Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
jemand?«
»Deine Rückschlüsse machen durchaus Sinn, doch können wir erst sicher sein, wenn wir Spuren der Leiche am Tatort oder Spuren des Tatorts an der Leiche finden«, erklärte Fatih die Sachlage, als ob sie Olivia nicht klar wäre. »Ach ja, und sag Moritz, dass das Bild unterwegs ist.«
»Welches Bild?«, fragte Olivia.
Doch Fatih hatte bereits aufgelegt.
»Check mal deine E-Mails«, forderte Moritz sie auf. Olivia tat, worum Moritz sie gebeten hatte und öffnete eine E-Mail von Fatih mit einem kaschierten Bild der Leiche. »Sind das die Augen in die du vorgestern Nacht geglaubt hast zu sehen?«
Sie blickte in die Augen des Toten. Dieses Mal waren sie weit geöffnet.
»Wie?«, polterte sie los. Sie wunderte sich über das Foto. »Photoshop.« Moritz zuckte mit den Schultern. »Ich hab seinen Blick rekonstruieren lassen. Zuvor waren seine Augen zu, und nun sind sie geöffnet.«
Olivia verstand nicht.
»Das sind die Augen des Toten â offen und in das Gesicht hineinkopiert«, sagte Moritz, während Olivia wie gebannt auf das Display des Smartphones schaute.
»Das könnten wirklich die Augen des Toten aus der S-Bahn sein«, wiederholte sie.
Aber ich bin mir nicht hundertprozentig sicher. Nur sage ich das besser nicht laut, sonst geht die Geschichte mit dem Fehlalarm von vorne los
.
Wie bereits am Vormittag wollte Moritz auch jetzt nicht selbst fahren und überlieà den Feierabendverkehr Olivia. Sie waren unterwegs zu einem Tätowierstudio auf dem Waldhof, jenem Stadtteil, der den berühmtesten und in manchen Augen berüchtigtsten FuÃballverein der Stadt beherbergte: Den SV Waldhof Mannheim, der seine gröÃte Zeit in den Achtzigerjahren hatte. Moritz erinnerte sich noch gut daran, wie er als Kind Autogrammkarten gesammelt und die Spiele besucht hatte, die in den ersten Jahren nach dem Bundesligaaufstieg 1983 im Ludwigshafener Südweststadion ausgetragen worden waren.
Zunächst fuhr Olivia über die Neckarbrücke, die den gleichnamigen Fluss überspannte, kurz bevor er in den Rhein mündete. Dann ging es auf der B 44 immer weiter in Richtung Mannheimer Norden. Ein Wohnblock folgte auf den anderen, die wenigsten davon waren neueren Datums. Als Olivia schon glaubte, dass sie gar nicht mehr aufhören würden, gingen die Blocks in kleine Reihenhäuser über, die vermutlich aus den DreiÃigerjahren stammten und mit ihren Walmdächern und Dachgauben ganz nett aussahen. Manche waren bunt gestrichen, andere grau und heruntergekommen, manche hatten Zäune um die Minivorgärten, manche einen Abstellplatz, auf den gerade mal ein Anhänger passte, zu allen führten ein paar Treppen hoch. Moritz erklärte Olivia, dass westlich von ihnen der Rhein ganz nah war. Kurz darauf kamen sie über eine groÃe Kreuzung, die StraÃenbahn mündete ein und teilte ab jetzt die vierspurige StraÃe. Nach einer Unterführung wurde rechter Hand der Blick durch einen Sichtschutzzaun begrenzt, der irgendwann nach links zu wechseln schien. Die Gegend schien Olivia immer trister und öder zu werden, und als sie gerade ganz die Lust daran verlor, unterbrach Moritz die Stille im Auto.
»Und wie gefällt dir Mannheim?«,
»Frag besser nicht.«
»Gefällt es dir hier nicht?« Moritz schien erstaunt.
»Ich bin noch nicht einmal 24 Stunden in Mannheim. Vor zwei Wochen war ich kurz hier, um die Wohnung zu mieten, da hab ich fast nichts von der Stadt gesehen. Gestern Nacht hab ich einen Mord beobachtet, was mir bislang niemand wirklich glaubt, und seither suchen wir ununterbrochen den Mörder. Einen warmen Empfang nenne ich etwas anderes. Auf den ersten Blick gefällt es mir nicht so richtig.«
»Tja, an meinen ersten Eindruck kann ich mich nicht mehr erinnern.« Er grinste breit. »Ich bin nämlich in Mannheim geboren. Also mir gefälltâs hier. Warte mal ab, das kommt bei dir auch noch!«
Er kramte in der CD-Box, die er vor ein paar Jahren mit in den Dienstwagen genommen hatte, holte eine CD von Chris Cosmo heraus und schob sie in das Autoradio, dann drückte er auf »Play«.
»In Mannheim weint man zweimal: Wenn es einen hierher verschlägt. In Mannheim weint man zweimal: Einmal, wenn man kommt, und einmal, wenn man geht«, klang es aus den Boxen.
Olivia gefiel das Lied, irgendwie gab es zum Teil die Stimmung wieder, in der sie sich befand.
»Es
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