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. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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weit weg.
    »Und warum haben Sie mich heute morgen bei den Wagen-Vermietungen herumtelefonieren lassen?« fragte Lewis nicht ganz ohne Vorwurf.
    »Nun, ich muß ja schließlich versuchen, wenigstens ein paar Beweise gegen sie zusammenzutragen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, daß sie sie mir selbst liefern sollte …«
    Lewis hatte keine Ahnung, wovon er redete. »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Sir.«
    »Dann will ich es Ihnen erklären, Lewis. Ich hatte mir vorgenommen, sie heute morgen ganz früh anzurufen und sie dazu zu bringen, sich zu verraten. Es wäre ganz einfach gewesen.« Lewis sah ihn ungläubig an.
    »Ja, wirklich. Ich hätte sie nur auf französisch ansprechen müssen. Die echte Mrs. Acum hat Romanistik studiert und in Exeter Examen gemacht, sie spricht also bestimmt völlig fließend, während Valerie wahrscheinlich höchstens ›bonjour‹ sagen kann.«
    »Aber Sie selbst sprechen doch auch kein Französisch«, bemerkte Lewis nicht gerade taktvoll.
    »Ich habe eine Menge verborgener Talente, von denen Sie keine Ahnung haben«, sagte Morse ein wenig hochtrabend.
    »Ah ja.« Aber Lewis hatte den starken Verdacht, daß Morse ungefähr so viel Französisch konnte wie er selbst – also fast nichts. Und seine Frage war immer noch nicht befriedigend beantwortet. »Was für Beweise hofften Sie denn bei den Autoverleihfirmen eigentlich zu finden?« fragte er.
    Morse winkte ab. »Ich habe Sie für heute, glaube ich, schon genug geschockt, Lewis.«
    »Ein Schock mehr oder weniger macht da auch keinen Unterschied«, sagte Lewis.
    »Na schön, wie Sie wollen, um es kurz zu sagen: Wir haben nicht nur Valerie Taylor gefunden, sondern damit auch den Mörder von Baines.« Lewis öffnete und schloß mehrere Male – einem gestrandeten Goldfisch nicht unähnlich – den Mund, brachte aber keinen Ton hervor.
    »Sie werden es schon noch begreifen«, beruhigte ihn Morse. »Wenn Sie ohne Vorurteil darüber nachdenken, ist es eigentlich sehr naheliegend. Na, und für das, was sie vorhatte, mußte sie es ja schließlich irgendwie bewerkstelligen, von Caernarvon nach Oxford zu kommen. Den Wagen hatte Acum, blieben der Bus und die Bahn. Direkte Verbindungen gibt es nicht, das wäre also sehr, sehr umständlich geworden. Ihr Interesse war aber, möglichst schnell hin und auch wieder zurück zu sein. Und da war die einzige Möglichkeit, sich ein Auto zu mieten.«
    »Also, bis jetzt ist noch gar nichts bewiesen«, sagte Lewis. »Es steht nicht fest, ob sie tatsächlich einen Leihwagen genommen hat, und wir wissen nicht einmal, ob sie überhaupt einen Führerschein hat.«
    »Das werden wir schon noch herausbekommen.«
    Morse sprach mit der Überzeugung eines Propheten, der sich im Besitz der Wahrheit weiß. Und ganz allmählich und zunächst noch widerstrebend begann Lewis, die Verquickung der Ereignisse zu erkennen und auch die beinahe Unvermeidlichkeit, mit der sie auf den schrecklichen Höhepunkt zugesteuert waren. Ein Schulmädchen wird vermißt, und mehr als zwei Jahre später stirbt ein Lehrer an einer Stichwunde. Zwei unlösbare Probleme. Und dann auf einmal stellt sich heraus, daß die beiden Probleme in Wahrheit nur ein einziges Problem sind, das sich, in dem Moment, wo man dies erkannt hat, auch schon auflöst.
    »Und Sie denken also, daß sie an dem Dienstagmorgen hier abgefahren ist?«
    »Ja«, sagte Morse. »Und am selben Tage noch wieder zurück.«
    »Und es war wirklich Valerie, die …«
    Lewis dachte zurück an den Abend, an dem Baines ermordet worden war. »Dann war sie vielleicht zu dem Zeitpunkt, als Mrs. Phillipson und Acum vorbeikamen, sogar noch im Haus«, sagte er langsam.
    Morse nickte. »Könnte sein, ja.«
    Er stand auf, ging den schmalen Flur hinunter in das vordere Zimmer und sah aus dem Fenster. Draußen standen zwei kleine Jungen in respektvollem Abstand von dem Polizeifahrzeug und versuchten mit gereckten Hälsen ins Innere zu spähen. Ansonsten lag die Straße wie ausgestorben.
    »Machen Sie sich Sorgen, daß sie uns vielleicht entwischt ist?« fragte Lewis, als Morse wieder in die Küche zurückkehrte.
    »Warten wir noch ein paar Minuten«, sagte Morse und sah dabei zum zwanzigstenmal auf seine Uhr.
    »Ich habe gerade so nachgedacht, Sir. Sie muß eigentlich ein sehr tapferes Mädchen sein.«
    »Hm.«
    »Und er war ein schrecklicher Mann, oder nicht?«
    »Ja, er war ein absolutes Ekel«, sagte Morse mit leidenschaftlicher Überzeugung. »Aber ich glaube nicht, daß Valerie ihn allein deshalb

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