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. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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die kleine Bühne, auf der eine vollbusige Blondine gerade als Höhepunkt ihres Auftritts den Slip ablegte. Maguire hatte also nicht zuviel versprochen. Der Vorhang schloß sich, und ein paar der Männer klatschten halbherzig Beifall.
    »Woher wußten Sie, daß ich mal Boxmeister war?« flüsterte Lewis.
    Morse sah Lewis überrascht an. »Wußte ich gar nicht, habe ich nur so gesagt.«
    »Aber ich war nicht Mittelgewicht, sondern Halb mittelgewicht – nur damit Sie es beim nächstenmal wissen.«
    Morse grinste. Ein Lautsprecher kündigte den Auftritt der ›Fabelhaften Fiona‹ an. Der Vorhang rutschte mit kleinen, ruckartigen Bewegungen zur Seite und gab den Blick frei auf eine vollständig angezogene, etwas dralle Schöne, die sich alsbald daranmachte, sich zu den Klängen einer schwül-erotischen Hintergrundmusik langsam zu entkleiden, dabei zwischendurch einige ungelenke Tanzschritte einschiebend. Ihr schien jedoch jedes Gefühl für Rhythmus abzugehen, und so wirkten ihre Anstrengungen eher kläglich als verführerisch.
    Auch die ›Reizvolle Rosy‹ und die ›Sensationelle Sandra‹ rissen ihr Publikum nicht gerade vom Stuhl. Morse, der kaum seiner eigenen Langeweile Herr wurde, bemühte sich, seinen angeödet dasitzenden Sergeant aufzumuntern, indem er ihm Hoffnung machte, daß sie bestimmt noch spannendere Enthüllungsakte zu sehen bekommen würden. Tatsächlich kamen die nun folgenden Darbietungen der ›Sinnlichen Susi‹ und der ›Dominierenden Deborah‹ mit ihren Fächern, Peitschen, Bananen und Gummispinnen der Sache schon näher. Das nächste Mädchen, das die Bühne betrat, war angezogen wie zu einem Kostümball. Morse knuffte Lewis aufgeregt in die Rippen. Er hatte mit Kennerblick sofort festgestellt, daß sie etwas Besonderes war. Das Mädchen legte mit provozierendem Zögern ein Kleidungsstück nach dem anderen ab, bis sie schließlich nur noch eine Maske trug, deren Häßlichkeit die Vollkommenheit ihres Körpers effektvoll zur Geltung brachte.
    »Die hat Klasse, was, Lewis?«
    Doch selbst das Mädchen mit der Maske schien Lewis nicht sonderlich beeindruckt zu haben, und nachdem die Lautsprecherstimme hinter den Kulissen erneut die ›Fabelhafte Fiona‹ annoncierte, entschied Morse, wenn auch etwas unwillig, daß es wohl an der Zeit sei zu gehen. Draußen vor dem Saal war der Zwerg schon wieder dabei, einem Besucher Geld für eine Mitgliedskarte aus der Tasche zu ziehen. Sein Opfer, ein magerer, pickliger Bursche, ließ es willenlos mit sich geschehen. Als Morse und Lewis aus dem Dämmerlicht des Clubs ins Freie traten, mußten sie im ersten Moment vor der strahlenden Helle der Mittagssonne die Augen schließen. Morse atmete ein paarmal tief ein, er genoß die frische Luft.
    »Sag mir mal, wie du heißt, Bürschchen«, wandte er sich an den rothaarigen jungen Mann, der immer noch an der Eingangstür stand.
    »William Shakespeare. Und du?« sagte Maguire. Der Alte war wohl nicht ganz dicht. Was glaubte der denn, wer er war? Es war zwei Jahre her, daß jemand so mit ihm zu sprechen gewagt hatte. Damals in Kidlington in der Schule.
    »Wo können wir uns in Ruhe unterhalten?«
    »Was wollen Sie?«
    »Du bist doch John Maguire, wenn mich nicht alles täuscht – oder? Also. Ich möchte mit dir über Valerie Taylor reden; du wirst dich ja wohl noch an sie erinnern können, nehme ich an. Wenn es nach mir geht, können wir uns hier irgendwo zusammen hinsetzen und ein ruhiges und vernünftiges Gespräch miteinander führen. Das setzt voraus, daß du mitspielst. Wenn nicht – ganz einfach, dann geht es ab zum nächsten Revier. Es hängt nur von dir ab.«
    Maguire war blaß geworden. Er hob abwehrend die Hand. »Hier im Club geht es auf gar keinen Fall. Bitte. Um vier hab ich ’ne halbe Stunde Pause. Da gehe ich immer da drüben schnell was essen.« Mit einer fahrigen Handbewegung zeigte er zu einer fettigen Imbißstube auf der gegenüberliegenden Straßenseite, gleich neben dem Angel .
    Morse überlegte.
    »Bitte«, drängte Maguire. »Ich werde dasein. Ganz bestimmt.«
    Es war keine ganz einfache Entscheidung. Doch schließlich stimmte Morse zu. Maguire würde gesprächsbereiter sein, wenn er ihm entgegenkam.
    Während sie die Straße hinuntergingen, wies Morse den Sergeant an, mit dem Taxi zurück nach Southampton Terrace zu fahren und dort auf ihn zu warten. Falls Maguire vorhatte zu türmen, was Morse allerdings nicht sehr wahrscheinlich fand, würde er vermutlich erst noch einmal in seiner

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