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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beiläufig, als wäre er gerade zu Hause in seinem Kinderbett erwacht. Dann schlug er seine Augen ganz auf, schlagartig waren sie kreisrund.
    David beugte sich über ihn, um ihn vor herabfallenden Partikeln zu schützen. »Es wird alles gut«, log er.
    Er drehte sich mit Robbie im Arm ein Stück zur Seite. War es eben noch ein schmaler Spalt gewesen, von dem er sich verschluckt gefühlt hatte, spürte er jetzt ungeahnte Weite und Höhe um sich. Er schob den Jungen ein Stück zurück und versuchte aufzustehen …
    Nichts ist mehr nötig. Lass alles geschehen.
    Er atmete tief aus und verharrte in halb geduckter Haltung. Ja, es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als es geschehen zu lassen. Die Gewissheit, nun sterben zu müssen, kroch in ihm hoch, begann ihn ganz auszufüllen. Noch nie zuvor hatte er so große Angst gehabt. Wenn doch bloß seine Freunde hier wären! Er fühlte sich ihnen so nah, so unendlich nah – und war doch so fürchterlich weit von ihnen entfernt wie noch nie zuvor.
    Nichts ist mehr nötig. Lass alles geschehen.
    Was wohl Nico in seiner Situation tun würde? Sein bester Freund blieb immer ruhig oder zumindest so oft, dass es einem »Immer« sehr nahe kam. David wusste, dass Nico seine Emotionen dann bloß erfolgreich unterdrückte. Aber diese Art war auch eine Kraft, Nicos ganz spezielle Art von Stärke.
    David wünschte sich, er hätte etwas von dieser Stärke. Es war ihm natürlich klar, dass er so etwas wie der heimliche Anführer war, und er registrierte mit großer Selbstverständlichkeit die fragenden Blicke seiner Freunde, wenn eine Entscheidung anstand. Aber in Wirklichkeit entschied er nichts, sondern sprach nur aus, was die Gruppe wollte: Denn das spürte er mit einer Klarheit, wie sie nur wenigen Menschen gegeben war.
    Wie sehr er seine Freunde vermisste.
    Während die Sehnsucht nach Nico, Jana und Maya schmerzhaft in ihm aufwallte, prasselten weiterhin Gesteinspartikel auf ihn herab. Seine Kehle fühlte sich rau und ausgetrocknet an, aber schlimmer war die beständige Atemnot, das beklemmende Gefühl, nicht mehr Luft, sondern nur noch Dreck zu atmen. Er schluckte krampfhaft.
    Wenn er jetzt aufgab, würde Robbie sterben. Das durfte er nicht zulassen.
    Er blickte an dem Jungen neben ihm vorbei – und starrte ungläubig in den Hintergrund der Höhle, die, er war sich da ganz sicher, vorher noch nicht da gewesen war. Das war doch verrückt!
    Und es war nicht das Einzige, was ihn verwirrte. Das schwache grünliche Leuchten, das sie bis hierher begleitet hatte, war einem bläulich irisierenden Licht gewichen, das von überall her zu kommen schien, von der Decke und den rauen, teilweise scharfkantigen Wänden. Selbst die Luft schien von ihm erfüllt zu sein, als würde sie aus sich selbst heraus leuchten.
    Ganz vorsichtig begann David neue Hoffnung zu schöpfen. Irgendwo musste es einen Ausweg geben, einen Tunnel, einen Gang, der sie von hier fortbrachte …
    Er stieß einen erschrockenen Laut aus, als sein Blick erneut über den Hintergrund der Höhle schweifte und er dort jetzt keinen Ausgang sah … sondern etwas ganz, ganz anderes …
    Es kroch dort entlang, groß, abstoßend, pulsierend, völlig fremd … und doch vertraut .
    So schrecklich vertraut. David keuchte. Es war Ewigkeiten her. Aber er war sich sicher, so fürchterlich sicher! Er hatte es schon mal gesehen. Eine Kältewelle jagte über seinen Körper, und er spürte, wie seine Hände unkontrolliert zu zittern begannen. Während David diesem Etwashinterherstarrte, das sich nun aus seinem Sichtfeld schlängelte, quälten ihn Erinnerungsfetzen aus seiner frühsten Kindheit: Kindergarten, Laufstall-Rumgehopse, Geburtstagsausflüge und wilde Spiele. Dann sah er sich und seine Eltern, und er spürte die Fremdheit …
    Die beiden Menschen, die ihn großgezogen hatten, waren nicht seine leiblichen Eltern, wie er bis vor Kurzem noch mit größter Selbstverständlichkeit angenommen hatte. Diese Offenbarung war so verrückt gewesen, dass alles in ihm durcheinandergeraten und seine Gefühle Amok gelaufen waren.
    Hier bist du zu Hause. Nirgends sonst.
    Er versuchte die Puzzlestücke seiner Herkunft zu greifen und zusammenzufügen. Aber sie waren wild durcheinandergewürfelt wie Teile eines zerbrochenen Glasbildes, an dessen scharfen

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