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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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galoppierte ein Reiter in der grauen Offiziersuniform der Konföderierten den Zufahrtsweg zur Murray-Pflan­zung hinauf. Schon aus der Entfernung mutete er Tom irgendwie bekannt an. Als er näher herangekommen war, sah Tom zu seinem Entsetzen, daß es sich um niemand anderen handelte als den früheren Sheriff Cates, den Produktenhändler. Dem war es zu verdanken gewesen, daß Hühner-George das Land hatte verlassen müssen – nach dem verhängnisvollen Gespräch mit Masser Murray. Mit wachsender Besorgnis beobachtete Tom, wie Cates vom Pferd stieg und im Inneren des Hauses verschwand. Kurz danach kam auch schon Matilda in die Schmiede gelaufen, die Wangen grau vor Aufregung.
    »Der Masser will was von dir, Tom. Er redet mit diesem Saukerl Gates – was können die bloß mit dir vorhaben?«
    Alle möglichen Gedanken blitzten in Tom auf. Ja, er hatte davon reden hören, daß viele Pflanzer ihre Sklaven mit in den Krieg nahmen. Andere hatten freiwillig der Armee die Dienste der Sklaven mit handwerklichen Fertigkeiten angeboten, besonders die der als Tischler, Sattler und als Schmiede ausgebildeten Männer.
    So ruhig wie möglich sagte Tom: »Was weiß ich, Mammy. Werd mich halt erkundigen. Ist das beste, nicht wahr?«
    Gefaßt, aber langsam ging Tom in Richtung auf das Herrenhaus.
    »Tom, du kennst Major Cates?« leitete Murray das Gespräch ein.
    »Jasörr.« Tom vermied es, Cates anzuschauen.
    »Major Cates kommandiert eine neu aufgestellte Kavallerieeinheit. Sie wird in einem Nachschublager ausgebildet, und sie brauchen dich, zum Pferdebeschlagen.«
    Tom schluckte. Und er hörte durchaus, wie beklommen seine eigenen Worte klangen: »Heißt das – ich muß in den Krieg ziehen, Masser?«
    Darauf Cates, verächtlich: »Wir brauchen keine Nigger, dort, wo wir kämpfen – damit sie abhauen, wenn sie die erste Kugel pfeifen hören. Nein, du wirst lediglich unsere Pferde beschlagen – im Übungslager, kapiert?«
    Tom verspürte eine gewisse Erleichterung.
    »Jasörr.«
    »Der Major und ich haben die Einzelheiten besprochen«, sagte Murray, »du wirst abwechselnd eine Woche für seine Kavallerie arbeiten, die andere Woche hier für mich – solange der Krieg dauert. Und es sieht ja nicht danach aus, als ob es eine lange Angelegenheit wird.«
    Murray schaute auf Major Cates.
    »Wann soll er bei Euch anfangen?«
    »Morgen früh, wenn’s Euch recht ist, Mr. Murray.«
    »Natürlich, das ist unsere Pflicht für den Süden«, antwortete Masser Murray rasch, und er schien zufrieden, auf diese Weise bei den Kriegsanstrengungen behilflich sein zu können.
    »Ich hoffe, der Nigger versteht sein Fach«, sagte Cates, »beim Militär gibt’s kein geruhsames Leben wie auf der Pflanzung.«
    »Ich bin sicher, Tom weiß, wie man sich dort zu verhalten hat.« Masser Murray blickte vertrauensvoll auf Tom. »Noch heute abend stelle ich ihm das Reisepapier aus. Morgen früh nimmt er einen meiner Maulesel und wird sich sofort bei Euch melden.«
    »Schön«, sagte Cates. Dann blitzte er Tom flüchtig an.
    »Hufeisen haben wir, aber du bringst gefälligst dein eigenes Werkzeug mit. Und was ich noch sagen wollte: wir erwarten anständige und schnelle Arbeit. Wir haben keine Zeit zu verschwenden, kapiert?«
    »Jasörr.«
    Als Tom mit dem eilig gepackten Werkzeugkasten voll Beschlagszeug zur Eisenbahn-Re­pa­ra­tur­werk­stät­te kam, wo sich das Nachschublager befand, sah er das leicht bewaldete Gelände mit langen Reihen von einheitlich ausgerichteten kleinen Zelten besetzt. Er hörte Hornsignale und zwischendurch immer wieder Flintenschüsse.
    Gleich darauf galoppierte ein berittener Wachtposten auf ihn zu.
    »Du bist wohl auf ’m falschen Kurs, Nigger. Siehst du nicht, daß dies hier Armeegebiet ist?« brüllte der Soldat.
    »Major Cates hat mich hierher befohlen – zum Beschlagen der Pferde«, antwortete Tom leicht nervös.
    »Ach so. Die Kavallerie liegt da drüben –«, der Wachtposten zeigte, wo, »und beeil dich – bevor dir die Beine angeschossen werden.«
    Tom beschleunigte das Tier durch leichte Tritte in die Flanken und lenkte es zu einer kleinen Anhöhe. Dort übte eine Gruppe von Reitern in Viererreihen. Hinter den Offizieren, die laut ihre Kommandos gaben, ritt Major Cates auf und ab. Als dieser ihn bemerkte, gab er einem Soldaten ein Zeichen, der sogleich in seine Richtung sprengte. Tom wartete.
    »Du bist der Nigger für die Schmiedearbeiten?«
    »Jasörr.«
    Der Soldat deutete auf eine kleine Gruppe von Zelten.
    »Dort

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