Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
lag vor allem daran, dass sich an dieser Stelle Kiesablagerungen befanden, die für klares Wasser sorgten. Zudem war hier die Strömung entlang des Ufers schwach, sodass für die Badenden keine groÃe Gefahr bestand.
Vanessa hatte sich diesen Tag extra freigenommen und schon morgens die drei Kinder ihres Bruders ins Auto gepackt. Nun waren sie unterwegs zum Strandbad, wo sie den Tag gemeinsam verbringen wollten. Vanessa liebte ihren Neffen und ihre Nichten über alles, doch meistens war sie, wenn sie zu Besuch kamen, voll und ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt. Dieses Mal sollte es anders sein, weswegen sie bereits im Vorfeld alles genau geplant und bereits vor Wochen bei ihrem Arbeitgeber Urlaub eingereicht hatte.
Ungeduldig saÃen die fünfjährige Ira und die dreijährige Luise auf dem Rücksitz von Vanessas Wagen. Während der Fahrt schauten sie aus dem Fenster und spielten ein Spiel, das Vanessa nicht ganz verstand. Auf dem Beifahrersitz saà Marcel, der bereits zwölf und damit um einige Jahre älter war als seine beiden Schwestern.
Nun spielten Ira und Luise in aller Ruhe »Ich sehe was, was du nicht siehst«. Es gab keinen Streit und keine Tränen. Die junge Frau freute sich, so konnte der Tag weitergehen. Ein Sommergefühl wie in ihrer Kindheit überkam sie, gleich würde es nach Sonnencreme riechen⦠Sie freute sich darauf!
Während der Fahrt unterhielt sie sich angeregt mit ihrem Neffen, der von seinen ersten Erfahrungen auf dem Gymnasium und seinen neuen Lieblingsfächern erzählte. Vanessa öffnete eines der Fenster ihres Autos, sodass der leichte Fahrtwind für Kühlung im Inneren sorgte.
Der teilweise steinige Boden knisterte unter den Reifen, als Vanessa endlich den Parkplatz am Strandbad erreicht hatte. Da es Montag war und noch dazu früh am Morgen, standen auf dem Parkplatz lediglich zwei weitere Autos und einige Fahrräder. Es würde am Strandbad also noch richtig schön leer sein. Sie stieg aus, nahm den Picknickkorb aus dem Kofferraum und half ihren Nichten aus den Kindersitzen.
»Das soll ein Strandbad sein?«, jammerte Marcel sofort, als er den Rhein sah.
Vanessa blickte sich um. Die Spuren des Hochwassers in der vergangenen Woche waren noch deutlich zu sehen, und die Nordsee, die ihre Nichten und ihr Neffe kannten, sah auch anders aus. Dennoch war dies der Ort, an dem sie in ihrer Kindheit eine Menge Zeit verbracht hatte, und das Gefühl der Sorglosigkeit, das sie damit verband, wollte sie nun auch den Kindern vermitteln.
»Ich weiÃ, ich weiÃ. Dort, wo ihr wohnt, sieht ein Strandbad anders aus!«, versuchte Vanessa die Enttäuschung aufzufangen.
»Bei uns gibt es ganz viel Sand!«, warf Ira ein.
»Ja, viel, viel Sand«, bestätigte Luise ihre Schwester.
»Was macht ihr denn am Strand am liebsten?«, fragte Vanessa.
»Sandburgen bauen«, antwortete Marcel trocken.
Sandburgen bauen. Das ging ja gut los. Vanessa schaute in den Picknickkorb. Dort hatte sie noch ein Federballspiel, Boule-Kugeln und eine Packung Eis, die sie bald essen mussten, weil sie viel zu schnell schmolz. Eine Sandburg würden sie heute ganz sicher nicht bauen. Dann schaute sie um sich. Das Wasser des Rheins war immer noch weit aus seinem Flussbett getreten. Die frühsommerlichen Regenfälle der vergangenen Woche hatten dafür gesorgt, dass viele Flüsse überschwemmt waren. Der Neckar hatte Hochwasser und der Rhein sowieso. Die Bäume, unter denen sie sonst ihre Picknickdecke ausbreitete, standen fünf Meter weit im Wasser. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr war klar gewesen, dass der Wasserstand höher sein musste als normalerweise, aber dass der Rhein nach so vielen Tagen noch so viel vom Ufer verschlingen würde, überraschte sie nun doch. Sie musste auf die Kinder aufpassen, sie durften auf keinen Fall ins Wasser, denn an den vorbeirauschenden Holzstücken und Baumresten konnte man sehen, dass die Strömung viel zu heftig war.
Ihr besonderer Tag, für den sie sich extra freigenommen hatte, schien durch das Hochwasser gefährdet.
»ScheiÃe!«, fluchte sie.
»ScheiÃe sagt man nicht!«, verbesserte sie die kleine Ira.
»Das hat uns Frau Bauer aus dem Kindergarten beigebracht!«, bestätigte ihre Schwester.
»Deine Kindergärtnerin hat vollkommen recht. Das sagt man nicht. Ich wollte eigentlich Schade sagen«, log sich Vanessa aus der Situation.
Ira
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