Wurzeln
ich einen Nigger kalt!«
Endlich verließ der Masser das übel zugerichtete Sklavenquartier; George mußte ihn zum Hahnengrund fahren.
Als der alte Onkel Mingo sich dem geladenen Gewehr und Befehl, all seine Besitztümer vor dem Masser auszubreiten, gegenüberfand, fing er an zu jammern: »Hab doch nichts getan, Masser –«
»Hat jetzt schon ganzen Familien das Leben gekostet, wenn man den Niggern traut!« schrie Masser Lea. Er beschlagnahmte die Axt, die Hacke, den dünn geschliffenen Keil, einen Metallrahmen und die beiden Taschenmesser und brachte alles in den Wagen, während Hühner-George und Onkel Mingo ratlos dabeistanden und zusahen. »Falls ihr Nigger vorhabt, bei mir einzubrechen, kann ich euch nur sagen, daß ich von nun ab mit geladenem Gewehr schlafe«, rief er, trieb das Pferd an und verschwand in einer Staubwolke.
Kapitel 97
»Wie ich höre, hast du schon vier kleine Bälger, lauter Jungen!« Ein ganzes Jahr hatte es gedauert, bis Wut und Angst der Weißen im Süden nach dem mißglückten Aufstand der Neger verraucht waren, und Masser Lea war da keine Ausnahme gewesen. Zwar hatte er George schon bald nach der Rebellion wieder mit zu den Hahnenkämpfen genommen, doch dauerte es noch lange, bis der zwischen ihnen herrschende Ton weniger frostig wurde. Dabei gab es jetzt etwas, das sie enger miteinander verband, wenn auch keiner von beiden je davon sprach: die Hoffnung nämlich, daß es nie wieder zu einem blutigen Negeraufstand kommen möge.
»Ja, Masser! Ein stämmiger Junge ist heute ganz früh geboren«, sagte Hühner-George, der gerade ein Dutzend Eiweiß, einen halben Liter Bier, Hafergrütze, Weizenflocken und einige zerstampfte Kräuter vermengte, um daraus frische Kraftnahrung für die Kampfhähne zu backen. Der kranke Onkel Mingo hatte dieses »Geheimrezept« am Morgen nur ungern herausgerückt, aber Masser Lea hatte ihm befohlen, in seiner Hütte zu bleiben, bis sich seine plötzlichen und immer schlimmer werdenden Hustenanfälle gelegt hätten. Inzwischen war Hühner-George eifrig dabei, etwa zwanzig erstklassige Kampfhähne zu trainieren, die unter den sechsundsiebzig gerade ausgewachsenen und kürzlich in Zuchtkäfigen herantransportierten Tieren sorgfältig ausgewählt worden waren.
In neun Wochen sollten er und Masser Lea nach New Orleans reisen. Nach Jahren zahlreicher lokaler Siege und der Teilnahme an einigen staatlichen Wettkämpfen fand sich der Masser ermutigt, ein Dutzend seiner allerbesten Tiere bei dem am Neujahrstag stattfindenden großen Hauptkampf zur Eröffnung der Saison teilnehmen zu lassen. Sollten die Lea-Hähne auch nur die Hälfte ihrer Kämpfe gegen die dort versammelten Champions gewinnen, so würde der Masser sich damit nicht nur ein Vermögen, sondern auch über Nacht den Ruf eines der besten Kampfhahnzüchter des Südens erwerben. Und diese Aussicht war so erregend, daß Hühner-George kaum noch an etwas anderes zu denken vermochte.
Masser Lea führte sein Pferd an den Zaun und band es mit einem kurzen Strick fest. Dann schlenderte er zurück zu George, trat mit seinen Stiefeln gegen einen Grasklumpen und sagte: »Ist schon komisch. Da hast du vier Jungens und hast noch keinen nach mir genannt.«
Hühner-George war überrascht, erfreut – und verlegen. »Ist ja Wahr, Masser!« sagte er, ohne recht überzeugt zu klingen. »Das ist genau der Name für den Jungen – Tom! Ja, Masser, Tom !«
Der Masser schaute zufrieden drein. Dann blickte er auf die kleine Hütte unter dem Baum und fragte besorgt: »Wie geht’s dem Alten?«
»Um die Wahrheit zu sagen, Masser, gestern mitten in der Nacht hatte er einen schlimmen Hustenanfall. Deshalb haben sie Onkel Pompey hier runtergeschickt, damit ich gehn konnte, wenn Tilda das Baby kriegt, aber heute früh hab ich ihm was zu essen gekocht, und da hat er sich hingesetzt und alles gegessen, und dann hat er geschworen, es geht ihm gut. Er ist auch gleich wütend geworden, wie ich ihm gesagt hab, daß er im Bett bleiben soll, bis Ihr ihm sagt, daß er aufstehn kann.«
»Na, soll der alte Vogel ruhig noch einen Tag in seinem Nest bleiben«, sagte der Masser. »Vielleicht sollte ich einen Arzt kommen lassen, der ihn richtig untersucht. Diese schlimmen Hustenanfälle, die er immer wieder hat, verheißen ja nichts Gutes.«
»Sicher. Aber der gibt nun mal nichts auf Ärzte, Masser –«
»Worauf er was gibt, ist mir egal. Aber warten wir mal ab, wie er die Woche übersteht.«
Während der nächsten Stunde begutachtete
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