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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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er eine heiße Flüssigkeit sprudeln fühlte. Vielleicht war das so eine Art Leber oder Niere. Er duckte sich und konnte so feststellen, daß das Organ über einen festen und faltigen Fleischring mit dem Magen verbunden war. Dieser Ring war durchsichtig genug, daß Rees die Flüssigkeit beobachten konnte, die das kräftige Knorpelgewebe pulsierend ver- und entsorgte.
    Ein Speer der Boneys ragte aus dem Organ heraus; seine Spitze steckte armtief in der weichen Materie. Rees ergriff den Schaft und zog den Spieß vorsichtig aus dem Organ heraus. Dampfend und klebrig kam er zum Vorschein. Er deponierte den Speer vorsichtig in einer Fleischfalte und setzte seinen Weg fort.
    Der Boden stieg steil an, als er der Kontur des Körpers entlang der Drehachse folgte. Schließlich erstieg er eine fast senkrechte, glatte Fläche und mußte dazu seine Hände in die Knorpelmasse krallen. Als er auf die Achse zukletterte, reduzierte sich die Zentripetalkraft; dafür ließ ihn die nun einsetzende Corioliskraft ins Taumeln geraten.
    Er machte eine Atempause und blickte die Steigung hinab, die er eben bewältigt hatte. Die aus dem ›Boden‹ und den ›Wänden‹ der Kammer wachsenden Organe wirkten wie fremdartige Maschinen. Die Röhre des Ösophagus erstreckte sich über seinem Kopf, und jetzt fiel ihm auf, daß sie dicht hinter den Augen mit einer großen, schwammartigen Masse ummantelt war. Schnurartige Fasern verbanden den Schwamm mit den Augen – Sehnerven? Vielleicht handelte es sich bei dem verschlungenen Klumpen um das Gehirn des Wals; wenn das zutraf, mußte seine Masse im Verhältnis zum gesamten Körper in etwa der des menschlichen Gehirns entsprechen.
    War der Wal am Ende vielleicht intelligent? Das schien zwar absurd, aber dann erinnerte er sich an das Jagdlied der Boneys. Der Wal mußte über ein ausreichend differenziertes Sensorium verfügen, um auf diesen Lockgesang zu reagieren.
    Schließlich erreichte er eine Position dicht unter der Schnittstelle zwischen Ösophagus und Kopf. Die drei Augen des Wals hingen wie riesige Lampen über ihm und starrten unbewegt nach vorne. Rees war es, als ob er sich an der Innenseite einer großen Maske festhalten würde.
    Als der Kopf sich bewegte, wurde Rees fast ausgespien; er klammerte sich noch fester an die Knorpel. Als er nach oben sah, registrierte er, daß sich das Zentrum des Kopfes geteilt und in einen offenen Schlund verwandelt hatte, der geradewegs in den riesigen Hals führte.
    Rees blickte durch diese Öffnung nach draußen. Er machte eine verschwommene Bewegung aus, die sich langsam in einen Schwarm gespenstisch weißer Platten auflöste und vor dem Wal in der Luft herumwirbelte. Diese flachen Lebewesen hatten eine Länge von nicht mehr als einem Meter, und manche von ihnen, wahrscheinlich die Jungen, waren noch wesentlich kleiner. Die Lebewesen waren an den Rändern aufgewölbt – zweifellos aus aerodynamischen Gründen –, und Rees sah, daß die Oberfläche der Scheiben von rötlichen Adern überzogen war.
    Beim Herannahen des Wals stoben die Kreaturen panikartig auseinander. Die Augen des Wals richteten sich auf die scheibenförmigen Tiere und fokussierten sie mit hungriger Präzision. Bald kollidierten die Scheiben mit dem großen, flachen Kopf. Das Bindegewebe vibrierte wie ein Trommelfell und schüttelte Rees durch. Die dem Untergang geweihten Scheibentiere bewegten sich noch schwach, als sie in den Schlund des Wals gesaugt wurden und in dem undurchsichtigen Ösophagus verschwanden. Gleich darauf bewegte sich eine Reihe von Klumpen durch die große Röhre. Rees stellte sich vor, wie sich die noch lebenden Platten gegen die Wände warfen, die sich nach einem Leben in Freiheit um sie geschlossen hatten. Nach einigen Minuten erreichte der erste Klumpen eine Abzweigung zu den halbdurchsichtigen Auswüchsen. Ramponierte Scheiben, von denen sich einige noch bewegten, kamen in der relativen Stille der Eingeweide zum Vorschein. Mit kräftigen Kontraktionen der durchscheinenden Muskeln wurden die Körper durch die Eingeweide transportiert und lösten sich bei ihrer Passage durch Behälter mit zersetzenden Gasen oder Flüssigkeiten auf.
    Ungefähr eine halbe Stunde lang schlug der Wal eine Gasse durch die Wolke aus Scheibentieren… und dann wanderte irgend etwas schnell in Rees’ Sichtfeld. Er verrenkte sich, um das Objekt erkennen zu können.
    Ein kompakter roter Schemen schoß durch den Himmel. Dann noch einer, und ein dritter; und nun pflügte ein ganzer Schwarm von

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