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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu fühlen. Bisher hatten ihn die Aufregung und das Laufen wach gehalten, nun jedoch spürte er deutlich die hinter ihm liegenden Strapazen. Außerdem hatte er Hunger und einen fast unerträglichen Durst. Gegen beides konnte er nichts tun, aber dennoch beschloss er, erst einmal eine Pause einzulegen. Er zog sich ein kleines Stück tiefer in den Wald zurück, lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum und schloss die Augen. Er wagte es nicht einzuschlafen, aus Angst davor, entdeckt zu werden, aber auch, dass die Albträume der vergangenen Nacht wiederkamen, dämmerte jedoch ein wenig vor sich hin, bis sich der Himmel über dem Wald allmählich grau zu färben begann. Sein Durst war noch quälender geworden, aber die Ruhe hatte ihm doch spürbar gutgetan. Er spürte seine Hüfte kaum noch, und auch die Schmerzen in seinen Händen hatten ein wenig nachgelassen. Er stand auf, ging wieder zum Waldrand und musste zu seiner Bestürzung gleich zwei unangenehme Entdeckungen machen.
    In Magotty waren jetzt wesentlich mehr Menschen auf der Straße als vorhin, und die beiden Automobile waren nicht mehr da. Die Menge, die er beobachtete, wirkte sehr aufgeregt, und nicht wenige Männer trugen Gewehre bei sich.
    Es dauerte nur einen Augenblick, bis ihm die wahrscheinlichste Erklärung für das einfiel, was er da beobachtete: Sie hatten Karlssons Leiche gefunden und damit auch ganz automatisch den Wagen – womit ihnen klar sein musste, dass er sich noch irgendwo in der Nähe aufhalten musste. Wahrscheinlich waren sie gerade dabei, eine Suchmannschaft zusammenzustellen. Er konnte nur hoffen, dass sie auf sein Täuschungsmanöver hereinfielen und in der eigentlich logischen Richtung nach ihm suchten, nämlich etliche Meilen die Straße hinab und fort von Magotty. Und dass sie keine Hunde hatten.
    Der Gedanke hallte ein paarmal hinter seiner Stirn wider, als hätte er noch eine andere, tiefere Bedeutung. Vielleicht hatte er das auch. Wenn er es recht bedachte, hatte er bisher in Magotty überhaupt noch keine Hunde gesehen. Dabei gehörte das Gekläff der Straßenköter normalerweise so zum Bild einer ländlichen Kleinstadt wie dieser wie die weiß gestrichenen Lattenzäune und das Büro des Sheriffs. Aber … ja, er war jetzt sicher, gestern und heute weder ein Bellen gehört, geschweige denn einen Hund gesehen zu haben. Und auch keine Katze. Möglicherweise gab es in Magotty keine Haustiere. Er betete, dass es so war.
    Während die Sonne allmählich unterging, beobachtete er die Menge in Magotty aufmerksam weiter. Viele von ihnen hatten Fackeln mitgebracht, die sie nun nach und nach anzündeten, sodass er trotz der hereinbrechenden Dunkelheit genau erkennen konnte, was sich unter ihm abspielte.
    Für eine Weile änderte sich nichts. Die Männer (ihm fiel erst jetzt auf, dass es ausnahmslos Männer waren) standen weiter in kleinen Gruppen herum und debattierten aufgeregt, dann jedoch öffnete sich die Tür des Sheriffbüros, und Buchanan trat heraus. Er blieb auf der obersten der drei Stufen stehen, die zur Tür hinaufführten, und hob die Arme, woraufhin sich die Menge vor ihm zu versammeln begann. Natürlich konnte Coppelstone nicht verstehen, was er sagte, doch es gehörte nicht besonders viel Phantasie dazu, zu erraten, was Buchanan tat: Er stellte verschiedene Gruppen zusammen, die die Umgebung nach ihm absuchen sollten.
    Coppelstone verspürte ein Frösteln eisiger Furcht. Der Anblick der Menge dort unten erinnerte ihn an nichts so sehr wie an einen Lynchmob, und genau genommen war es das auch. Er zweifelte nicht daran, dass diese Männer kurzen Prozess mit ihm machen würden, wenn er ihnen in die Hände fiel.
    Plötzlich hörte er Motorengeräusche. Er wandte den Blick und sah die Scheinwerfer von drei, schließlich vier Automobilen, die sich dem Ort aus nördlicher Richtung näherten. Es waren die beiden Wagen, die er schon zuvor gesehen hatte, und zwei große Lastwagen mit offenen Pritschen. Er gewahrte ein paar Schatten auf der Ladefläche, konnte sie jedoch nicht identifizieren, doch als sie sich Buchanan und der wartenden Menge näherten und schließlich anhielten, hörte er einen Laut, der sein Herz erschrocken schneller schlagen ließ: Hundegebell.
    Für einen Moment drohte er in Panik zu geraten. Alles in ihm schrie danach, einfach herumzufahren und davonzustürzen, so schnell er nur konnte, doch der kleine, verbliebene Rest von klarem Denken sagte ihm auch, dass dies vermutlich sein sicheres Todesurteil gewesen

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