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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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lassen, daß du ihn für einen erstklassigen Masser hältst, der von seinen Niggern bewundert wird.« Hühner-George schwieg einen Moment. »Der Masser Askew, bei dem du da jetzt arbeitest – was meinst du wohl, wieviel Geld der dem Nigger Isaiah für sein Schmieden gibt?«
    »Schätze, einen Dollar die Woche«, sagte Tom. »Hab mal gehört, wie seine Frau sagte, daß er ihr soviel jede Woche zum Sparen gibt, und der spart bestimmt jeden Penny.«
    »Soviel kannst du beim Hahnenkampf in weniger wie einer Minute verdienen«, sagte Hühner-George, aber dann hielt er sich zurück. »Na, jedenfalls kannst du mir das mit dem Geld überlassen, wenn du zurückkommst und für den Masser arbeitest. Ich werd ihm einfach erzählen, wie knickrig Masser Askew mit seinem Nigger ist.«
    »Ja, Pappy.«
    Hühner-George hatte das Gefühl, daß er die Zustimmung und das Vertrauen dieses Sohnes besonders brauchte – obwohl er an den anderen fünfen durchaus nichts auszusetzen hatte und Tom bestimmt der letzte war, der je mit grünem Schal und schwarzem Hut mit Hahnenfedern auftreten würde. Dies lag wohl vor allem daran, daß Tom ohne Zweifel ein Verantwortungsgefühl zeigte, dem man nicht alle Tage begegnete, außerdem war er zuverlässig und stark.
    Sie waren schweigend weitergegangen, und plötzlich sagte Hühner-George: »Hast du jemals daran gedacht, dich als Schmied selbständig zu machen, Junge?«
    »Was meinst du damit? Wie soll ich denn so was können, Pappy?«
    »Hast du je daran gedacht, daß du dir dein Geld sparen kannst, um dich eines Tages freizukaufen?«
    Tom war wie vom Donner gerührt und fand keine Worte. Also fuhr Hühner-George fort.
    »Vor ein paar Jahren, ungefähr als Klein Kizzy auf die Welt kam, hab ich mich mit deiner Mammy hingesetzt, und dann haben wir mal ausgerechnet, wieviel es kostet, wenn wir die ganze Familie freikaufen würden – dabei haben wir an die Preise gedacht, die man heutzutage so für Nigger bezahlt. Das kommt auf ungefähr sechstausendachthundert Dollar –«
    »Waao!« Tom schüttelte den Kopf.
    »Nu hör mir schon bis zu Ende zu!« sagte George. »Klar, ist ’ne Menge Geld! Aber seit damals hab ich mir mit den Hahnenkämpfen den Arsch abgearbeitet, und deine Mammy hat alle meine Gewinnanteile zur Seite gelegt. Hab zwar nicht soviel gewonnen, wie ich am Anfang gehofft hatte, und jetzt weiß es niemand außer deiner Mammy und ich – und du –, sie hat mehr als tausend Dollar in Weckgläsern im Hinterhof versteckt!« Hühner-George sah Tom an. »Junge, da hab ich mir eben gedacht –«
    »Ich auch, Pappy!« Toms Augen leuchteten auf.
    »Nun hör mal gut zu, Junge!« Hühner-George sprach immer eindringlicher. »Wenn ich weiter ungefähr soviel verdiene wie in den letzten paar Saisons, dann sollte ich noch weitere drei- oder vierhundert zusammenhaben, bis du mit dem Schmieden für den Masser anfängst.«
    Tom nickte eifrig mit dem Kopf. »Wenn wir dann beide Geld verdienen, kann Mammy vielleicht fünf- oder sechshundert im Jahr auf die Kante legen«, sagte er aufgeregt.
    »Ja!« sagte Hühner-George. »Und wenn dann die Niggerpreise nicht angestiegen sind, sollten wir genug haben, um die ganze Familie freizukaufen – dazu brauchen wir ungefähr – warte mal–«
    Sie rechneten beide angestrengt mit ihren Fingern. Nach einer Weile verkündete Tom: »Ungefähr fünfzehn Jahre!«
    »Wo hast du so schnell rechnen gelernt? Na, was hältst du von meiner Idee, Junge?«
    »Pappy, ich werde schmieden, bis mir der Schädel raucht! Ich wünschte nur, du hättest mir ’s früher gesagt.«
    »Wir beide werden es bestimmt schaffen, das weiß ich!« verkündete George strahlend. »Wir werden die Familie zu was bringen! Dann fahren wir in den Norden, und unsere Kinder und Enkelkinder wachsen als freie Menschen auf, so wie sich’s gehört! Was meinst du dazu, Junge?«
    Sie waren beide tief gerührt und umarmten sich, als sie die pummelige Gestalt des kleinen George auftauchen sahen. Er rannte ihnen entgegen, rief »Tom! Tom« und grinste bis über beide Ohren. Ganz atemlos kam er bei ihnen an, sein Herz pochte heftig. Er ergriff Toms Hände, schüttelte sie und klopfte ihm freudig auf die Schulter. »Freu mich – dich – zu sehn – Tom!« schnaufte er.
    »Paß auf, Junge«, sagte Hühner-George. »Wenn du so weitermachst, hast du keine Kraft mehr zum Essen.«
    »Dazu bin ich – nie zu müde – Pappy!«
    »Dann beeil dich mal und lauf zum Essen. Wir kommen gleich nach. Pappy und ich, wir haben

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