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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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Lippen auseinander und betrachtete seine Zähne. Kunta wollte aufspringen, doch nach einem weiteren Peitschenhieb ließ er sich bebend vom toubob an Augen, Brust und Leib betasten. Als die Finger nach seinem foto griffen. warf er sich mit einem erstickten Aufschrei zur Seite. Es bedurfte zweier slatis und weiterer Peitschenhiebe, ihn dazu zu bringen, daß er sich nach vorne beugte; entsetzt spürte er, wie seine Hinterbacken gespreizt wurden. Dann stieß der weißhaarige toubob Kunta grob zur Seite und inspizierte die übrigen Gefangenen auf gleiche Weise, sogar die Geschlechtsteile der jammernden Frauen. Anschließend mußten die Gefangenen, angefeuert von Zurufen und Peitschenhieben, innerhalb der Umzäunung laufen und springen.
    Der weißhaarige toubob und der Große mit dem Narbengesicht sahen zu, traten sodann ein Stück zur Seite und sprachen leise miteinander. Der Weißhaarige winkte einem anderen toubob und deutete auf vier Männer – einer von ihnen war Kunta – und zwei Frauen. Der toubob blickte empört, er zeigte einladend auf die anderen, doch der Weißhaarige schüttelte entschieden den Kopf. Kunta sah wutschnaubend zu, wie die toubobs miteinander stritten. Schließlich schrieb der Weißhaarige ärgerlich etwas auf ein Stück Papier, das der andere toubob wütend entgegennahm.
    Kunta tobte und brüllte, als die slatis ihn von neuem packten. Mit angstvoll aufgerissenen Augen verfolgte er, wie ein toubob ein langes, schmales Eisen aus dem Feuer zog, das der Weißhaarige mitgebracht hatte. Kunta schlug schon um sich und schrie, bevor das glühende Eisen ihm zwischen die Schultern gedrückt wurde. Die Schreie derer, die nach ihm an die Reihe kamen, gellten im Bambushain. Über das Zeichen, das er auf den Rücken der anderen sah, wurde rotes Palmöl gestrichen.
    Kaum eine Stunde war vergangen, da humpelten sie kettenklirrend in einer Reihe dahin, und die slatis hieben auf jeden ein, der stehenblieb oder stolperte. Kuntas Schulter und Rücken waren von blutenden Striemen überzogen, als sie spätabends zwei unter überhängenden Mangroven am Flußufer versteckte Kanus erreichten. In zwei Gruppen aufgeteilt, wurden sie von den slatis durch das Dunkel gerudert, belauert von den toubobs , die jedes Zeichen von Widerstand mit der Peitsche beantworteten.
    Als Kunta vor sich in der Nacht einen dunklen Umriß aufragen sah, ahnte er, daß dies seine letzte Chance war. Er schnellte sich in die Höhe und brachte bei dem Versuch, über Bord zu springen, fast das Kanu zum Kentern; doch er war an die anderen gefesselt und schaffte es nicht. Die Peitschenhiebe und Knüttelschläge, die auf Rippen, Gesicht und Kopf prasselten, während das Kanu gegen die Seite des großen dunklen Dinges stieß, spürte er kaum. Er fühlte warmes Blut im Gesicht und hörte über sich die Stimmen vieler toubobs. Ein Netz wurde über ihn geworfen, und er war hilflos. Nachdem man ihn eine merkwürdige Leiter aus Stricken halb hinaufgezogen, halb hinaufgestoßen hatte, war noch Kraft zu einem weiteren Ausbruchsversuch in ihm, doch wieder trafen ihn Peitschen, und Hände packten ihn. Es roch überwältigend nach toubob , Frauen schrien, toubobs fluchten dröhnend.
    Durch geschwollene Lider sah Kunta ein Dickicht von Beinen und Füßen um sich her. Als er, das blutende Gesicht mit dem Unterarm schützend, einen Blick nach oben warf, gewahrte er den untersetzten weißhaarigen toubob , der ganz gelassen etwas in ein kleines Buch schrieb. Dann wurde er hochgerissen und vorwärts gestoßen. Er sah flüchtig große Pfosten mit weißen Tüchern daran, dann wurde er schmale Stufen hinuntergestoßen in pechschwarze Dunkelheit und von unsäglichem Gestank und ohrenbetäubenden Angstschreien aufgenommen.
    Kunta mußte sich übergeben, als die toubobs – in den Händen trübgelb brennende Flammen in eisernen Gehäusen – ihm Hände und Füße fesselten und ihn zwischen zwei andere stöhnende Männer warfen. Bei allem Entsetzen entging ihm nicht, daß die übrigen, die mit ihm gekommen waren, anderswo angekettet wurden. Dann verwirrten sich seine Gedanken, er glaubte zu träumen. Und tatsächlich versank er in gnädigen Schlaf.

Kapitel 35
    Wenn die Ladeluke geöffnet wurde, sah Kunta, ob es Tag oder Nacht war. Wenn er sie knarren hörte, hob er den Kopf – die einzige Bewegung, die ihm seine Ketten und Fesseln erlaubten – und nahm undeutlich vier toubobs wahr, zwei mit Lichtern und Peitschen zum Schutz der beiden anderen, die einen Kübel Essen durch

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