. »Hast du ’n paar auf die Fresse bekommen? Wer war das? Den verdreschen wir, bis der denkt, der Kölner Dom ist ein Büdchen!«
    Erik blitzt ihn aus blauen Augen an.
    »Nein, das waren Hitlers verdammte Nürnberger Rassengesetze«, murmelt er, während er sich die Wange reibt. »Jüdische Rechtsanwälte, Apotheker und natürlich auch Zahnärzte dürfen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Musste zu irgendeinem deutschen Metzger gehen. Jetzt tut mir der ganze Schädel weh. Vater hat gesagt, dass er uns das nur Unglück bringt.« Erik ist gar nicht mehr einzukriegen, redet sich in Rage. »Dieser Hitler ist doch nicht mehr ganz dicht, was meint er, was er da oben macht, der Herr Reichskanzler?«
    »Krieg dich mal wieder ein. Der weiß schon, was er tut.«
    Erik sieht mich missbilligend an. »Witzig, das hat Vater heute auch gesagt. Aber er meinte es natürlich anders. Der weiß genau, was er macht und wenn er recht hat, steuern wir auf einen Krieg zu.«
    »Warum denn nicht?«, wirft Martin ein, während seine Augen durch die Innenstadt streifen, um eine geeignete Kneipe zu finden. »Dann gewinnen wir halt den Krieg und gut ist.«
    »Idiot«, fluchte Erik. »Im Krieg gibt es keine Gewinner.«
    Ich halte ihn an der Schulter fest und beäuge seine Wange genauer. »Bist du dir sicher,

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