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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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noch was zu besprechen.«
    »Schön, ich seh euch später«, sagte Klein George und bedurfte keines weiteren Zuspruchs, um ins Sklavenquartier zu rennen.
    »Beeil dich lieber!« rief Hühner-George ihm nach. »Weiß nicht, wie lange Mammy deine Brüder noch davon abhalten kann, über die Reste herzufallen!« Tom und sein Vater blickten dem eilig davonwatschelnden Klein George nach und hielten sich die Seiten vor Lachen, bis er um die Kurve verschwunden war.
    »Wir sollten lieber mit sechzehn Jahren rechnen«, keuchte Hühner-George.
    »Wieso denn das?« fragte Tom besorgt.
    »So wie der Junge frißt, kostet’s mich ein Jahreseinkommen, bis ich ihn die Zeit über ernährt hab!«

Kapitel 103
    Hühner-George konnte sich nicht erinnern, die Hahnenkampfzüchter in Nord-Carolina jemals so aufgeregt erlebt zu haben wie in jenen späten Novembertagen 1855; es hatte sich herumgesprochen, daß Masser Jewett einen adligen reichen Hahnenzüchter aus England in seinem Haus zu Gast hatte, der mit dreißig seiner reinrassigen »Old England«-Kampfhähne, angeblich den besten, die es gab, über den Ozean gekommen war. Den letzten Nachrichten zufolge hatte dieser Engländer, ein gewisser Sir C. Eric Russell, Masser Jewetts handgeschriebene Einladung, seine Hähne gegen einige der besten in den Vereinigten Staaten kämpfen zu lassen, angenommen. Da sie aber langjährige Freunde waren, zogen sie es vor, nicht ihre eigenen Tiere gegeneinander antreten zu lassen, sondern jeder sollte zwanzig Tiere aufbieten, die sie gegen vierzig Kontrahenten kämpfen lassen wollten. Der Einsatz sollte insgesamt 30000 Dollar betragen, und für jede Einzelwette war ein Mindesteinsatz von zweihundertfünfzig Dollar pro Kampf vorgesehen. Ein anderer wohlhabender Hahnenzüchter hatte sich bereit erklärt, die vierzig Gegner zusammenzustellen – je fünf Tiere von sieben Bewerbern außer ihm selbst.
    Masser Lea mußte Hühner-George nicht erst sagen, daß er sich an diesem großen Geschäft zu beteiligen gedachte.
    »So«, sagte er, als er seine Anzahlung von 1875 Dollar geleistet hatte und auf die Pflanzung zurückgekehrt war, »jetzt bleiben uns sechs Wochen, die fünf Vögel zu trainieren.« – »Jasörr, das sollten wir schon schaffen, mein ich«, antwortete Hühner-George und suchte vergeblich seine Aufregung zu verbergen. Zu seiner eigenen Begeisterung über ein so großartiges Turnier kam bei Hühner-George noch die Überlegung hinzu, wie sich die Leute im Sklavenquartier freuen würden, denn Masser Lea schien dank all der Aufregung um fast fünfundzwanzig Jahre verjüngt. So erklärte er zu Hause: »Die wissen schon sehr gut, wen sie da auswählen! Der Masser sagt, das ist der Kampf, wo das meiste Geld drinsteckt, was er je erlebt hat – und der zweitgrößte, wo er je von gehört hat. Tatsache.«
    »Pah! Was soll denn das für ’n größerer gewesen sein?« fragte Onkel Pompey.
    Hühner-George erklärte. »Schätze, das war der vor zwanzig Jahren, als der klotzigreiche Masser Nicholas Arrington aus Nashville mit elf Planwagen, zweiundzwanzig Mann und dreihundert Vögeln trotz Straßenräubern und Indianern bis nach Mexiko fuhr. Da haben sie gegen noch mal dreihundert Hähne gekämpft, die dem Präsident von Mexiko, einem gewissen General Santa Ana, gehörten. Der hatte so viel Geld, daß er’s nicht mal zählen konnte, und behauptete, daß er die besten Kampfhähne von der Welt hätte. Der Masser hat gesagt, allein die Kämpfe von den Tieren dieser beiden Männer hätten eine ganze Woche gedauert! Ihr Einsatz war so groß, daß er ’ne ganze Truhe mit Geld füllte. Sogar die Einzelwetten hätten noch leicht einen reichen Mann zugrunde richten können. Schließlich hat dieser Masser Arrington aus Tennessee ’ne halbe Million Dollar eingesteckt. Seine Vögel hatte er Krüppel-Tonys genannt – nach seinem verkrüppelten Niggertrainer, der Tony hieß. Und der mexikanische General Santa Ana war auf einen dieser Krüppel-Tonys so scharf und wollte ihn als Zuchthahn, daß er dafür das Gewicht in Gold bezahlt hat!«
    »Ich seh schon. Sollte vielleicht auch besser ins Hühnergeschäft einsteigen«, sagte Onkel Pompey.
    In den nächsten sechs Wochen sah man Hühner-George und Masser Lea kaum einmal auf der Pflanzung. »Ist schon gut, daß der Masser da unten bei den Hühnern bleibt, die alte Missis ist wieder mal furchtbar sauer«, berichtete Miss Malizy am Ende der dritten Woche den Bewohnern des Sklavenquartiers. »Hab erst vor kurzem wieder

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