Wyoming 2 - Wildes Herz
vergessen zu haben, wie man atmete, ganz zu schweigen davon, wie man auch nur ein Wort von sich gab. Es war in dem Moment passiert, in dem ihre Blicke sich trafen.
Colt schien dasselbe Problem zu haben, denn er hatte das letzte Wort kaum noch herausgebracht, und es folgten auch keine weiteren Worte. Er stand da und umklammerte mit der einen Hand den Türgriff, während er die andere flach gegen die Wand des Korridors preßte und sich lediglich ins Zimmer beugte. Genau bis dahin war er gekommen, als er sie gesehen hatte. Und er rührte sich nicht aus dieser Haltung - zumindest rührte sich sein Körper nicht. Seine Augen dagegen waren durchaus in Bewegung und glitten über jeden Zentimeter ihres Körpers, von dem flammend roten Haar, das jetzt wüst zerzaust war, bis zu den nackten Zehen, die unter diesem unglaublichen Hauch von schimmerndem, hautengem grünen Satin herausschauten, und über alles, was dazwischen war allmächtiger Gott. Als sie so dastand, hätte ihr Anblick ihn zu Glut und Asche zerfallen lassen können.
»Ich habe mich gefragt... schon oft gefragt... worin du schläfst. «
Selbst wenn Jocelyn Worte gefunden hätte, hätte sie nicht gewußt, zu reagieren. Sie hatte gerade erst wieder angefangen zu atmen, und selbst das gelang ihr nur mit Mühe. Sie brachte immer noch kein Wort heraus und konnte sich nicht von der Stelle rühren. Sie hatte Angst, auch nur einen Schritt zu wagen, denn sie fürchtete, daß ihre Knie unter ihr nachgeben würden. Und das war nicht ihre einzige Befürchtung. Seine Augen, die sonst so unergründlich waren, loderten jetzt mit einer solchen Glut, daß sie sich von ihnen versengt fühlte, grenzenlos fasziniert - aber auch verängstigt. Sie war machtlos gegen ihre Angst, denn ihr fiel wieder ein, daß er kein einziges Mal zart mit ihr umgegangen war, und im Moment wirkte er alles andere als sanftmütig.
Ohne seinen Blick von ihr zu lösen, trat Colt so weit ins Zimmer, daß er die Tür hinter sich schließen konnte. Er verriegelte sie, während seine Blicke immer noch über sie schweiften.
Wenn sie nicht vorher schon gewußt hätte, daß ihr Warten ein Ende gefunden hatte - jetzt war jeder Zweifel gewichen. Aber sie hatte bereits Gewißheit. Er würde sie nehmen. Sie hätte sich ihm jetzt nicht mehr widersetzen können, selbst dann nicht, wenn sie es gewollt hätte. Und sie wollte es nicht. Sie begehrte ihn, trotz ihrer Angst und obwohl sie wußte, daß sie weit eher ungezügelte Leidenschaft als sanfte Zärtlichkeit bekommen würde. Sie wußte nicht, warum er sich angesichts dessen nicht anders überlegte und wieder durchs Fenster zu fliehen versuchte. Sie wußte nur, daß er der erste sein mußte, daß sie sich nicht vorstellen konnte, ein anderer könne sie so berühren, wie sie sich von ihm berühren lassen würde.
Ihre aufkeimende Leidenschaft und ihre nervöse Entschlossenheit waren nicht so ausgeprägt wie ihre Angst, die alles war, was Colt in ihrer Regungslosigkeit spürte und in ihrem Blick aus weit aufgerissenen Augen sah. Auf primitive Weise entflammte ihn das nur um so mehr. Aber in seinem Innersten war ihm klar, daß sie diese Zusammenkunft nicht angezettelt hatte, und wenn er hinterher dafür gelyncht würde, könnte er niemandem als seiner eigenen Schwäche die Schuld zuschieben. Er hätte wirklich gemein sein und jetzt dieselben Taktiken anwenden können, die er eingesetzt hatte, um sie zu erschrecken. Da er die Schlacht verloren hatte, bestand keine Veranlassung mehr dafür. Aber er verspürte einen Drang, nicht allzu ungerecht zu sein, vor allem dann nicht, wenn sie ihm nichts entgegensetzen konnte, nicht allein jedenfalls, nicht ohne fremde Hilfe. Daher zwang er sich, ihr trotz seiner hartnäckigen Entschlossenheit noch eine letzte Gelegenheit zu geben, sich dem zu entziehen, was er ohnehin nicht mehr selbst in der Hand hatte.
»Schreien Sie jetzt, Herzogin, solange Sie noch Gelegenheit dazu haben. Das ist Ihre letzte Chance. «
Jocelyn wünschte, er hätte das nicht gesagt. Es klang derart unheilverkündend, als würde sie das, was ihr bevorstand, nicht überleben, es sei denn, sie hätte alles gründlich mißverstanden.
»W-warum? «
Ihre Stimme wirkte wie ein Magnet, der ihn quer durch das Zimmer zu ihr zog, während er mit brutaler Klarheit antwortete: »Weil ich Sie jetzt auf dieses Bett legen und Sie mit meinem Fleisch ausfüllen werde. «
O Gott, wie sehr sie das hoffte. Allein schon die Worte ließen ihr Blut wallen, und das Herz pochte
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