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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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ein Lebenszeichen in seine Heimat gesandt hatte, seitdem sie in der Stadt der Liebe zusammen Bier getrunken hatten? Leider das erste und einzige Mal.
    Die Hände tief in den Taschen vergraben, schlich er die Korridore des Gebäudes entlang, während diese Überlegung seinen Geist malträtierte. Martin hatte recht. Er war einfach abgehauen, hatte alles hinter sich lassen wollen. Hatte Lisa gesagt, dass er für ein paar Monate in Paris arbeiten wollte, hatte ihr vorgeschwärmt von der Stadt der Lichter, der neuesten Mode und kleinen verwinkelten Gassen mit hübschen Cafés. Es war ein leichtes, sie von diesem kleinen Dorf in die Metropole zu ziehen und mit glitzernden Träumen zu verführen. Hatte nicht einmal eine Telefonnummer hinterlassen, wo man ihn hätte erreichen könnten. Er wollte einfach weg aus diesem Dorf, aber vor allem weg von seinem Vater, dem allmächtigen Kriminalrat, der dann in die SS eintrat, um Sturmbannführer zu werden, dem ›Helden von Düsseldorf‹. Doch mit seiner Flucht ließ er nicht nur ihn hinter sich, sondern auch gute Freunde, die er seit Kindertagen kannte. So wie Martin. So wie Erik. Bei dem Gedanken bemerkte er, wie Tränen seine Augen füllten. Einige Sekunden ließ er die Gefühle gewähren, doch vor der Tür seines Chefs hielt er inne. Jetzt konnte er sich keine Schwäche erlauben. Er musste mehrmals schlucken und sich die Lider reiben. Dann zog er die Nase hoch und ließ seine Faust gegen die Tür donnern.
    »Herein!« Erst nach einigen Sekunden sah Luger von den Dokumenten auf. Die beiden Männer hoben die Hand zum Hitlergruß.
    »Da sieh mal einer an, der Held der Stunde«, aus jedem seiner Worte sprach tiefste Verachtung. »Ich wollte gerade die Todesmeldungen nach Berlin schicken. Insgesamt sind es drei junge SS-Soldaten, die durch diesen Anschlag ums Leben kamen. Oder vielleicht wollen Sie das machen?« Als wäre er tief in Gedanken, ließ er seinen Blick schweifen. »Das werden sehr traurige Tage für die Ehefrauen, oh – Pardon, Witwen der Soldaten.«
    Luger grinste breit. Es musste ihm diebische Freude bereiten, ihn zu verhöhnen.
    Nikolas spürte, wie seine Zähne aufeinander mahlten. Doch er stand regungslos in dem großen Büro, das von Fotos völlig überladen war. Ohne dass er es wollte, ballten sich seine Hände zu Fäusten.
    »Ich habe einen Todesfall zu beklagen, Herr Hauptsturmführer.« Er versuchte, klar und stark zu klingen, aber es misslang ihm vollends. »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gerne für ein paar Tage in die Heimat reisen, um an der Beerdigung teilnehmen zu können.«
    Als hätte er mit seinen Sätzen einen Vulkan zum Ausbruch gebracht, brüllte Luger los: »Wollen Sie mich verarschen, Brandenburg?« Man musste ihn auf dem gesamten Korridor hören. Er war so schnell aufgestanden, dass sein Stuhl nach hinten gekippt war. »Wir alle haben Todesfälle zu beklagen. Falls es bei Ihnen noch nicht angekommen ist, wir haben Krieg!«
    Sein Gesicht war puterrot angelaufen und die Ader auf seiner Stirn pochte bedrohlich. Schwer atmend hielt Nikolas seinem Blick stand.
    »Wenn jeder der Soldaten ein paar Tage Heimaturlaub machen würde, um an einer Beerdigung teilzunehmen, hätten wir keine Leute mehr an der Front!« Seine schwarze Uniform wölbte sich mit jedem Atemzug. Langsam kam er hinter seinem Schreibtisch hervor und baute sich vor Nikolas auf.
    »Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich Sie für Ihre desolaten Leistungen auch noch belohnen werde. Sie und Ihre Verlobte werden nicht fahren«, zischte er. Anschließend wartete er ein paar Sekunden, schüttelte den Kopf, als hätte er ein kleines Kind zurechtgewiesen, und verschränkte die Arme.
    Natürlich, was hatte er denn erwartet. Dass er ihn einfach so gehen ließ? Er hasste sich dafür, dass er diese Karte ausspielten musste. »Ich würde alleine fahren, Herr Hauptsturmführer.«
    Sofort änderten sich die Gesichtszüge seines Chefs.
    Volltreffer. Er hatte angebissen. War es erst nicht mehr als eine schreckliche Vermutung, wurde sie in genau diesem Augenblick zur Realität. Ein Brechreiz presste sich seinen Hals hoch. Er konnte beinahe spüren, wie Lugers Gehirn arbeitete und die beißende Wut, die sich gegen ihn gerichtet hatte, langsam abebbte.
    »So«, erwiderte sein Chef mehr zu sich selbst als zu Nikolas. Er blickte zu Boden, während er wieder hinter seinem Schreibtisch Platz nahm. Luger griff sich einige Dokumente und tat so, als lese er angestrengt. »Andererseits haben Sie, seitdem

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