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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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durchsetzt. »Weißt du, von all den lausigen und schrecklichen Dingen, die von Menschen in diesem Universum verübt werden, ist dies das Schlimmste. Es kümmert mich überhaupt nicht, was sich die Menschen gegenseitig antun; doch jetzt bin ich gezwungen, einen meiner eigenen Bäume zu zerstören…«
    »Du kannst meinen Arm loslassen.«
    »Was?« Er blickte überrascht nach unten und sah, daß er noch immer ihren Arm umklammert hielt. Er ließ ihn los. »Tut mir leid.«
    Reumütig massierte sie das Fleisch. »Ich verstehe schon, Baum-Pilot. Ich werde nicht versuchen, dich aufzuhalten.« Sie streckte die Hand aus. Dankbar ergriff er sie, diesmal aber vorsichtig.
    Die Plattform erbebte, daß sie beide stolperten. Die Flammen im Brennpunkt des Feuers schlugen mittlerweile höher als Pallis Körpergröße. »Es geht schnell«, murmelte er.
    »Ja. Sollen wir uns an einem der Vorratsbehälter festhalten?«
    Angesichts dieser Vorstellung lachte er laut auf. »Damit wir wenigstens einen Imbiß auf unserem Weg zum Kern haben?«
    »Okay, eine dumme Idee. Aber nicht so dumm, wie den verdammten Baum in Brand zu setzen.«
    »Vielleicht hast du ja recht.«
    Ein kompletter Randabschnitt brach weg und verschwand in einem Glutschauer; abgetrennte Äste brannten wie dicke Kerzen. »Es ist wohl Zeit«, meinte Pallis.
    Jaen sah sich um. »Ich glaube, die beste Strategie wäre, zum Rand zu rennen und hinterherzuspringen. Die maximale Absprunggeschwindigkeit erreichen und hoffen, daß wir uns dadurch und durch die Rotation des Baumes so weit wie möglich von diesem ganzen Trümmerhaufen entfernen.«
    »Okay.«
    Sie sahen sich in die Augen – und Pallis Füße trommelten über das dürre Laub; der Rand näherte sich, und er bekämpfte seinen Lebenserhaltungstrieb, der ihm befahl, stehenzubleiben, und dann hatte er den Rand unter seinen Füßen und…
    …und er segelte durch die leere, bodenlose Luft und hielt Jaens Hand fest.
    Sie taumelten, und ihr Flug verlangsamte sich schnell in der rauchigen Luft. Pallis hing im Himmel, mit den Füßen in Richtung des Gürtels, Jaen zu seiner Rechten und den Baum vor sich.
    Der Rand des Baumes war eine Kante aus Feuer. Dichter Rauch quoll aus der Laubmasse, die auf der Plattform verstaut war. Explosionsgleich bildeten sich Risse in den geformten Ästen, die nacheinander wegbrachen. Ganze in Flammen gehüllte Abschnitte der Scheibe lösten sich und tauchten funkenstiebend weg. Bald war nur noch der Baumstamm übrig, ein knorriger, ringsum mit den Bruchstellen seiner Äste besetzter Torso.
    Schließlich verschwand der zerstörte Baum am Himmel, und Pallis und Jaen hingen, immer noch Hand in Hand, in der Leere.
    Die Mineure waren nirgends zu sehen.
    Merkwürdig verlegen sah Pallis Jaen an. Worüber, fragte er sich, sollten sie jetzt reden? »Du mußt wissen, daß die Kinder auf dem Floß mit der Angst vor dem Fallen aufwachsen«, erklärte er. »Ich vermute, daß sie die flache und glatte Fläche unter ihren Füßen als alleinigen Maßstab nehmen und dabei vergessen, daß das Floß eigentlich nicht mehr als ein in der Luft treibendes Blatt ist… nicht im entferntesten so stabil wie diese großen, unglaublichen Planeten in diesem anderen Universum, von dem ihr Wissenschaftler uns erzählt.«
    »Aber die Kinder des Gürtels wachsen auf einer zerbrechlichen Kette aus Behältern auf, die einen erloschenen Stern umkreisen. Sie haben nicht einmal eine feste Ebene, auf der sie stehen können. Und sie fürchten sich nicht so sehr davor, zu fallen, sondern nichts zu haben, woran sie sich festhalten können…«
    Jaen schob das Haar aus ihrem breiten Gesicht. »Pallis, hast du Angst?«
    Er dachte darüber nach. »Nein. Ich glaube nicht, daß ich Angst habe. Ich hatte mehr Angst, bevor ich den verdammten Kessel umstieß.«
    Sie zuckte die Achseln. Bei dieser aerodynamisch relevanten Bewegung ging ein Rucken durch ihren Körper. »Ich habe eigentlich auch keine. Es tut mir nur leid, daß deine Rechnung nicht aufgegangen ist…«
    »Na gut, einen Versuch war es wert.«
    »…und ich würde mir wünschen zu erfahren, was am Ende aus all dem wird…«
    »Was glaubst du, wie lange wir überleben können?«
    »Vielleicht ein paar Tage. Wir hätten doch den Proviantbehälter mitnehmen sollen. Doch wenigstens haben wir eine schöne Aussicht – Pallis!« Ihre Augen weiteten sich schreckerfüllt; sie ließ Pallis’ Hand los und vollführte krabbelnde Schwimmbewegungen, als ob sie versuchen wollte, durch die Luft zu

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