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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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finden ihren Weg nach den Sternen, der Sonne und dem Wind. Janneh und ich sind drei Monde lang auf solchen Tieren geritten und haben nur selten haltgemacht, um sie zu tränken.«
    »Dafür aber häufig, um die Banditen zu verjagen!« warf Janneh ein.
    »Einmal gehörten wir zu einer Karawane von 12000 Kamelen«, fuhr Saloum fort, »das heißt, genau gesagt waren es viele kleine Karawanen, die zusammen reisten, um sich besser gegen Räuber schützen zu können.«
    Während Saloum sprach, entrollte Janneh eine große gegerbte Haut. Auf einen Wink des Ältesten warfen junge Männer eifrig trockene Zweige ins Feuer, und im Schein der auflodernden Flamme verfolgten Kunta und die anderen Jannehs Finger, der über eine sonderbare Zeichnung glitt. »Dies ist Afrika«, sagte er dabei. Dann deutete er auf »das große Wasser« im Westen und auf »die große Sandwüste«, viele Male größer als ganz Gambia, das auf seiner Zeichnung links unten zu sehen war. »Die Kähne der toubobs bringen zur Nordküste Afrikas Porzellan, Gewürze, Pferde, Stoffe und unzählige andere Dinge, die von Menschen gemacht worden sind«, sagte Saloum. »Auf Kamelen und Eseln bringen sie diese Waren ins Land, an Orte wie Sijilmasa, Ghadames, Marrakesch.« Und er deutete mit dem Finger auf diese Orte. »Und während wir hier sitzen, tragen ungezählte Männer schwere Lasten afrikanischer Güter zu den Kähnen der toubobs – Elfenbein, Häute, Oliven, Datteln, Kolanüsse, Baumwolle, Kupfer, Edelsteine.«
    Kunta schwirrte der Kopf von alledem, was er da hörte, und er schwor sich, künftig alle diese aufregenden Orte zu besuchen.
    Der Ausgucktrommler ließ sich jetzt aus einiger Entfernung vernehmen: »Der marabout kommt!« Sogleich bildete sich ein Empfangskomitee, bestehend aus den Gründern des Dorfes, Janneh und Saloum, dem Ältestenrat, dem alimamo und dem arafang , ferner aus den Ehrengästen, darunter auch Omoro. Kunta erhielt seinen Platz bei den gleichaltrigen Knaben des Dorfes angewiesen. Musikanten zogen ihnen voran zum Baum der Reisenden, wo sie im gleichen Moment eintrafen wie der heilige Mann. Kunta starrte den weißbärtigen, sehr schwarzen Mann an, der an der Spitze seines ermüdeten Gefolges einherschritt. Männer, Frauen und Kinder trugen schwere Kopflasten, ausgenommen einige Hirten, die Rinder und, wie Kunta schätzte, an die hundert Geißen trieben.
    Der heilige Mann segnete rasch die zu seiner Begrüßung erschienenen Männer und hieß sie sich von den Knien erheben. Er spendete Janneh und Saloum noch einen besonderen Segen. Janneh stellte Omoro vor, und Saloum winkte Kunta herbei, der gleich angerannt kam. »Dies ist mein ältester Sohn«, stellte Omoro ihn vor. »Er trägt den Namen des heiligen Großvaters.«
    Kunta hörte den marabout über seinen Kopf hinweg arabisch sprechen, das er nicht verstand, ausgenommen den Namen seines Großvaters, dann berührten die Finger des heiligen Mannes seinen Kopf so leicht wie die Flügel eines Schmetterlings. Als der marabout sich den anderen Würdenträgern zuwandte, lief Kunta zu seinen Altersgenossen zurück. Der marabout unterredete sich mit diesen Männern übrigens wie ein gewöhnlicher Sterblicher. Kunta und seine Gruppe lösten sich von der Menge und betrachteten aus einiger Entfernung mit Staunen das zahlreiche Gefolge des heiligen Mannes.
    Frauen und Kinder des marabout zogen sich schon bald in Gästehütten zurück, während seine Schüler sich niederließen, aus ihren Bündeln Bücher und Handschriften auspackten – alles das Eigentum ihres Lehrers – und laut jenen vorlasen, die sich um sie her hockten, um zuzuhören. Kunta bemerkte, daß die Sklaven nicht zusammen mit den anderen das Dorf betraten. Sie blieben außerhalb, nahe dem Zaun, wo sie auch Rinder und Ziegen angebunden hatten. Zum erstenmal sah Kunta hier Sklaven, die sich von den übrigen fernhielten.
    Der heilige Mann konnte sich kaum bewegen, so sehr wurde er beengt von Menschen, die um ihn knieten. Dörfler und Besucher berührten mit der Stirn den Staub zu seinen Füßen und baten ihn, ihre Bitten zu erhören, wobei einige auch sein Gewand anzufassen suchten. Manche baten ihn, ihre Dörfer zu besuchen und Gottesdienste abzuhalten, weil dies lange nicht mehr geschehen sei. Andere wollten seinen Richtspruch, denn im Islam sind Religion und Recht eines. Väter wünschten von ihm bedeutungsvolle Namen für ihre Kinder zu hören, und Gäste aus Dörfern ohne arafang fragten, ob er nicht einen Schüler entbehren

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